Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
Vom Netzwerk:
Ich hätte ihn gerne zum Abschied umarmt, aber in Gegenwart des Prinzen fühlte ich mich merkwürdig gehemmt. Wir hatten ein gemeinsames Geheimnis, Lars und ich, selbst wenn Lars noch nichts davon wusste.
    Wortlos stieg er die Steinstufen der Wolfstoot-Brücke hinauf. Er ließ die Schultern hängen, als läge, für uns unsichtbar, die Last der ganzen Welt auf ihnen.

Elf
    S cheinbar egal was ich sage, du bist mit deinen Gedanken ohnehin ganz woanders«, sagte Prinz Lucian, der wohl schon eine ganze Weile mit mir gesprochen hatte.
    »Verzeihung.« Ich riss meinen Blick von Lars los und machte einen tiefen Knicks vor dem Prinzen.
    Als ich mich wieder erhob, zog der Prinz seine Augenbrauen belustigt hoch und sagte: »Wir können uns diese Förmlichkeiten sparen.« Er legte die Hand auf sein karmesinrotes Wams, genau über sein Herz, und sagte ernst: »Jetzt bin ich nur der Hauptmann der Garde. Ein weniger tiefer Knicks tut’s auch, und du kannst Hauptmann Kiggs zu mir sagen – oder einfach nur Kiggs, wenn es dir lieber ist. So nennen mich auch alle anderen.«
    »Prinzessin Glisselda nennt Euch Lucian«, sagte ich leise, um meine Verlegenheit zu überspielen.
    Er lachte kurz auf. »Wie du sicher schon bemerkt hast, ist Selda in jeder Beziehung die große Ausnahme. Meine eigene Großmutter hat mich Kiggs gerufen. Und wer könnte der Königin widersprechen?«
    »Das würde ich nie wagen«, sagte ich und versuchte, seinen ungezwungenen Ton aufzugreifen. »Nicht, wenn es sich um etwas derart Wichtiges handelt.«
    »Das will ich wohl meinen.« Er zeigte schwungvoll auf die Stufen, die zur Brücke hinaufführten. »Wenn es dich nicht stört, reden wir im Gehen weiter. Ich muss zurück in den Palast.«
    Ich folgte ihm, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, worüber er mit mir sprechen wollte. Dann fiel mir wieder ein, was Orma mir aufgetragen hatte. Besorgt legte ich die Hand auf die Börse an meiner Taille, so als könnte das kleine Echsenfigürchen jeden Moment vorwitzig den Kopf herausstrecken.
    Was würde der Prinz dazu sagen? Vielleicht könnte ich ihm ja die ganze Geschichte erzählen.
    Ein Stadtdiener stand, wie kurz zuvor Lars, auf der Brückenbalustrade und zündete Laternen an, da es langsam dunkel wurde. Lachende Händler bauten ihre Stände ab. Der Prinz, von nun an Kiggs, schlenderte ganz entspannt zwischen dem noch geschäftigen Volk hindurch, als wäre er einer von ihnen. Ich wollte in die Straße einbiegen, die den Berg hinaufführte, aber er deutete auf eine kleine Gasse, durch die man schneller zum Palast kam. Der Weg, der ohnehin schon recht schmal war, wurde weiter oben sogar noch enger, die oberen Stockwerke der Häuser ragten in die Gasse hinein, als steckten sie die Köpfe zusammen, um zu tratschen. Eine Frau hätte leicht von ihrer Nachbarin auf der anderen Straßenseite einen Klumpen Butter borgen können, ohne dass sie aus dem Haus gehen musste. Die dicht an dicht gedrängten Häuser ließen vom Himmel nur ein schmales Band übrig, das jetzt schnell dunkler wurde.
    Als man die Marktgeräusche nicht mehr hörte, sondern nur noch seine Stiefelschritte hallten, sagte Lucian Kiggs: »Ich wollte dir danken, dass du den Saarantrai zu Hilfe gekommen bist.«
    Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, wovon er sprach. Dame Okra und ihr Angriff mit dem Buch hatten die anderen Ereignisse jenes Abends in den Hintergrund gerückt.
    »Niemand sonst hätte es gewagt, so offen mit Selda zu sprechen – nicht einmal ich«, sagte er unverblümt. »Ich war innerlich ebenso gelähmt wie sie, ich dachte, das Problem würde sich von selbst lösen, wenn wir nur wegschauten. Von Selda weiß ich, dass du dich mit Drachen auskennst, und wie es scheint, hat sie recht.«
    »Es ist sehr freundlich von Euch, das zu sagen«, erwiderte ich ausdruckslos, obwohl mir ein dicker Klumpen im Hals steckte. Ich wollte nicht, dass Kiggs mich mit Drachen in Zusammenhang brachte. Er war viel zu scharfsinnig.
    »Das wirft natürlich Fragen auf«, sagte er, als hätte er meine Gedanken gehört. »Selda meint, du wüsstest so viel, weil du mit deinem Vater den Vertrag gelesen hast. Das mag ja zum Teil stimmen, aber sicherlich ist es nicht die ganze Wahrheit. Dein vertrauter Umgang mit den Saarantrai – deine Fähigkeit, dich mit ihnen zu unterhalten, ohne gleich in kalten Schweiß auszubrechen –, das ist nichts, was man beim Lesen des Vertrags lernen könnte. Ich habe den Vertrag auch gelesen – man bekommt dabei eher

Weitere Kostenlose Bücher