Septimus Heap 06 - Darke
so belustigt. Er klopfte sich den Staub von der Admiralsjacke, dann steckte er vorsichtig den Arm durch das Loch, das der Vorhang bedeckt hatte.
»Hier ist kein Sperrzauber. Und wenn einer da war, ist er mit dem Vorhang heruntergefallen. Möglich, dass er mit ihm verwoben war. Wenn ich mir’s recht überlege, habe ich ein Kribbeln gespürt, als er auf mir gelandet ist. Deshalb habe ich gedacht, ich werde angegriffen. Aber ich bin nicht in Panik geraten, es war nur so ein komisches Gefühl.«
»Also wenn Dad hier tatsächlich eine Sperre errichtet hat und sie jetzt weg ist, sollten wir ihm dann nicht Bescheid sagen?«, fragte Jenna.
»Ich könnte vorher einen Blick riskieren«, schlug Beetle vor, der nach seinem Ringkampf mit dem Vorhang unbedingt etwas Nützliches tun wollte.
»Tja ...«
Beetle wollte sich die Gelegenheit, Jenna zu beeindrucken, nicht entgehen lassen und huschte die Treppe hinauf, bevor sie ihn davon abhalten konnte.
Ihre Stimme holte ihn ein. »Beetle, vielleicht solltest du doch lieber nicht...«
Er blieb stehen und drehte sich um. »Alles bestens«, sagte er.
»Sieht mir aber nicht danach aus«, erwiderte Jenna. Über der Treppe schwebte die vertraute wabernde Dunkelheit.
»Ich werfe nur kurz einen Blick hinein, damit wir Marcia sagen können, was hier los ist«, versprach Beetle.
Jenna stieg die Stufen zu ihm hinauf. Er blieb stehen und versperrte ihr den Weg. »Nicht, Jenna«, sagte er entschieden. »Lass mich das machen. Schließlich hast du mich darum gebeten.«
Jenna spähte an ihm vorbei die Treppe hinauf. »Aber der komische Nebel ist immer noch da. Ich hatte ganz vergessen, wie gruselig er ist. Ich finde, wir sollten Dad holen oder lieber gleich Marcia. Wirklich.«
Beetle wollte nicht nachgeben. »Ist schon in Ordnung«, beharrte er. »Ich habe gesagt, dass ich einen Blick hineinwerfen möchte, und das werde ich auch tun. Einverstanden?«
Die Art, wie Beetle dastand, wirkte so bestimmt, beinahe gebieterisch, dass Jenna einen Schritt zurücktrat.
»Na schön«, sagte sie widerstrebend. »Aber sei bitte vorsichtig.«
»Aber klar.« Beetle zog eine lange Kette aus seiner Admiralsjacke, hakte seine Taschenuhr los und drückte sie Jenna in die Hand. »Ich werde nicht lange bleiben. Ich werfe nur kurz einen Blick hinein, um mir ein Bild zu machen. Wenn ich in drei Minuten nicht zurück bin, kannst du Silas holen. Abgemacht?«
Jenna nickte unsicher.
Beetle stieg die lange, gerade Treppe weiter hinauf, wohl wissend, dass Jenna jede seiner Bewegungen beobachtete. Als er sich der obersten Stufe näherte, bekam er ein mulmiges Gefühl und blieb stehen. Vor ihm, nur drei Stufen entfernt, war eine Wand aus waberndem, wirbelndem Schwarz, das eindeutig nicht nur, wie er insgeheim gehofft hatte, aus dem Dunkel eines späten Winternachmittags vermischt mit alten Zauberdämpfen bestand.
»Kannst du etwas sehen?«, drang Jennas Stimme zu ihm herauf wie aus weiter Ferne.
»Nein ... nicht direkt.«
»Vielleicht solltest du doch lieber wieder herunterkommen.«
Beetle fand das auch. Doch als er sich umwandte und weit unten Jenna stehen sah, die erwartungsvoll zu ihm heraufblickte, da begriff er, dass er nun nicht mehr zurückkonnte. Und so zwang er sich, fest entschlossen, sich vor Jenna nicht noch einmal einen Schrecken einjagen zu lassen, die letzten Stufen bis ganz nach oben zu erklimmen.
Von unten sah Jenna, wie sich mehrere dunkle Schwaden aus der Wand lösten und um seine Füße kringelten. Und oben verspürte Beetle das plötzliche Verlangen, in die Dunkelheit zu treten. Er war überzeugt, dass ihn sein Vater dort erwartete. Er wusste, dass er ihn finden würde, wenn er nur in den wirbelnden schwarzen Nebel trat. Und so tat er es. Er machte einen Schritt vorwärts – und verschwand.
Jenna sah ihn verschwinden. Sie blickte auf Beetles Uhr und begann, die Minuten zu zählen. Über ihr flatterte geräuschlos ein winzig kleiner, unsichtbarer Vogel und zählte lange Vogelminuten. Er wartete und lauerte auf den Augenblick, da er die Prinzessin zu seinem gefangenen Gefährten bringen konnte.
* 11 *
11. Im Dunkelfeld
B e etle trat in das Dunkel, und eine Welle des Glücks erfasste ihn. Mit einem Mal wusste er, dass sein Vater nicht an einem Spinnenbiss gestorben war, wie ihm seine Mutter immer erzählt hatte und wie auch in dem abgegriffenen, verblassten Beileidsschreiben der Porter Behörden stand. Sein Vater war noch am Leben. Und nicht nur am Leben, sondern er war hier, an
Weitere Kostenlose Bücher