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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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Wurfmaschine. Eine Schar Mönche, die sich wie verschreckte Mäuse in einer Seitenkapelle versammelt hatte, huschte herbei und umringte den Spieler. Sie flüsterten: Wunderschön. Wir sind froh, dass es funktioniert. Genug der Proben, wir wollen jetzt Gottesdienst feiern.
    »Aber ick könnte dok während Gottesdienst spielen?«, sagte der große Mann in seinem schweren samsamesischen Akzent und nickte eifrig. Er hatte blonde, sehr kurz geschnittene Haare.
    Nein, nein, nein. Die Ablehnung hallte durchs ganze Seitenschiff. Der Hüne ließ die Schultern hängen; sogar von hinten sah man, wie enttäuscht er war. Zu meiner eigenen Verblüffung verspürte ich Mitleid mit ihm.
    Bestimmt war er Lars, Viridius’ Liebling. Er hatte eine beeindruckende Maschine gebaut, die mit ihren Pfeifen und Röhren und Bälgern die Seitenkapelle ausfüllte. Ich fragte mich, welchen Heiligen man daraus verbannt hatte, um Platz zu schaffen.
    Ich musste ihn begrüßen. Ich hatte das Gefühl, in seinem Spiel etwas von seiner menschlichen Wärme, ein Stückchen seines Herzens erkannt zu haben. Wir waren seelenverwandt, nur wusste er das noch nicht. Ich trat zu ihm und räusperte mich leise. Er drehte sich zu mir um.
    Er hatte ein unauffälliges Kinn, runde Wangen, graue Augen – und doch machte mich sein Anblick sprachlos. Denn es war niemand anderer als der Laute Lauser, der in meinem Gedankengarten pfiff, jodelte und Lauben baute.

    »Ich grüße dich«, sagte ich leise. Mein Puls raste vor Aufregung und vor blankem Entsetzen. Würden womöglich alle meine Grotesken, die ganze Außenseiterschar an Halbdrachen, nach und nach in mein Leben treten? Würde ich Gargoyella eines Tages an einer Straßenecke begegnen und Finch in der Palastküche Bratenspieße drehen sehen? Vielleicht musste ich dann gar nicht mehr zu ihnen in den Garten gehen.
    Der Laute Lauser verbeugte sich knapp, wie man es in Samsam tat, und sagte: »Man hat uns nok nikt bekanntgemacht, Grausleine.«
    Ich schüttelte seine riesige Pranke. »Ich bin Serafina, die neue Musikmamsell von Meister Viridius.«
    Er nickte eifrig. »Ik weiß, ik heiße Lurss.«
    Lars. Er sprach Goreddi, als wäre sein Mund voller Kieselsteine.
    Er erhob sich von der Bank; er war größer als Orma und mindestens zweieinhalb mal so schwer. Er schien zugleich stark und zerbrechlich zu sein, so als wäre er nur durch schieren Zufall ein solches Muskelpaket geworden und würde sich nicht weiter darum scheren. Seine Nase war wie eine Kompassnadel – er benutzte sie als Richtungsweiser. Er zeigte mit ihr auf den Chorraum, wo die Mönche gerade fröhliche Lobgesänge auf Sankt Gobnait und ihre heiligen Bienen anstimmten. »Sie haben Gottesdienst. Vielleikt können wir …« Er zeigte am Goldenen Haus vorbei zum nördlichen Seitenschiff. Ich folgte ihm nach draußen in das milchige Licht des Nachmittags.
    Wir gingen bis zur Wolfstoot-Brücke, ein verlegenes Schweigen breitete sich zwischen uns aus.
    »Möchtest du etwas essen?«, fragte ich und zeigte auf einige Karren, von denen herab Essen verkauft wurde. Er antwortete nicht, schlug jedoch sofort diese Richtung ein. Ich kaufte Pasteten und Bier für uns und wir nahmen sie mit an das Brückengeländer.
    Lars schwang sich erstaunlich geschickt auf die Balustrade und ließ seine langen Beine über dem Fluss baumeln. Wie alle echten Samsamesen war die Farbe seiner Kleidung gedeckt: schwarzes Wams, Joppe und Kniehose. Keine Rüschen oder Bändchen, kein geschlitztes Beinkleid, keine Pluderhose. Seine Stiefel sahen aus, als trüge er sie schon sehr lange und brächte es nicht übers Herz, sie wegzuwerfen.
    Er aß ein Stück Pastete und sagte: »Ik muss mit dir spreken, Grausleine. Ik habe dik beim Begräbnis gehört und ik wusste, du …«
    Er verstummte. Ich sah ihn an, sagte jedoch nichts.
    Möwen kreisten über uns und warteten gierig auf jedes noch so kleine Krümelchen, das wir ihnen zuwarfen. Sie stürzten sich herab und fingen es im Fluge auf. »Ik fange nochmal an«, sagte Lars. »Ist dir vielleikt schon aufgefallen, dass ein Instrument mankmal wie eine Stimme ist? Dass man allein vom Zuhören, ohne hinzusehen, sagen kann, wer spielt?«
    »Wenn ich den Musiker sehr gut kenne, ja«, antwortete ich zögernd, weil ich nicht wusste, worauf er hinauswollte.
    Er blies die Wangen auf und blickte zum Himmel. »Halte mik nikt für verrückt, Grausleine . Ik habe dik schon einmal spielen hören, im Traum, hier drin …« Er deutete auf seinen blonden Schopf.
    »Ik

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