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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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wir stiegen die Treppe hinauf und gingen zu der Seite, wo ich den größten Teil des Abends verbracht hatte. In einer Ecke stand die Flasche mit Kaffee, die Glisselda gebracht hatte; sie war längst leer. Daneben lag ein kleines, in Tuch gewickeltes Päckchen. Ich hatte mich nicht weiter darum gekümmert, weil ich nicht wusste, wem es gehörte. Er hob es auf und gab es mir.
    »Was ist das?«
    »Du wirst es nicht erfahren, solange du es nicht aufmachst«, sagte er und seine Augen funkelten in dem dämmrigen Licht. »Gutes neues Jahr!«
    Es war ein schmales, in Kalbsleder gebundenes Büchlein. Ich schlug es auf und lachte. »Pontheus?«
    »Der Einzige und Unvergleichliche.« Er stand dicht neben mir, um über meine Schulter zu schauen und mitzulesen, so dicht, dass er fast meinen Arm berührte. »Es ist sein letztes Buch, Liebe und Aufgabe , von dem ich schon einmal gesprochen habe. Es handelt, wie du dir denken kannst, von den Aufgaben, die man zu erfüllen hat, aber auch von Gedanken und Selbsterkenntnis und von dem, was ein gutes Leben ausmacht und …«
    Er verstummte. Natürlich war da noch ein anderes Wort im Titel. Es stand zwischen uns wie ein Berg.
    »… von der Wahrheit?«, fragte ich, weil ich es für ein unverfängliches Thema hielt und viel zu spät bemerkte, dass es das ganz und gar nicht war.
    »Ja, auch das, aber ich wollte eigentlich sagen, ähm … Freundschaft.« Er lächelte entschuldigend und fügte hinzu: »Und vom Glück. Deshalb hat man ihn auch für verrückt gehalten. Die Philosophen aus Porphyrien haben nämlich alle ein Bündnis mit dem Elend geschlossen.«
    Ich konnte nicht anders, ich musste lachen, und Kiggs lachte mit. Guntard, der gerade mitten in seinem Schalmeien-Solo war, warf uns einen finsteren Blick zu, weil wir hinter der Bühne albern kicherten.
    »Jetzt habt Ihr mich beschämt«, sagte ich. »Weil ich kein Geschenk für Euch habe.«
    »Sei nicht albern«, erwiderte Kiggs temperamentvoll. »Heute Abend hast du uns alle beschenkt.«
    Ich wandte mich ab, mein Herz klopfte vor Sehnsucht, und da sah ich durch den Spalt im Vorhang, wie Dame Okra Carmine auf der gegenüberliegenden Seite des Saals neben der Tür stand und mit ihrem langen grünen Ärmel aufgeregt winkte.
    »Irgendetwas geht hier vor«, sagte ich beunruhigt.
    Kiggs fragte nicht lange, sondern folgte mir die Bühnentreppe hinunter, durch das Gewimmel der Tanzenden bis zur Tür. Dort stand Dame Okra Carmine und hielt Comonot am Arm fest, während die Wachen belustigt abwarteten und nicht wussten, wessen Partei sie ergreifen sollten.
    »Er behauptet, dass er ein Nickerchen machen will, aber ich glaube ihm nicht!«, rief sie.
    »Danke, Botschafterin«, sagte Kiggs, der sich vermutlich fragte, warum Dame Okra sich eingemischt hatte. Ich würde mir etwas einfallen lassen müssen. Die Last des ganzen Abends stürzte plötzlich wieder auf mich ein.
    Comonot stand mit verschränkten Armen und versteinerter Miene da und sah zu, wie Dame Okra spöttisch einen Knicks vor ihm machte und wieder zurück zu den anderen ging. »Endlich sind wir diese Verrückte los«, sagte er. »Darf ich jetzt das tun, was ich will?«
    Kiggs verbeugte sich. »Sir, ich fürchte, ich muss darauf bestehen, dass Ihr ein oder zwei Wachen mitnehmt. Wir sorgen uns um Eure Sicherheit am heutigen Abend und …«
    Comonot schüttelte den Kopf. »Serafina, bist du immer noch davon überzeugt, dass man etwas gegen mich im Schilde führt? Ich wünschte, ich könnte deine Erinnerungen sehen. Dein Verfolgungswahn bringt mich dazu, dass ich mir fast bei jedem Schritt über die Schulter schaue. Das ist auch so eine Eigenart der menschlichen Natur, nicht wahr? Furcht vor der Dunkelheit und dem Unbekannten? Und Furcht vor Drachen?«
    »Ardmagar«, sagte ich nervös, weil er vor allen anderen so unbekümmert von meinen mütterlichen Erinnerungen gesprochen hatte, »bitte lasst uns in dieser Angelegenheit tun, was wir für richtig halten.«
    »Du hast nur wenig in der Hand, um mich zu überzeugen.«
    »Der Frieden hängt davon ab, dass Ihr der Ardmagar bleibt«, erwiderte ich. »Wenn Euch etwas zustößt, dann haben wir viel zu verlieren.«
    Er kniff verschlagen die Augen zusammen. »Soll ich dir sagen, von wem er noch abhängt? Vom königlichen Haus von Goredd, und wenn ich mich recht entsinne, wurde einer der Prinzen erst kürzlich ermordet. Bewacht ihr die Euren genauso unerbittlich wie mich?«
    »Natürlich«, antwortete Kiggs, aber die Frage traf ihn offensichtlich

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