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Septimus Heap 04 - Queste

Titel: Septimus Heap 04 - Queste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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oben auf der breiten Burgmauer, und wenn man auf seine Spitze kletterte, konnte man kilometerweit über die Wälder sehen, die im Süden und Südwesten an die Burg grenzten.
    In den guten alten Tagen, als der Botenrattendienst florierte, hatte der Turm noch von Ratten gewimmelt, doch jetzt hatte er nur eine einzige – tieftraurige – Ratte aufzuweisen. Der matte Schein einer einzelnen Kerze fiel durch das kleine Fenster im unteren Stock, und an der alten verwitterten Tür waren drei Zettel angeschlagen, deren Inhalt immer verzweifelter klang. Auf dem ersten stand:

    RATTEN FÜR BOTENRATTENDIENST GESUCHT
BERUFSERFAHRUNG
NICHT ERFORDERLICH
WIR BIETEN VOLLE AUSBILDUNG
BEWERBUNGEN IM BÜRO
    Auf dem zweiten stand:

    SPITZENLÖHNE
WIR ZAHLEN DOPPELT SO VIEL WIE IN PORT!
LASSEN SIE SICH DIESE EINMALIGE CHANCE
NICHT ENTGEHEN!!
    Und auf dem dritten:

    VERPFLEGUNG FREI!!!!!
    Stanley machte es sich für seine vierte Nacht im Osttor-Wachturm gemütlich. Er hatte in dem alten Büro im Erdgeschoss Quartier bezogen. Vor ihm standen die Reste seines Abendessens, das er aus einer sehr ergiebigen Mülltonne, die ein paar Türen weiter vor einem kleinen Haus an der Burgmauer stand, gefischt hatte. Der Hackfleisch-Kartoffelbrei-Auflauf hatte heute Abend ganz vortrefflich geschmeckt, und besonders hatte es Stanley die Auflage aus kalter Vanillesoße und zermatschten Tomaten angetan – obwohl er von den knusprigen Stücken weniger überzeugt war, da er den Verdacht hatte, dass es sich um abgeschnittene Zehennägel handelte. Doch alles in allem hatte er gut gespeist, und mit Zufriedenheit nahm er zur Kenntnis, dass er, was den Müll anderer Leute anging, seinen guten Riecher noch nicht verloren hatte.
    Doch abgesehen von solchen Erfolgen bei der Nahrungsbeschaffung standen die Dinge schlecht. Der Botenrattendienst kam, wie sich zeigte, nur sehr schwer wieder in Gang, obwohl Stanley alles Erdenkliche getan hatte. Er hatte sogar das Büro aufgeräumt, Humphreys alten Schreibtisch abgestaubt, das wacklige Bein geleimt und schließlich aus einem Blechkoffer unter den Fußbodendielen das Botenhauptbuch, den Terminkalender, den Patentrattenreiseplaner und Preislisten hervorgeholt. Alles war einsatzbereit und wartete, doch es gab ein großes Problem – es gab keine Ratten. Stanley hatte die ganze Burg abgesucht und nicht eine gefunden.
    Doch als Stanley an diesem Abend mit der ungewöhnlichen Kombination von vollem Bauch und gedrückter Stimmung einsam hinter seinem Schreibtisch saß, roch er zu seiner Freude plötzlich eine Ratte. Er schnupperte aufgeregt. Es war ein sehr starker Rattengeruch. Das mussten mehrere Ratten sein. Mindestens ein Dutzend, schätzte er, und alle kamen, um sich auf seine Anzeige hin zu bewerben. Was für ein Glück.
    Als es klopfte, wäre Stanley am liebsten zur Tür gerannt, doch er zügelte sich. Stattdessen ergriff er seinen Stift, schlug das Botenhauptbuch auf und las darin, als ob er den Arbeitsrückstand eines hektischen Tages aufholen müsste. Dann rief er, wobei er sich alle Mühe gab, beschäftigt und rührig – statt über alle Maßen aufgeregt – zu klingen: »Herein!«
    Die Tür flog auf, und die größte Ratte, die Stanley in seinem ganzen Leben gesehen hatte, marschierte herein. Stanley fiel prompt vom Stuhl.
    Ephaniah Grebe wartete geduldig, bis Stanley sich vom Boden aufgerappelt und unter Aufbietung seiner ganzen Würde wieder den Stuhl erklommen hatte. »Nur ein Test«, murmelte Stanley. »Wir sehen es gern, wenn sich unsere Ratten durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Sie haben bestanden. Wann können Sie anfangen?«
    »Ich bin nicht wegen einer Anstellung hier«, antwortete Ephaniah, froh, dass er laut mit jemandem sprechen konnte, der ihn verstand.
    Stanley war tief enttäuscht. »Sind Sie sicher?«, fragte er. »Wie wäre es mit einer kleinen Nebenbeschäftigung als Botenratte? Halbtagskräfte stellen wir nur diese Woche ein. Ich würde zugreifen, solange es noch geht. Es ist eine einmalige Gelegenheit.«
    »Das ist es ganz bestimmt, nur leider bin ich bereits ganztätig beschäftigt, besten Dank. Ich möchte eine Nachricht aufgeben.«
    »Oh«, rief Stanley und merkte erst dann, dass er nicht so erfreut klang, wie er eigentlich sollte, denn schließlich hatte er seinen allerersten Kunden. Aber er hatte sich alles ganz anders vorstellt. Er hatte davon geträumt, hinter seinem Schreibtisch zu sitzen, während eine Mannschaft sportlicher junger Ratten die Nachrichten beförderte. Diese

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