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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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Ersten war sein Liebling Lars, obwohl der alte Mann brummelte: »Erinnere mich daran, damit ich ihm rechtzeitig sage, dass er spielen soll«, was nicht gerade sehr vielversprechend klang. Aber immer noch galt es, viel Zeit mit Musikstücken zu füllen, besonders am Friedensfest, und ich hatte längst noch nicht genügend Bewerber vorspielen lassen. Ich las einige Tage lang die Bittgesuche von Musikern, die sich beworben hatten, und hörte sie mir an. Einige spielten hervorragend, die meisten entsetzlich schlecht. Es würde schwierig werden, ein Programm für die ganze Nacht aufzustellen, es sei denn, ich wiederholte einige Stücke. Ich hatte mir eigentlich mehr Abwechslung gewünscht.
    Eine Bewerbung tauchte immer wieder ganz oben auf meinem Stapel auf, sie stammte von einer Pygegyria-Truppe. Vermutlich handelte es sich dabei um dieselben Tänzer, die ich schon bei dem Begräbnis abgewiesen hatte, denn dass sich mehr als nur ein Ensemble in der Stadt aufhielt, war eher unwahrscheinlich. Ich hatte nicht die Absicht, sie vortanzen zu lassen, es hatte keinen Zweck. Für Prinzessin Dionne und Lady Corongi war es ohnehin schwer genug, sich unsere eigenen heimischen Tänze aus Goredd anzuschauen, die jungen Frauen weitaus mehr Vergnügen bereiteten, als es schicklich war (ich hatte es selbst aus dem Mund von Prinzessin Glisselda gehört, die sich sehr über die dumme Einstellung ihrer Mutter und ihrer Gouvernante ärgerte). Ich konnte mir lebhaft ausmalen, was sie zu einem fremdländischen Tanz sagen würden, der in dem Ruf stand, recht freizügig zu sein.
    Ich zerriss das Bittgesuch und warf es ins Feuer. Ich erinnere mich genau daran, dass ich das getan habe, aber am nächsten Tag lag die Bewerbung wieder zuoberst auf dem Stapel.

    Hin und wieder gab mir Viridius einige Zeit frei, damit ich meine Studien bei Orma vorantreiben konnte. Drei Tage bevor Comonot und das Chaos über uns hereinbrechen würden, beschloss ich, dass ich mir eine Pause verdient hatte. Ich zog mich warm an, schnallte mir die Laute auf den Rücken, steckte meine Flöte in einen Beutel und machte mich zum Sankt-Ida-Konservatorium auf. Ich fühlte mich so herrlich unbeschwert, dass ich den Hügel eher hinab hüpfte als ging. Der Winter hatte seine Zähne noch nicht gezeigt. Der Reif auf den Dächern schmolz beim ersten Kuss der Sonne dahin. Ich kaufte mir am Flussufer ein Frühstück, Fischpastetchen und ein Glas Tee. Ich machte einen Abstecher zum Sankt-Willibald-Markt, der voller Buden und voller Menschen war und wo man es angenehm warm hatte. Ich erfreute mich an knallbunten Bändern aus Ninys, lachte über die Possen eines Hundes, der Nudeln stibitzte, und bestaunte die riesigen eingesalzenen Schinken. Es war schön, unerkannt in der Menge unterzutauchen und mit den Augen all jenen hübschen Krimskrams zu verschlingen.
    Aber so unerkannt wie früher blieb ich nicht lange. Ein Apfelverkäufer rief mir lauthals hinterher: »Spiel uns ein Lied, Süße!« Zuerst dachte ich, er meinte damit die Laute, die für jeden sichtbar war, aber er mimte einen Flötenspieler. Die Flöte war jedoch in meiner Tasche verstaut. Er kannte mich also von der Begräbnisfeier.
    Die Menge teilte sich vor mir wie ein Vorhang und ich fand mich plötzlich vor dem Tuchhändlerstand der Gebrüder Broadwick wieder, wo sich die Filzstoffballen nur so türmten. Thomas Broadwick zog seinen Spitzhut vor einer beleibten Matrone, die gerade stolze Besitzerin von mehreren Ellen Stoff geworden war.
    Er blickte auf, und für einen Moment schien die Zeit stillzustehen, so lange schauten wir uns in die Augen.
    Es kam mir in den Sinn, schnurstracks auf ihn zuzugehen und ihm zu sagen, dass ich zur Einsicht gelangt wäre und mich nicht mehr mit Quigs abgeben würde. Im selben Moment fiel mir ein, dass ich die kleine Echse noch in meiner Börse stecken hatte. Ich hatte mir nie die Mühe gemacht, sie herauszunehmen. Und schon war es zu spät und der passende Augenblick war vorüber.
    Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, er schien mir die Schuld an meinem Gesicht ablesen zu können. Die Gelegenheit, ihn zu täuschen, war vorbei.
    Ich kehrte um und stürzte mich ins dichteste Gewimmel. Die Laute hielt ich vor mich, damit ich sie vor Remplern schützen konnte. Der Markt war so groß wie drei Häuserzeilen und bot genug Gelegenheiten unterzutauchen. Ich schlich mich hinter den Stand eines Kupferschmieds und spähte zwischen den blitzenden Kesseln hindurch.
    Thomas verfolgte mich, er ging dabei

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