Septimus Heap 05 - Syren
Butter.«
Septimus betrachtete Lucy mit widerstrebender Bewunderung. Im Krankenraum hatte sie ihn mit ihrer Tüchtigkeit überrascht, und jetzt überraschte sie ihn erneut.
»Das könnte er«, gab er zu. »Das Dumme ist nur, dass ich ihm nicht traue, wenn er allein ist.«
»Dann mach ihn so groß, dass er dich mitnehmen kann. Mach einen Drachen aus ihm!« Lucys Augen sprühten vor Erregung.
Septimus schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er langsam. »Ich habe eine bessere Idee.«
Auf den Felsen über dem Hafen erläuterte Septimus unter den gelben Knopfaugen einer äußerst ungehaltenen Schildkröte seinen Plan. Beetle, Lucy und Wolfsjunge lauschten beeindruckt.
»Nur damit ich das richtig verstehe«, sagte Beetle. »Jim Knees Flasche war aus Gold, richtig?«
Septimus nickte.
»Und die Dschinn-Röhren in der Truhe waren aus Blei?«
»Ja.«
»Und das ist wichtig?«
»Ich halte es für ganz entscheidend. Weißt du, in der Heilkunst und Alchimie habe ich eine Menge über Blei und Gold gelernt. Blei gilt als die unvollkommenere Form von Gold. Daher gilt immer: Gold übertrumpft Blei. Jederzeit.«
»Ja und?«, fragte Wolfsjunge.
»Nach der Rangordnung der Dschinn steht Jim Knee ganz oben. Er ist aus Gold gekommen, sie aus Blei. Er ist viel mächtiger als diese Krieger.«
»Du hast recht!«, rief Beetle aufgeregt. »Jetzt erinnere ich mich wieder. Irgendjemand hat Jillie Djinn mal eine Schrift mit dem Titel Sitten und Rangfolge der Dschinn gegeben, nur zum Scherz, was sie natürlich nicht verstanden hat. Ich habe an einem ruhigen Tag bei der Arbeit darin geblättert, und genau das stand drin.«
Septimus grinste. »Folglich kann Jim Knee die Dschinn-Krieger mit einem Gefrierzauber erstarren lassen. Er kann sie aufhalten.«
»Hervorragend«, rief Beetle. »Absolut hervorragend.«
»Da kannst du mal sehen«, sagte Lucy, »was du alles kannst, wenn du es nur versuchst.«
Wolfsjunge war noch nicht überzeugt. »Es sind trotzdem viertausend gegen einen. Sobald er einen einfriert, fallen die anderen dreitausendneunhundertneunundneunzig über ihn her.«
»Das glaube ich nicht«, widersprach Beetle. »Ich glaube eher, dass diese Dschinn eine Art gemeinsamen Organismus bilden – sieh dir doch an, wie sie sich bewegen. Wenn du einen einfrierst, frierst du den ganzen Haufen ein.«
»Das ist richtig«, sagte Septimus. »Sie mussten doch auch nur einen erwecken, oder? Bei den anderen ging es wie von allein.«
»Das Problem ist«, sagte Beetle, »dass es nur eine Möglichkeit gibt, sich Gewissheit zu verschaffen.«
»Ja«, pflichtete Septimus bei. »Wo ist denn die Schildkröte schon wieder hin?«
Ein durchnässter Jim Knee saß auf der Hafentreppe, spuckte Schildkrötenspeichel und bewegte jeden Finger einzeln, einfach nur deshalb, weil er es wieder konnte.
»Jim Knee«, begann Septimus, »ich befehle dir ...«
»Du brauchst mir nichts zu befehlen, oh Energischer«, unterbrach ihn Jim Knee und wackelte probehalber mit den Zehen. »Dein Wunsch ist mir Befehl.«
»Gut«, sagte Septimus. »Ich wünsche , dass du die Dschinn-Krieger einfrierst.«
»Wie viele, oh Ungenauer?«
»Alle.«
Jim Knee blickte entgeistert. »Alle? Jeden Einzelnen?«
»Ja, jeden Einzelnen«, sagte Septimus. »So lautet mein Wunsch. Und mein Wunsch ist was?«
»Mir Befehl«, knurrte Jim Knee.
»Na also. Dann komm jetzt. Ich bring dich zu ihnen.«
Jim Knee schaute zu seinem Meister auf. »Ich könnte vorher ein Nickerchen vertragen.«
»Ach, wirklich?«, fragte Septimus.
»Ja, wirklich«, antwortete der Dschinn.
Jim Knee wusste nicht, wie ihm geschah. Eben noch hatte er in der warmen Sonne gesessen und langsam die Lider zufallen lassen, und im nächsten Augenblick wurde er gepackt, auf die Füße gestellt und im Polizeigriff zu dem stinkenden Fischerboot hinuntergeführt, das er nur allzu gut kannte.
»Den hätten wir, Sep«, meldete der dunkelhaarige Junge mit dem schraubstockartigen Griff, der seine linke Vorderflosse – nein, seinen linken Arm – gepackt hatte.
»Und wir lassen ihn nicht entwischen«, ergänzte der Junge mit dem Rattennest auf dem Kopf, der ebenso unsanft seinen rechten Arm verdrehte.
»Gut«, sagte sein Meister. »Aufs Boot mit ihm.«
Wie alle Dschinn konnte Jim Knee die körperliche Berührung eines Menschen nur schwer ertragen. Der Blutstrom unter der Haut, das Drehen der Knochen, der Zug der Sehnen, das stetige Bum-Bum des Herzschlags, irgendwie machte ihn das nervös – es war alles so geschäftig.
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