Septimus Heap 05 - Syren
denn?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
Septimus begegnete ihrem ruhigen Blick. Er wusste nicht, was er von diesem Mädchen halten sollte, das ihn mit derselben Mischung aus Hoffnung und Verzweiflung ansah, die er selbst in diesem Augenblick empfand.
»Und wenn ich nicht tun möchte, was du von mir verlangst, wirst du Feuerspei dann trotzdem retten?«
Syrah holte tief Luft. »Nein«, antwortete sie.
Septimus betrachtete Feuerspei – seinen großen, unordentlichen, eigensinnigen, tollpatschigen Drachen, den er aus seinem Ei hatte schlüpfen sehen, einem Ei, das Jenna ihm geschenkt hatte. Seinen schusseligen, nimmersatten, launischen Drachen, der die Mäntel fast aller Gewöhnlichen Zauberer im Zaubererturm gefressen hatte, der Marcia vor ihrem Schatten gerettet und mit ihrem Teppich unaussprechliche Dinge angestellt hatte – seinen wunderschönen Drachen, der jetzt im Sterben lag. Tief in seinem Innern hatte er es schon den ganzen Vormittag geahnt, seit Feuerspei das Trinken verweigert hatte. Er schluckte schwer. Er konnte Feuerspei nicht sterben lassen, er konnte nicht. Wenn auch nur eine klitzekleine Chance bestand, dass Syrah ihn rettete, musste er sie nutzen. Ihm blieb nichts anderes übrig.
»Ich werde tun, was du verlangst«, sagte er, »wenn du nur Feuerspei rettest. Ganz gleich, was es ist, ich werde es tun. Nur mach Feuerspei wieder gesund. Bitte.«
Syrah ging zügig und sachkundig ans Werk. Sie wickelte den Verband ab, und als der letzte Fetzen des zerlumpten Wärmemantels abfiel, taumelte Septimus zurück. Der Gestank nach faulendem Fleisch war überwältigend. Die Wunde schwamm in Glibber. Die Knochen waren als mattgelbe Inseln in einer grünschwarzen Schmiere zu erkennen, und zuvor noch gesunde Schuppen fielen ab wie welkes Laub und gaben den Blick auf noch mehr verdächtig weiches schwarzes Fleisch darunter frei. Abgesehen von seinem Schock über Feuerspeis Zustand, war Septimus auch beschämt über das Versagen seiner Heilkünste.
Syrah las in seinem Gesicht, was in ihm vorging. »Ich weiß«, sagte sie, »dass Marcellus dich in den Heilkünsten unterwiesen hat, und ich bin überzeugt, dass du dein Bestes getan hast, aber du darfst dir keine Vorwürfe machen. Die stinkende Schwarzfäule, so sagt man, kommt wie ein Wolf in der Nacht und stiehlt auch den besten Ärzten Menschen.«
»Und was kannst du tun?«, fragte Septimus.
»Ich werde Magie und Heilkunst verbinden. Julius – der liebe Julius – hat mich das gelehrt. Es ist eine mächtige Kunst. Julius und Marcellus haben sie gemeinsam erschaffen. Werden Magie und Heilkunst zusammen angewendet, ist die Wirkung stärker, als man erwarten würde. Es war das Letzte, was ich gelernt habe. Am letzten Tag vor der Losziehung hat mir Julius gezeigt, wie man sie kombiniert...« Syrahs Stimme verstummte einen Moment, als sie sich in ihren Erinnerungen verlor.
Zehn Minuten später war Feuerspei von einem magischen Kokon umhüllt. Septimus hatte zugesehen, wie Syrah die stinkende Schwarzfäule in eine Wolke übel riechenden schwarzen Dampfes auflöste, dessen Gestank noch in der Luft hing, als sie fast fertig war. Sie hatte wie ein geschickter Chirurg gearbeitet, und er hatte ihr aus Marcias Überlebenspaket für den Offiziersanwärter der Jungarmee in Feindesland verschiedene Messer, Gabeln und Löffel gereicht, mit denen sie allerlei unaussprechliche Dinge herausgeschabt hatte (Septimus nahm sich fest vor, auf dieses Besteck beim Abendessen zu verzichten). Dann hatte sie ein paar Tropfen eines grünen Öls aus einer kleinen Silberphiole in die Wunde geträufelt und einen magischen lila Nebel mit einem Stich ins Grüne erzeugt. Der Nebel legte sich über den verletzten Schwanz und überzog ihn mit einem schimmernden, durchsichtigen Gel – so etwas hatte Septimus noch nie gesehen. Als das Gel erstarrt war, zeigte ihm Syrah, dass sich die schwarzen Schuppen bereits wieder grün färbten, und noch während er hinsah, begann wieder Fleisch über die Knochen zu wachsen. Ein sauberer, frischer Pfefferminzgeruch hing jetzt in der Luft.
»Nimm«, sagte Syrah und reichte ihm die Silberphiole. »Sie enthält ein Extrakt, das die Heilung beschleunigt. Wie ich sehe, sind seine Flügel an mehreren Stellen eingerissen. Wenn er wieder bei Kräften ist, bringst du ihn irgendwohin, wo er seine Flügel ausbreiten kann, und träufelst einen Tropfen Öl auf jeden Riss – sie werden wieder zusammenwachsen. Aber jetzt soll er erst mal schlafen, solange sein Schwanz
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