Septimus Heap - Fyre
ihren Mantel glatt und sagte zum ersten Mal etwas zu mir, seit wir auf dem Boot waren.«
»Was hat sie gesagt?«, fragte Septimus.
»›Wir sind da‹«, antwortete Jenna und verzog das Gesicht.
»Nett«, bemerkte Nicko.
»Ja. Die Ruderer halfen meiner Großmutter beim Aussteigen, dann meiner Mutter und mir. Wir stiegen eine breite rosa Marmortreppe hinauf in eine große Halle, in der es kühl war und nach feuchtem Stein und Seegras roch. Ich war froh, dass ich nicht mehr in der Hitze schwitzen musste! Die Halle war völlig leer, wohl deshalb, weil sie häufig vom Meer überflutet wurde, denn die alten Steine glänzten vor Nässe. Aber obwohl sie leer war, wirkte sie eingerichtet, denn sie war aus Hunderten verschiedenen Marmorarten erbaut, die komplizierte Muster bildeten. Die Wände hatten wellige Streifen in vielen verschiedenen Farben und der Fußboden ein schwarz-weißes Zickzack-Muster, das mir vor den Augen verschwamm. Wir durchquerten die Halle wie eine Art ulkige Prozession. Meine Großmutter vorneweg, dann meine Mutter und schließlich ich. Dann stiegen wir eine unglaublich breite Treppe hoch. Die Marmorstufen hatten jede eine andere Farbe, aber alle waren mit welligen schwarzen Streifen durchzogen. Als ich oben ankam, war mir richtig schlecht. Ich muss ziemlich grün im Gesicht gewesen sein, denn meine Großmutter nahm mich am Arm und sagte: ›Cerys, Jenna ist erschöpft. Sie muss sich ausruhen.‹
Meine Mutter schien sich ein wenig zu ärgern, nickte aber und sagte: ›Na schön, Mama. Du weißt bestimmt am besten, was zu tun ist, wie immer. Ich sehe dich dann morgen früh … Jenna. ‹Sie sprach meinen Namen immer noch so aus, als würde sie davon einen schlechten Geschmack im Mund bekommen.
Meine Großmutter führte mich in ein langes, schmales Zimmer, das von der großen Halle im Obergeschoss abging. Sie war wirklich süß und sagte: ›Mach dir keine Sorgen, meine liebe Jenna. Alles hat schon seine Richtigkeit.‹
Das Bett war kalt und klumpig und roch feucht, als ich mich hineinlegte, aber das war mir gleich. Ich war todmüde und wünschte mir nur noch, ich wäre zu Hause bei Mum und Dad, würde aufwachen und feststellen, dass alles nur ein Traum war.
Als ich wirklich aufwachte, dachte ich im ersten Moment, es wäre tatsächlich nur ein Traum gewesen. Aber es roch anders als zu Hause – so feucht und abgestanden, dass ich schnell wieder wusste, wo ich war. Ich versuchte, noch einmal einzuschlafen, konnte aber nicht, also beschloss ich, mich ein wenig umzusehen. Jemand hatte eine brennende Kerze auf einen Tisch neben der Tür gestellt. Ich nahm sie und schlich aus dem Raum.
Kaum hatte ich mein muffiges Zimmer verlassen und die Halle im Obergeschoss betreten, da wurde ich ganz aufgeregt. Es war viel schöner, das Haus auf eigene Faust zu erkunden, ohne meine Mutter, die mir die ganze Zeit auf die Nerven ging. Es war dunkel, und meine Kerze spendete nicht viel Licht, aber ich konnte erkennen, dass an den Wänden zwischen den mächtigen Flügeltüren, die von der Halle abgingen, Tische mit zierlichen alten Stühlen und kleinen Sofas standen. Auf jedem Tisch brannte eine Kerze, sodass ich die Wände ziemlich deutlich sehen konnte, auch weil sie mit Blattgold belegt waren, das glänzte, obwohl ich wusste, dass es sehr alt war. Es war ein herrliches Haus.«
»Ein Palast«, korrigierte Nicko sie grinsend. »Noch einer.«
Jenna streckte ihrem Bruder die Zunge heraus. »Ja, Nicko, noch ein Palast. Man braucht mindestens drei, du Blödmann. Na, jedenfalls beschloss ich, zu dem großen Fenster am Ende der Halle zu gehen und hinauszusehen. Auf Zehenspitzen schlich ich an schönen Gemälden vorbei, die überall an der Wand hingen – Porträts von Leuten, die mir alle ein wenig ähnlich sahen, wie ich fand. Aber es waren keine Königinnen, sondern ganz gewöhnliche Leute in allen möglichen altmodischen Kleidern. Im Vorbeigehen kam es mir vor, als ob sie alle wie zur Begrüßung auf mich herabschauen würden. Es war ein komisches, aber auch ein schönes Gefühl, denn ich merkte, dass ich hierher gehörte, dass ich irgendwie ein Teil dieses Haus war, so wie ich zu Hause ein Teil der Burg bin.
Dann war ich an dem großen Fenster, das aus lauter kleinen runden Scheiben bestand, und schaute hinaus. Es war unglaublich. Draußen war ein Fluss, nicht besonders breit im Vergleich zu unserem, aber ganz anders. Er war auf beiden Seiten von Häusern gesäumt, und es gab kein Ufer, denn die Häuser grenzten
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