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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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ergaben.
    Sie war ein Halbdrache. Es gab keine andere Erklärung für diese Schuppen.
    Ich war nicht die Einzige. Wenn Madame Pingelig ein Halbdrache war, bedeutete das womöglich, auch die anderen Grotesken waren Halbdrachen? Mit einem Mal ergaben die Hörner und Kehllappen und Stummelflügel in meinem Garten einen Sinn. Im Vergleich dazu hatte ich noch Glück gehabt mit meinen zwanghaften Visionen, meinen Schuppen und den gelegentlich aufscheinenden Erinnerungen meiner Mutter.
    Als es etwa eine Stunde später an meine Tür klopfte, war ich immer noch wach.
    »Mach sofort die Tür auf oder ich hole einen Kammerdiener, damit er sie aufstemmt!«
    Durch die Tür hörte ich deutlich Madame Pingeligs barsche Stimme. Ich stand auf, eilte in das andere Zimmer und überlegte mir dabei fieberhaft eine Erklärung. Flederchen hatte als Einziger meine Gegenwart gespürt, sonst hatte mich in meinen Visionen niemand bemerkt. Was hatte sich verändert? Lag es daran, dass ich sie in der wirklichen Welt gesehen hatte? Weil ich ihr so nahe gekommen war? Wenn ich geahnt hätte, dass sie mir auf die Schliche kommt, hätte ich sie nie heimlich beobachtet.
    Es blieb mir nichts anderes übrig, als sie um Verzeihung zu bitten. Ich machte die Tür auf und setzte zu einer Entschuldigung an.
    Sie schlug mich so fest ins Gesicht, dass Sterne vor meinen Augen explodierten und ich einen wilden stechenden Schmerz verspürte.
    Ich taumelte zurück und nahm nur am Rande wahr, dass meine Nase blutete. Madame Pingelig stand schwer atmend in der Tür, schwenkte ein riesiges Buch in der Hand – ganz offensichtlich ihre Lieblingswaffe – und blickte mich mit einem irren Funkeln in den Augen an.
    Sie wurde blass, als sie sah, dass ich blutete, was ich als Zeichen von Mitleid missverstand. »Wie hast du das gemacht?«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und versetzte mir einen Tritt gegen das Schienbein. Sie wollte mir einen weiteren Schlag gegen den Kopf verpassen, aber ich duckte mich weg; ihr Schwinger ging ins Leere und sie ließ nur einen unangenehm süßlichen Veilchenduft zurück. »Warum spionierst du mir nach?«
    »Nggblaah!«, antwortete ich. Es war kein sehr überzeugendes Argument, aber ich war es nicht gewohnt zu sprechen, wenn mir das Blut übers Gesicht lief.
    Sie hörte auf, nach mir zu treten, und schloss die Tür. Einen Moment lang befürchtete ich, dies sei der Auftakt zu noch Schlimmerem, aber sie machte am Waschbecken ein Tuch nass, gab es mir und deutete wortlos in Richtung meiner Nase. Dann setzte sie sich auf die Klavierbank, während ich mich säuberte; ihr krötenhafter Mund klappte auf und zu, ihre Miene zeigte abwechselnd Abscheu, Ärger und Befriedigung. Sie war jetzt gekleidet wie immer und hatte wieder ihre gedrungene Würde zurück.
    Wie schaffte sie es nur, auf ihrem Schwanz zu sitzen? Ich tupfte eifrig das Blut von meinem Unterhemd weg, nur damit ich sie nicht anschauen musste.
    »Entschuldigt, Mylady«, sagte ich und presste das rot verfärbte Tuch wieder an meine Nase. »Ich weiß nicht einmal, wer Ihr seid.«
    Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Ach ja? Nun, ich weiß, wer du bist, Maid Dombegh. Ich kenne deinen Vater. Er ist ein hervorragender Rechtsgelehrter, ein sehr menschenfreundlicher, sanftmütiger Mensch.« Dann fügte sie ernst hinzu: »Ich gehe davon aus, dass du genauso verschwiegen bist wie er. Sprich mit niemandem darüber.«
    »Worüber denn? Dass Ihr mitten in der Nacht gekommen seid, um mich zu verprügeln?«
    Sie überhörte meine anklagenden Worte und musterte mein Gesicht.
    »Vielleicht hast du nicht verstanden, was du da gesehen hast.«
    »Vielleicht habe ich gar nichts gesehen.«
    »Lügnerin. Ich bin meinem Bauch bis hierher gefolgt und mein Bauch irrt sich nie.«
    Dass sie mich als Lügnerin bezeichnete, wurmte mich gewaltig. Ich rutschte unruhig auf meinem Sitz hin und her. »Woher wusstet Ihr, dass Ihr beobachtet werdet? Konntet Ihr mich sehen?«
    »Nein, ich habe gespürt, dass jemand anwesend ist und mich beobachtet. Ich kann es mir nicht erklären – so etwas ist mir bisher noch nie passiert. War es Hexerei? Ich glaube nicht an derlei Dinge – andererseits glaubt auch so mancher nicht, dass es jemanden wie mich gibt.« Sie kreuzte die Hände über ihrem jetzt wieder üppigen Busen. »Ich bin mit meiner Geduld am Ende. Was hast du gemacht und wie hast du es gemacht?«
    Ich zerknüllte das blutige Tuch in den Händen und schniefte kläglich. Das Blut in der Nase

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