Septimus Heap 06 - Darke
sie wohl bis zu Sarahs Salons brauchte. »Geben Sie mir ... zählen Sie bis hundert, ehe Sie es tun. Einverstanden?«
Marcia blickte zum Treppenabsatz hinauf. Eine Wand aus Dunkelheit versperrte jetzt die Sicht in beide Seiten des Korridors. Sie schüttelte den Kopf. »Bis fünfundsiebzig.«
Hildegard schluckte. »Gut. Fünfundsiebzig.« Und fort war sie.
»Eins«, begann Marcia, »zwei, drei, vier ...« Sie gab Beetle und Jenna ein Zeichen zu gehen. Jenna schüttelte den Kopf.
nahm Jenna am Arm. »Du musst«, sagte er. »Deine Eltern würden nicht wollen, dass du bleibst. Hildegard wird sie schon hinausbringen.«
»Nein. Ich kann ohne Mom und Dad nicht gehen.«
»Jenna, du musst. Du bist die Prinzessin. Du musst geschützt werden.«
»Ich bin es leid, geschützt zu werden«, zischte sie.
Doch Beetle schlüpfte rückwärts durch die Tür hinaus und zog Jenna mit sich. Sowie sie draußen waren, holte er ein kurzes, dickes Rohr aus der Tasche. »Ich habe die Zauberfackel«, rief er Marcia zu.
Marcia reckte die Daumen nach oben. »Fünfunddreißig, sechsunddreißig ...«
»Was für eine Zauberfackel?«, fragte Jenna.
»Zur Aktivierung des Kordons. Nur für den Fall.«
»Für welchen Fall?«
»Na ja, für den Fall, dass die Quarantäne nicht funktioniert. Dass etwas oder jemand entwischt.«
»Wie zum Beispiel Mom und Dad?«, fragte Jenna und wand sich aus seinem Griff.
»Nein. Für den Fall, dass Dunkelkräfte entwischen.«
Aber Jenna konnte ihn nicht hören, denn sie war fort. Mit fliegendem Mantel rannte sie den schmalen Weg entlang, der zur Rückseite des Palastes führte. Beetle seufzte. Wenn Jenna doch nur endlich diesen Hexenmantel ausziehen würde. Sie kam ihm damit so fremd vor.
Beetle fühlte sich elend, während er zwischen den Fackeln wartete, die auf beiden Seiten der Brücke brannten. Durch die offene Palasttür sah er den Berg verwaister Geburtstagsgeschenke, die weggeworfenen Luftschlangen, das Geburtstagsspruchband. Dies alles wirkte jetzt so merkwürdig fehl am Platz, während Marcia in ihrer lila Robe auf und ab ging und konzentriert zählte.
Nach einem kurzem Flackern verlosch das letzte Binsenlicht oben auf der Treppe, und die Wand aus Dunkelheit – es war keine nächtliche Dunkelheit, sondern etwas Dichteres, Festeres – kam langsam die Stufen herunter, auf die Gestalt zu, die unten auf und abging.
Beetle beobachtete Marcia wie ein Falke, da er fürchtete, er könnte ihr Zeichen verpassen. Die Außergewöhnliche Zauberin zog sich nun rückwärts in Richtung Tür zurück. Sie zählte noch immer, zählte so lange weiter, wie sie sich traute, um Hildegard möglichst viel Zeit zu geben.
»Hundertvier, hundertfünf ...«
Bei jedem Schritt, den Marcia zurückwich, rückte die Dunkelheit vor. Sie erinnerte Beetle an eine riesige Mostpresse, die er einmal besichtigt hatte, und in die man sich hineinstellen und zusehen konnte, wie die Pressplatte sich von oben auf einen herabsenkte. Damals hatte er Angst bekommen – und das war jetzt auch der Fall.
Die schwarze Wand erreichte den Kronleuchter, und mit einem Zischen erloschen alle Kerzen. Marcia hob die rechte Hand. Das war das Zeichen. Beetle drückte auf den seitlich an der Fackel angebrachten Zündstift, hielt die Fackel mit ausgestrecktem Arm von sich weg und wurde im nächsten Augenblick von den Füßen gerissen, als eine Stichflamme in den Himmel schoss. Ein lauter Aufschrei kam von der Menge hinter ihm, aber vom Kordon war nur ein leises, anhaltendes Summen zu hören, als wäre der Palast von einem gigantischen Bienenschwarm umringt. Jetzt war der Kordon aktiv. Mit einem Satz sprang Marcia ins Freie, schlug die beiden dicken Holztüren zu, legte eine Hand auf jeden Flügel und begann mit dem Quarantänezauber.
Der Zauber war so stark, dass selbst Beetle – der nicht sehr magisch veranlagt war – sehen konnte, wie der lila schimmernde Nebel die Türen umzüngelte und sich dann unter dem Summen der Zauberer, Lehrlinge und Schreiber weiter ausbreitete, von den Türen zu den dunklen Fenstern des Palastes kroch und alles unter Quarantäne nahm, was sich unter dem dünnen lila Schleier befand.
Beetle konnte nur hoffen, dass nicht auch Hildegard, Sarah und Silas unter dem Schleier gefangen waren. Oder Jenna.
* 22*
22. Ethel
» S a rah, vergiss die eigensinnige Ente und mach, dass du hier rauskommst!«, rief Silas. Er und Hildegard hüpften auf dem Fußweg vor Sarahs Salonfenster nervös auf und ab. Maxie heulte angstvoll.
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