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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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Klinke gelegt, als sie innehielt. »Verzeih mir, wenn ich mich nicht diplomatisch verhalten habe, Maid Dombegh. Mit unliebsamen Überraschungen kann ich nur schlecht umgehen.«
    Schlecht umgehen war wohl kaum die richtige Umschreibung, aber ich sagte »Ja, natürlich« und gab ihr das Buch zurück, das sie auf dem Klavierhocker abgelegt hatte.
    Geistesabwesend fuhr sie mit dem Finger über den Lederrücken und schüttelte dabei den Kopf. »Ich muss gestehen, es ist ein verwirrender Gedanke, dass dein Vater, dessen größte Liebe dem Gesetz gilt, das Recht so sehr missachtet und sich mit deiner Mutter eingelassen hat.«
    »Er wusste nicht, was sie war, ehe sie im Kindbett starb.«
    »Ah.« Sie blickte gedankenverloren vor sich hin. »Armer Mann.«
    Ich schloss die Tür hinter ihr und sah auf mein Quigutl-Chronometer. Wenn ich sofort wieder ins Bett ging, konnte ich noch etwas schlafen vor dem Morgengrauen. Aufgeregt wälzte ich mich eine Stunde lang von einer Seite auf die andere und warf meine Decke zu Boden, aber meine Gedanken kamen nicht zur Ruhe. Wie sollte ich jemals wieder in den Schlaf finden?
    Flederchen , der in den Bäumen von Porphyrien herumkletterte, war genauso wie ich. Und das galt auch für den Lauten Lauser, der von den Dächern von Samsam pfiff. Und für Nag und Nagini, die irgendwo durch den Sand schnellten. Der große Pandowdy wälzte sich in seinem Sumpf, der wilde Miserere kämpfte gegen Gauner, die übel gesinnte Jannoula spann Ränke und auch alle übrigen Gartenbewohner bevölkerten diese Welt und waren zugleich meine Geschöpfe. Obwohl wir so verstreut und so verschieden waren – einige von uns skeptisch, andere verbittert –, wir waren ein Volk.
    Und ich war die Mitte dieses riesigen Räderwerks. Ich konnte uns alle zusammenbringen. In gewisser Weise hatte ich es ja schon getan.

Neun
    N atürlich konnte ich nicht alles stehen und liegen lassen und all diese Personen suchen. Ich hatte ja eine Arbeit zu verrichten. Viridius verlangte von früh bis spät nach mir, ich hatte kaum noch Zeit, mich angemessen um meinen Garten zu kümmern. Flederchen bei der Hand zu nehmen und ihn in der wirklichen Welt zu suchen, kam erst recht nicht infrage. Ich gab mir selbst das Versprechen, dass ich es später nachholen würde, wenn der Jahrestag des Friedensschlusses vorüber war. Flederchen hielt sich an seinen Teil der Abmachung und machte mir keine Schwierigkeiten, obwohl er mich jedes Mal aus seinen schwarzen Augen kritisch musterte, wenn ich zu Besuch kam, und wenn im Gebüsch etwas raschelte, dachte ich regelmäßig, er würde mir heimlich durch den Garten folgen.
    Zu wenig Schlaf und eine blau angeschwollene Nase sorgten dafür, dass sich für eine mürrische Musikmamsell ein Tag nach dem anderen träge dahinzog. Meinen Musikern machte das nichts aus, sie waren ja Viridius’ grenzenlose Verschrobenheit gewohnt. Der Meister selbst fand meinen Missmut lustig. Je mürrischer ich wurde, umso fröhlicher gab er sich, bis hin zur Albernheit. Aber wenigstens bestand er nicht mehr darauf, dass ich an den Abendgesellschaften teilnahm, und er hatte auch kein Wort mehr über ein Treffen mit Lars verloren, den genialen Erfinder des mechanischen Megaharmoniums. Er schlich aufmerksam um mich herum und ich ließ ihn gewähren.
    Ich musste immer noch ein Programm für das Willkommenskonzert für General Comonot und die Abendunterhaltung am Jahrestag des Friedensschlusses fertigstellen. Comonot würde fünf Tage vor diesem Jubiläum eintreffen. Er wollte ein wenig in das hineinschnuppern, was wir Goreddis die Goldene Woche nennen: eine Reihe von Heiligen Tagen, angefangen mit Spekulus , der längsten Nacht des Jahres. Es war die Zeit des Zusammentreffens und der Versöhnung, die Zeit, um große Spenden zu geben und noch größere Feste zu feiern, die Zeit, in der man um das Goldene Haus zog und Sankt Eustachius bat, uns zu verschonen, in der man den Goldenen Spielen beiwohnte und verkleidet von Tür zu Tür ging, in der man hochherzige Vorsätze für das kommende Jahr fasste und den Himmel um Beistand bat. Und wie es sich so passend fügte, hatte Königin Lavonda just in der Goldenen Woche Frieden mit Comonot geschlossen, sodass seither der Jahrestag des Friedensschlusses am Vorabend begangen wurde, man die ganze Nacht durchfeierte und dafür am nächsten Tag ausschlief. Es war zugleich der Beginn des neuen Jahres.
    Ich hatte das halbe Programm unbesehen mit Musikern besetzt, die Viridius empfohlen hatte. Einer der

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