Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
Vom Netzwerk:
und als er mich nicht beachtete, etwas fester.
    »He«, sagte ich ungebührlich forsch, immerhin war er ein Graf. »Lasst ihn in Ruhe.«
    »Misch dich nicht ein, Grausleine« , erwiderte Josef hochmütig über seine gestärkte Halskrause hinweg. Ein paar blonde Strähnen hingen ihm in die Augen. Er ließ sein Pferd aufbäumen und drängte mich zurück. Dabei schlug das Tier unabsichtlich – oder auch nicht – mit den Hinterläufen aus und stieß Lars in den eiskalten Fluss.
    Alle rannten jetzt los, einige zum Ufer, andere wollten nur möglichst weit weg von dem Tumult. Ich eilte die Stufen zum Kai hinab. Fischer waren schon mit ihren Booten und Weidenkähnen losgerudert und hielten Stangen in die rauen Wellen und gaben der zappelnden Gestalt im Wasser Anweisungen. Lars konnte offenbar schwimmen, aber seine Kleidung und die Kälte machten es ihm schwer. Seine Lippen waren blau angelaufen, und er hatte Mühe, sich an den Stangen, die man ihm hinstreckte, festzuhalten.
    Schließlich bekam einer der Ruderer ihn doch noch zu fassen und zog ihn ans Ufer, wo alte Fischerinnen bereits Decken aus ihren Kähnen geholt hatten. Jemand schleppte ein Kohlebecken herbei und brachte das Feuer darin zum Lodern. Ein Hauch glühender Kohle mischte sich unter den Fischgestank.
    Tränen brannten in meinen Augen, so gerührt war ich von den vielen Leuten, die Hand in Hand arbeiteten, um einem Fremden zu helfen. Die Bitterkeit, die ich seit dem Morgen mit mir herumgetragen hatte, schmolz dahin. Vor dem Unbekannten hatten die Menschen Angst, aber wenn es um einen der ihren ging, dann waren sie zu großer Hilfsbereitschaft fähig …
    Nur dass Lars eben keiner von ihnen war. Er sah ganz unauffällig aus, abgesehen von seiner Größe und seinem Körperumfang, aber was verbarg sich unter seinem schwarzen Wams? Schuppen? Oder etwas noch Schlimmeres? Und jetzt waren die besorgten, aber auch leicht zu erschreckenden Leute dabei, ihm seine klatschnassen Kleider vom Leib zu zerren. Gerade wies er schüchtern die Hilfe einer Frau zurück. »Komm schon, Junge«, lachte sie. »Vor mir brauchst du dich nicht zu genieren. Was habe ich nicht alles gesehen in meinen fünfzig Jahren.«
    Lars zitterte – und zwar so heftig, wie nur jemand mit einer solchen Statur zittern konnte. Er musste unbeobachtet das nasse Zeug loswerden, aber wie? Mir fiel nur ein Ausweg ein und der war leicht verrückt.
    Ich sprang auf einen Landungspoller und rief: »Wer will ein Lied hören?« Dann stimmte ich ohne jede Musikbegleitung eine schmissige Fassung von Pfirsich und Wein an.
    Wenn die Sonne durch die Wipfel lacht,
    Und die Lilien gaukeln sacht,
    Das sind Tage, wie für mich gemacht.
    Ich atme den süßen Duft,
    Trübsinn verpufft in der Luft,
    Und ich speise gar fein – Pfirsich und Wein.
    Voll Sehnsucht erobere ich die Welt,
    Frei wandere ich unterm Himmelszelt,
    Dort bin ich mein eigener Held.
    Alles ließ ich zurück,
    Auf der Suche nach Glück,
    In der goldenen Stadt – mit Pfirsich und Wein.
    Die Leute lachten und klatschten, und fast alle blickten zu mir herüber. Lars brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass alles nur Ablenkung war, damit er sich in Ruhe umziehen konnte. Verschämt drehte er sich zur Ufermauer hin. Er hatte eine Decke über die Schultern geworfen und begann, seine Kleider auszuziehen.
    Beeil dich, dachte ich im Stillen, das Lied hat nur fünf Strophen.
    Mir fiel ein, dass ich ja die Laute auf den Rücken gebunden hatte. Ich zog sie hervor und begann, zwischen den einzelnen Strophen darauf zu improvisieren. Die Leute waren munter bei der Sache. Nur Lars glotzte mich an, was mich wunderte. Hatte er mir nicht geglaubt, dass ich ein Instrument spielen konnte? Vielen Dank für das mickrige Lob, Viridius.
    Aber dann starrte auch ich ihn an, denn an ihm war absolut nichts Außergewöhnliches zu entdecken. Da war keine Spur von Silber an seinen Beinen. Rasch schlüpfte er in die geborgten Hosen. Und die Decke hielt er so gut er konnte um die Schultern geschlungen, bis sie schließlich doch herunterfiel. Ich gaffte auf seinen Oberkörper. Nichts.
    Nein, da war etwas, an seinem rechten Oberarm. Ein schmales Schuppenband zog sich rundherum. Aus der Ferne sah es wie eines dieser Kettchen aus, die man in Porphyrien trug; er hatte es irgendwie geschafft, die Stelle mit farbigen Glasperlen zu überdecken. Jeder, der nicht wusste, dass es Schuppen waren, hätte es ohne Weiteres für Schmuck halten können.
    Plötzlich verstand ich, weshalb sich Dame Okra

Weitere Kostenlose Bücher