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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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nur einbildete, bis ich den Speiseraum des Nordturms betrat und der ganze Saal verstummte.
    Auf der Bank zwischen Guntard und dem dürren Trompeter war noch ein Platz frei, wenn beide ein Stückchen zur Seite rückten. »Könntet ihr so freundlich sein«, bat ich, aber sie taten, als hörten sie mich nicht. »Ich würde mich gerne hierher setzen«, sagte ich, aber jeder von ihnen hatte eine derart interessante Schale mit Grütze vor sich stehen, dass sie nicht aufblicken konnten. Ich hob meine Röcke ganz undamenhaft hoch und stieg über die Bank. Jetzt konnten sie gar nicht schnell genug wegrücken. Der Trompeter beschloss, dass sein Frühstück so interessant nun auch wieder nicht war, und ließ es stehen.
    Auch der Speisenträger wich meinem Blick aus, keiner am Tisch grüßte mich. Ich begriff es nicht. Diese Burschen waren, wenn schon nicht meine Freunde, so doch Kollegen und nicht zuletzt die Erfinder meines Loblieds. Das war doch etwas. »Raus mit der Sprache«, sagte ich. »Was habe ich getan, dass ihr mich so anschweigt?«
    Sie sahen einander an, warfen sich von der Seite verlegene Blicke zu. Niemand wollte als Erster das Wort ergreifen. Schließlich fragte Guntard: »Wo warst du gestern Abend?«
    »Im Bett. Ich habe den Schlaf nachgeholt, der mir in der Nacht zuvor gefehlt hat.«
    »Ach ja, diese heldenhafte Suche nach dem abtrünnigen Drachen«, sagte ein Krummhornist und stocherte mit einer Gräte zwischen den Zähnen. »Damit hast du nicht nur den Drachen einen Vorwand verschafft, sich frei und ungeniert in Goredd herumzutreiben, sondern Prinzessin Glisselda einen Grund dafür geliefert, uns alle zu stechen!«
    »Zu stechen?« Alle am Tisch, es waren durchweg Musiker, hielten einen verbundenen Finger hoch. Einige taten das auf eine sehr unflätige Weise. Ich versuchte, es nicht persönlich zu nehmen, was nicht so leicht war.
    »Die sogenannte Maßnahme zur Artenfeststellung, die Prinzessin Glisselda ergriffen hat«, brummte Guntard.
    Es gab nur einen zweifelsfreien Nachweis, wie man einen Saarantras von einem Menschen unterscheiden konnte: das silberne Blut. Glisseldas Absicht war klar: Sie wollte Imlann aufstöbern, falls er sich am Hof versteckt hielte.
    Ein Lautenspieler fuchtelte gefährlich mit seiner Fischgabel herum. »Seht sie euch an, sie hat garantiert nicht vor, sich stechen zu lassen!«
    Drachen werden nicht rot, sie werden blass. Meine hochroten Wangen hätten also jegliche Befürchtungen zerstreuen müssen, aber natürlich taten sie das nicht. Ich sagte: »Selbstverständlich lasse ich mich stechen. Ich habe nur soeben erst davon gehört, das ist alles.«
    »Ich hab’s euch doch gesagt, ihr Ochsen«, rief Guntard und legte mir kameradschaftlich den Arm um die Schulter; plötzlich war er wieder mein Fürsprecher. »Mir sind die Gerüchte egal, unsere Fina ist kein Drache!«
    Mein Magen sackte mir bis in die Kniekehlen. Puh, bei der lieben Sankt Prue. Zwischen den beiden Sätzen Sie will sich nicht stechen lassen und Sie ist angeblich ein verkleideter Drache lag ein riesiger Unterschied. Ich versuchte ruhig zu klingen, aber es hörte sich ziemlich piepsig an, als ich fragte: »Welche Gerüchte sind denn das?«
    Keiner wusste, wer sie in Umlauf gebracht hatte, aber sie hatten sich tags zuvor wie ein Lauffeuer im ganzen Palast verbreitet. Serafina war angeblich ein Drache. Ich war nicht weggegangen, um den abtrünnigen Drachen zu stellen, sondern um ihn zu warnen. Ich sprach Mootya. Ich hatte Apparate. Ich hatte den Prinzen absichtlich in Gefahr gebracht.
    Wie benommen saß ich da und versuchte herauszufinden, wer das alles über mich gesagt haben könnte. Vielleicht Kiggs? Ich wollte den Gedanken nicht zulassen, dass er tatsächlich so gehässig sein könnte. Nein, ich wollte den Gedanken nicht nur nicht zulassen, es war schlicht unmöglich. Skepsis gegenüber den Heiligen war mir schon in der Kindheit eingepflanzt worden, aber wenn ich an etwas glaubte, dann an Kiggs’ Ehrenhaftigkeit, sogar wenn er auf mich wütend war. Oder erst recht, wenn er wütend war, denn ich hielt ihn für jemanden, der umso entschiedener an seinen Prinzipien festhielt, je mehr er unter Druck stand.
    Aber wer dann?
    »Ich bin kein Drache«, sagte ich matt.
    »Machen wir die Probe aufs Exempel«, rief Guntard und schlug mit der Hand auf den Tisch. »Dann sind alle zufrieden und jeder hat seinen Spaß.«
    Ich wich zurück, in der Annahme, er wolle mich stechen – aber womit denn, etwa mit seiner Gabel? –, aber

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