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Septimus Heap 06 - Darke

Titel: Septimus Heap 06 - Darke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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erbost. »Hätte sie nicht versucht, Mom herumzukommandieren, sondern sich die Mühe gemacht, ihr alles zu erklären, wäre Mom genug Zeit geblieben herauszukommen.«
    »Und wenn deine Mutter nicht wegen einer Ente davongelaufen wäre, hätte sie auch genug Zeit gehabt, aus dem Zimmer zu kommen«, entgegnete Silas und fügte, als er Jennas entrüstete Miene sah, rasch hinzu: »Aber das ist jetzt nebensächlich. Wir müssen zum Zaubererturm. Marcia wird jede Hilfe brauchen, die sie kriegen kann.«
    Sie traten durch die Pforte in der Mauer des Kräutergartens und gelangten auf die schmale Gasse, die nach links zur Zaubererallee und nach rechts zum Fluss führte. Silas ging mit Maxie voraus, Jenna und Hildegard folgten schweigend. Am Ende der Gasse blieb Jenna stehen.
    »Ich gehe nicht zum Zaubererturm«, stieß sie grimmig hervor. »Ich habe genug von Zauberei. Ich habe genug von Zauberern, die alles durcheinanderbringen – besonders an meinem Geburtstag.«
    Silas sah sie traurig an. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Jenna war heute sehr reizbar, und ganz gleich, was er sagte, er konnte sie nicht besänftigen – und dass sie dieses grässliche Hexenkostüm trug, war auch nicht gerade förderlich. Er wühlte in seiner Tasche, zog einen großen Messingschlüssel hervor und reichte ihn ihr.
    »Wofür ist der?«, fragte sie.
    »Für zu Hause«, antwortete Silas. »Für unsere Wohnung in den Anwanden. Ich habe sie renoviert. Ich habe sie genau so hergerichtet, wie deine Mom sie immer haben wollte ... Es sollte eine Überraschung werden zu ihrem nächsten Geburtstag. Sie wollte immer nach Hause. Aber jetzt, na ja, jetzt kannst wenigstens du nach Hause gehen.«
    Jenna betrachtete den Schlüssel, der schwer und kalt in ihrer Hand lag. »Das ist nicht mein Zuhause, Dad. Mein Zuhause ist da, wo Mom ist. Mein Zuhause ist dort.« Sie deutete hinter sich auf den Palast, dessen dunkle Mansardenfenster gerade noch über der Mauer der Gasse zu sehen waren.
    Silas seufzte. »Ich weiß. Aber wir brauchen jetzt alle einen Platz zum Schlafen. Wir sehen uns dann später dort – große rote Tür, Hin- und Zurück-Straße. Du kennst ja den Weg.«
    Jenna nickte. Sie sah ihm nach, wie er in Richtung Zaubererallee davoneilte.
    »Soll ich Sie begleiten?«, fragte Hildegard, die diskreten Abstand zu Jenna und Silas gehalten hatte. Und als keine Antwort kam, fügte sie hinzu: »Jenna ... Prinzessin Jenna, ist alles in Ordnung? Kann ich ...«
    »Nein und nochmals nein!«, unterbrach Jenna Hildegard aufbrausend, bevor ihr deren Mitleid zu viel wurde. Sie drehte sich um und rannte durch die Gasse zurück.
    Hildegard beschloss, ihr nicht zu folgen. Prinzessin Jenna brauchte jetzt etwas Zeit für sich.
    Jenna rannte an der Mauer des Kräutergartens entlang, bog um die scharfe Kurve am Rand der Drachenwiese und schlug die Richtung zum Fluss ein. Die kalte Nachtluft schmerzte, und so zog sie sich im Rennen die Hexenkapuze über den Kopf, um sich warm zu halten. Der dunkle, matt schimmernde Fluss kam in Sicht, und da sie schon ganz außer Atem war, ging sie im Schritttempo weiter. Die Gasse endete an einem verwitterten Steg, den Jenna betrat. Ganz am Ende des Stegs setzte sie sich auf die feuchten, bemoosten Planken, zog den Mantel fest um sich und blickte auf das dunkle Wasser, das träge und geräuschlos unter ihren Füßen entlangströmte. Und so blieb sie sitzen, dachte an Sarah, die im Palast gefangen war, und fragte sich, was wohl mit ihr geschah. Sie erinnerte sich an Geschichten aus ihrer Kindheit, gruselige Geschichten, die spät in der Nacht, wenn sie eigentlich schlafen sollte, am Kamin von Zauberern erzählt wurden, die in ihrem beengten Zimmer in den Anwanden zu Besuch waren. Es waren Geschichten von Menschen, die nach Jahren in einem Dunkelfeld wieder auftauchten, mit irrem, leerem Blick, Menschen, die den Verstand verloren hatten und nur noch Unsinn brabbelten. Sie erinnerte sich an die geflüsterten Gespräche darüber, was die Menschen wohl in einen solchen Zustand versetzt haben könnte, an alle möglichen grausigen Einzelheiten, die den Zauberern spät in der Nacht in den Sinn kamen. Und unwillkürlich stellte sie sich vor, dass all diese schrecklichen Dinge jetzt, in diesem Augenblick, ihrer Mom widerfuhren.
    Tränen rannen ihr über das Gesicht, während sie stumm auf den Fluss blickte. Schneeflocken rieselten auf ihren Hexenmantel, und die Kälte, die vom Wasser heraufstieg, ließ sie frösteln, doch sie merkte es nicht. Sie

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