Septimus Heap 06 - Darke
geworden, glaube ich«, er lächelte Septimus zu, »und mit vierzehn ist man alt genug, wichtige Entscheidungen selbstständig zu treffen, Marcia. Das sollten Sie respektieren. Mehr habe ich nicht hinzuzufügen. Ich wünsche einen guten Tag.« Er verbeugte sich noch einmal, tiefer diesmal, und ging auf die große lila Tür zu.
Septimus sprang auf und rief: »Ich hole Ihnen die Treppe.«
Marcellus hatte auf dem Herweg nämlich mit der Treppe zu kämpfen gehabt und war leicht benommen und zerzaust in Marcias Gemächern eingetroffen.
Während Septimus seinen alten Lehrer zur Treppe geleitete, wandte dieser sich um, um festzustellen, ob Marcia ihnen einen Lauscher nachgeschickt hatte. Und als er niemanden sah, sagte er mit leiser Stimme: »Septimus, du weißt doch hoffentlich, dass ich dir niemals raten würde, ausgerechnet jetzt in die Dunkelwelt zu gehen, wenn ich nicht etwas für dich hätte, das dir, wie ich glaube, vollkommenen Schutz bieten wird.« Marcellus richtete die dunkelbraunen Augen auf seinen Lehrling – oder Exlehrling, je nachdem, auf wessen Seite man stand. »Ich bin ebenso um dein Wohl besorgt wie Madam Marcia Overstrand.«
Septimus errötete leicht. Er nickte.
»Ich habe das Marcia gegenüber nicht erwähnt«, fuhr Marcellus Pye fort, »weil ich finde, dass gerade jetzt gewisse Dinge vor den Zauberern geheim gehalten werden sollten. Zauberer sind ja solche Klatschmäuler! Wovon ich dich, meinen Alchimielehrling, ausdrücklich ausnehme. Komm mich heute Nachmittag besuchen. Ich möchte dir etwas geben.«
Septimus nickte. »Danke Marcellus. Dann bis später.«
Er half dem Alchimisten auf die Treppe und schickte sie im Schonbetrieb, der normalerweise nur für betagte Zauberer und zu Besuch weilende Eltern benutzt wurde, nach unten. Er wartete, bis der scheinbar so junge Marcellus außer Sicht war, und schmunzelte – es waren die kleine Dinge, die Marcellus Pyes wahres Alter verrieten.
Septimus kehrte auf seinen Platz am Kamin zurück. Eine Weile saßen er und Marcia wortlos da, bis sie schließlich das Schweigen brach, indem sie sagte: »Ich möchte meinen Lehrling nicht verlieren. Aber vor allem, Septimus, möchte ich dich nicht verlieren.«
»Das werden Sie nicht«, erwiderte Septimus. »Das verspreche ich Ihnen.«
»Gib nie ein Versprechen, wenn du nicht weißt, ob du es halten kannst«, sagte Marcia.
Wieder trat betretene Stille ein.
»Du lieber Himmel«, murmelte Marcia und warf einen gereizten Blick auf den Dschinn. »Septimus, vor Mr. Pye wollte ich nicht darüber sprechen, aber ich mache mir Sorgen wegen der Pannen, die sich in letzter Zeit im Zaubererturm häufen. Der Weg in die Dunkelwelt ist keine Einbahnstraße. Der Reisende kann Kanäle öffnen, durch die Dunkelkräfte auch hierherkommen können.«
»Ich weiß«, sagte Septimus. »Ich habe die ganze letzte Woche Sperrzauber geübt.«
»Ja, allerdings. Trotzdem bleibt es riskant – und ganz besonders bei Dunkelmond. Ich bitte dich, überdenke deine Entscheidung noch einmal und geh stattdessen bei Vollmond.«
»Aber Marcellus sagt, dass ich bei Dunkelmond die beste Chance habe, Alther zurückzuholen!«, sagte Septimus. »Wahrscheinlich ist es meine einzige Chance.«
»Marcellus! Was weiß der schon?«, brauste Marcia auf und fügte, wohl wissend, dass es nicht fair war, hinzu: »Alther würde mir recht geben.«
»Woher wollen Sie wissen, was Alther denken würde?«, gab Septimus zurück. »Sie wissen ja nicht einmal, ob er überhaupt noch denken kann.«
»Nicht doch, Septimus«, protestierte Marcia. »Du machst dir ja keine Vorstellung davon, wie oft ich mir gewünscht habe, ich hätte den Verbannungszauber rechtzeitig abgebrochen. Kein Tag vergeht, an dem ich nicht an diesen furchtbaren Augenblick denken muss. Und Alice die Nachricht zu überbringen ...« Sie konnte nicht weitersprechen und schüttelte nur den Kopf.
Wieder schwiegen sie eine Weile, dann sagte Septimus: »Marcia?«
»Ja?«
»Sie sagen doch immer, dass wir ehrlich zueinander sein müssen.«
»Ja?«
»Ich würde Sie gern etwas fragen, und ich möchte von Ihnen eine ehrliche Antwort.«
»Aber selbstverständlich, Septimus.« Marcia klang pikiert.
»Wenn Sie an meiner Stelle wären und hätten diese eine Chance, Alther zurückzuholen, würden Sie sie – trotz aller Risiken – ergreifen?«
»Aber ich habe nicht die Chance. Ich war schon einmal in der Dunkelwelt und bin dort folglich bekannt. Ich kann nicht mehr dorthin, das ist unmöglich.«
Septimus
Weitere Kostenlose Bücher