Septimus Heap 05 - Syren
Moment dachte Septimus, er habe angehalten, weil er seinen Fehler bemerkt hatte. Dann jedoch sah er aus dem Augenwinkel über sich eine Eisluke und erinnerte sich, was er dem Schlitten befohlen hatte: »Zur nächsten Luke. So schnell du kannst.« Er hatte angenommen, dass die nächste Luke in der Burg sei. In seiner Angst um Beetle hatte er sich gar keine Gedanken darüber gemacht, wo der Eistunnel sonst noch hinführen könnte. Ja, er hatte angenommen, dass er nirgendwo sonst hinführte – wohin sollte er denn auch führen?
Er würde es gleich herauszufinden. Beetle zitterte beängstigend, und er musste ihn schleunigst aus dem Tunnel herausbringen. Septimus kletterte die eisigen Stufen an der Seitenwand hinauf, entsiegelte die Luke und stieß sie auf. Unmittelbar vor sich sah er das mittlerweile vertraute glänzende Schwarz einer beweglichen Kammer.
Er beschloss, den Schlitten zurückzulassen. Er half Beetle die Stufen hinauf, zog ihn durch die Luke und versiegelte sie. Dann bugsierte er Beetle in die bewegliche Kammer. Er legte die Hand auf den orangeroten Pfeil, und die Kammer setzte sich in Bewegung.
Wo, so fragte er, brachte sie sie hin?
* 48 *
48. Auf Tentakeln
I m Unterschied zu Septimus hatte sich Lucy Gringe blendend amüsiert – und keinen geringen Erfolg gehabt. Als sie, auf der Schildkröte sitzend, um die Sterninsel herumgeschippert war, hatte sie die Plünderer entdeckt, die sich in dem alten Hafen versteckt hatte – mit Milos Mannschaft und Jakey Fry an Bord. Sie hatte die günstige Gelegenheit beim Schopf gepackt, und so kam es, dass sie jetzt im Schacht des Leuchtturms Katzenfels stand und beaufsichtigte, wie Milos Mannschaft die Lichtsphäre an ihren Platz zurückbrachte. Miarr war wieder dort, wo er hingehörte, und sie, Lucy Gringe, hatte ihr Versprechen eingelöst.
Plötzlich flog eine schmale schwarze Tür unter der Treppe auf.
»Hallo, Septimus«, sagte Lucy. »Schön, dich zu sehen.«
Eine halbe Stunde später wurde auf den Felsen unterhalb des Leuchtturms Kriegsrat gehalten.
Septimus ging auf und ab. »Ich muss wieder runter in den Eistunnel. Ich sehe keine andere Möglichkeit. Wir müssen versuchen, sie aufzuhalten.«
Beetle bibberte. Er hatte sich in der Sonne aufgewärmt, doch allein bei dem Wort »Eistunnel« durchfuhr ihn ein Kälteschauer.
»Du hast keine Chance, 412«, sagte Wolfsjunge. »Denk daran, wie es früher immer hieß: ›Einer gegen zehn, und es ist um dich geschehen.‹ Und das stimmt. Einer gegen viertausend, das ist Wahnsinn.«
»Wenn ich sofort gehe, sind es weniger, höchstens vier- oder fünfhundert.«
»Vierhundert oder viertausend, das kommt aufs Gleiche heraus. Unterzahl bleibt Unterzahl. ›Wer seinen Verstand gebraucht, lebt länger!‹«
»Ach, hör auf, 409 – diese Sprüche gehen mir auf die Nerven. Ich gehe jetzt. Jede Sekunde zählt. Je länger ich warte, desto mehr Dschinn werden da unten sein.«
»Nein, Sep«, mischte sich Beetle ein. »Tu es nicht. Bitte. Sie werden dich in Stücke hauen.«
»Ich mache mich unsichtbar. Sie werden gar nicht merken, dass ich da bin.«
»Und kannst du auch den Schlitten unsichtbar machen?«
Septimus antwortete nicht darauf. »Ich gehe«, sagte er. »Ihr könnt mich nicht aufhalten.« Und zu aller Überraschung rannte er die Felsen hinauf.
Lucy und Wolfsjunge sprangen auf und jagten ihm nach.
»Ich werde ihn aufhalten«, rief Lucy, holte ihn ein und packte ihn am Arm. »Du wirst diesen Blödsinn lassen. Was soll Simon von mir denken, wenn ich tatenlos zusehe, wie sich sein kleiner Bruder umbringen lässt?«
Septimus riss sich los. »Vermutlich würde er sich freuen. Das Letzte, was er zu mir gesagt hat, war ...«
»Das hat er bestimmt nicht so gemeint«, fiel ihm Lucy ins Wort. »Hör zu, Septimus, du bist doch nicht auf den Kopf gefallen. Selbst ich weiß, was die lila Streifen an deinen Ärmeln bedeuten, also hör auf Wolfsjunge und gebrauche deinen Verstand. Denk dir etwas aus, was dich nicht das Leben kostet. Was ist mit dem Dschinn da unten?« Lucy deutete zu dem kleinen Hafen. »Kann er dir nicht helfen?«
Septimus blickte zur Plünderer hinunter, an der, wie er jetzt erst bemerkte, eine große und todunglückliche Schildkröte festgebunden war.
»Er kann sich doch in alles Mögliche verwandeln, oder?«, sagte Lucy aufgeregt. »Kann er sich nicht auch in einen Vogel verwandeln und zur Burg fliegen? Er kann sie warnen, dann können sie die Tunnel versiegeln, und alles ist in
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