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Septimus Heap 06 - Darke

Titel: Septimus Heap 06 - Darke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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Gang ab. Es war eine enge Kurve, und Donner hatte Mühe, nicht stecken zu bleiben. Jenna fragte sich, ob Donner in dieser Enge nicht Angst bekam, aber für ein Pferd, das seinen Stall in einer alten Landwurmhöhle gehabt hatte, waren die Gänge in den Anwanden noch vergleichsweise luftig und geräumig.
    Der Gang mündete in einen Brunnenhof, einen kreisrunden Platz unter freiem Himmel. In der Mitte erhob sich der Brunnen, geschützt durch eine niedrige Mauer und einen Holzdeckel, auf dem drei Eimer unterschiedlicher Größe standen. Über dem Brunnen war ein komplizierter Flaschenzug angebracht, mit dem sich aus der großen Frischwasserzisterne in den Fundamenten der Anwanden ohne Anstrengung schwere Eimer heraufziehen ließen. Binsenlichter warfen ein weiches Licht auf die glatten, feuchten Steine, die so warm waren, dass die spärlichen Schneeflocken, die auf sie herabrieselten, sofort schmolzen. In die Wände waren mehrere abgenutzte Steinbänke eingelassen. Darauf standen Gläser mit Kerzen und Teller mit eingepackten Süßigkeiten, die dem Brunnenhof ein festliches Aussehen verliehen. Doch selbst dieser beliebte Treffpunkt war, wie alle anderen, verlassen.
    Jenna wartete am Brunnen, bis alle zu ihr aufgeschlossen hatten. Sie fing Sarahs Blick auf und lächelte ihr zu, in der Hoffnung, dass sie den Platz wiedererkannte, an dem sie früher immer Wasser geholt und stundenlang mit Nachbarinnen geschwatzt hatte. Doch zu Jennas Kummer erwiderte Sarah ihren Blick nur mit ausdruckslosen Augen.
    »Wir sind gleich da«, sagte Jenna, bemüht, ihre gute Laune zu bewahren.
    »He, Jens«, rief Simon, »weißt du noch, wie dir dein Teddy in den Brunnen gefallen ist und ich ihn mit einem Eimer herausgefischt habe?«
    Jenna beachtete ihn nicht. Sie war der Meinung, dass Simon nicht das Recht hatte, sie bei dem Namen zu nennen, mit dem er sie früher, bevor er sie entführt hatte und umbringen wollte, immer gerufen hatte – nicht das geringste Recht. Sie wandte sich abrupt ab und lief mit großen Schritten einen schmalen, weiß getünchten Korridor hinunter, den bunte Kerzen säumten. Ungefähr eine Minute später führte sie die Gruppe, nachdem sie eine weite Schleife abgekürzt hatte, wieder auf die Dicke Bertha zurück. Eine letzte Kurve, und sie bog in einen breiten Gang ab, dies war die Hin-und-Zurück-Straße.
    Augenblicke später stand Jenna vor der Tür des Zimmers, in dem sie die ersten zehn Jahre ihres Lebens zugebracht hatte.
    Die Tür sah anders aus. Sie war nicht mehr verschrammt und trostlos schwarz, sondern leuchtend rot gestrichen wie in der »guten alten Zeit« – so sagten die Leute immer noch. Jenna hielt den kostbaren Schlüssel in der Hand, mit dem Silas jeden Abend die Tür verschlossen hatte und der, wie sie noch wusste, die übrige Zeit an einem Haken am Kamin gehangen hatte. Niemand außer Silas und Sarah hatte den Schlüssel anrühren dürfen, denn er war, wie Silas ihnen eines Abends erklärt hatte, als der Haken aus der Wand gebrochen war und Maxie den Schlüssel unter seiner Decke versteckt hatte, ein kostbares Familienstück. Die große rote Tür samt Schloss und Schlüssel (und der Inschrift Benjamin Heap auf dem Türbogen) war das Einzige, was Silas von seinem Vater geerbt hatte.
    Jenna wusste genau, was sie mit dem Schlüssel zu tun hatte. Sie reichte ihn Sarah.
    »Schließ du auf, Mom«, sagte sie.
    Sarah nahm den Schlüssel und betrachtete ihn.
    Jenna beobachtete sie nervös. Sie blickte kurz in die Runde und bemerkte, dass auch die anderen Sarah beobachteten. Selbst Marcellus. Sarah starrte den großen Messingschlüssel in ihrer Hand lange an – den anderen kam es wie eine halbe Ewigkeit vor. Dann, ganz langsam, schien die Erinnerung in ihren Augen auf, und sie begann, zaghaft zu lächeln.
    Zögernd schob sie den Schlüssel ins Schloss. Die Tür erkannte Sarah, und als diese den Schlüssel ganz leicht zu drehen begann, erledigte das Schloss für sie den Rest, und die Tür sprang auf.

* 35 *
    35.  Die Längste Nacht
     

    I n dem Zimmer hinter der großen roten Tür hatten schon die unterschiedlichsten Tiere eine gewisse Zeit oder, in manchen Fällen, sogar ihr ganzes Leben verbracht, aber Donner war das erste Pferd. Sam hatte einmal eine Ziege mitgebracht, aber sie blieb nur ein paar Sekunden. Sarah Heap wollte damals keine Vierbeiner mit Hufen in ihrer Wohnung haben. Aber diesmal hatte sie nichts gegen Hufe einzuwenden. Es störte sie überhaupt nicht, dass nun in der Ecke ein großes

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