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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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Angst, denn er hat so viele Löcher wie ein Käse aus Ducana.«
    Der Klumpen in meinem Hals wurde noch dicker. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass der Käse aus dieser Provinz allgemein bekannt für seine Löchrigkeit ist. Es war nur ein einfacher Vergleich gewesen, keine versteckte Anspielung auf »Amaline Ducanahan«, meine menschliche Mutter, die sich mein Vater ausgedacht hatte.
    Kiggs schaute zum Himmel hinauf, der sich purpurrot verfärbt hatte, verschränkte die Hände hinter dem Rücken wie einer meiner alten, pedantischen Lehrer und sagte: »Ich vermute, es hat etwas mit deinem Drachenlehrer zu tun. Hieß er nicht Orma?«
    Meine Anspannung ließ ein wenig nach. »In der Tat. Ich kenne ihn schon seit ewigen Zeiten. Er gehört fast zur Familie.«
    »Das verstehe ich. Du stehst auf sehr vertrautem Fuß mit ihm.«
    »Er hat mir viel über Drachen beigebracht«, bekräftigte ich. »Ich frage ihn oft. Ich bin ein neugieriger Mensch.« Es war schön, dass ich dem Prinzen auch etwas sagen konnte, was der Wahrheit entsprach.
    Der Weg war an dieser Stelle so steil, dass man Stufen hineingeschlagen hatte; Kiggs erklomm sie so geschickt wie eine Bergziege. An den Häusern hingen überall Spekulus-Laternen; an der Laternenrückseite waren Spiegelscherben angebracht und die Kerzen warfen grelle Lichtflecke auf Weg und Hauswände. Neben den Laternen hingen die Spekulus-Glöckchen, die Kiggs nun leicht anstieß, damit sie läuteten. Unter dem Gebimmel murmelten wir die traditionellen Worte: »Zerreißt die Finsternis, zerreißt die Stille.«
    Jetzt schien mir der richtige Augenblick gekommen zu sein, um Ormas Angelegenheit vorzutragen, immerhin hatten wir ja gerade über ihn gesprochen. Ich machte den Mund auf, aber weiter kam ich nicht.
    »Wer ist dein Schutzpatron?«, fragte Kiggs unvermittelt.
    Ich hatte mir gerade zurechtgelegt, wie ich am besten anfangen könnte, deshalb war ich einen Augenblick lang unfähig, ihm zu antworten.
    Er blickte sich nach mir um, seine dunklen Augen blitzten in dem gebrochenen Licht der Laternen. »Du hast gesagt, du wärst neugierig. Wir neugierigen Zeitgenossen haben in der Regel einen von drei Heiligen als Patron. Schau.« Er griff in sein Wams und holte ein silbernes Medaillon hervor. Es funkelte im Laternenlicht. »Meine Patronin ist die Heilige Clare, die Scharfsinn verleiht. Du scheinst weder eine Freundin des Dunklen, Rätselhaften zu sein, noch bist du so gesellig, dass Sankt Willibald dein Patron sein könnte. Ich vermute also, dass Capiti deine Patronin ist – die Heilige, die den Geist zum Leben erweckt.«
    Ich blinzelte ihn erstaunt an. Eigentlich hatte sich mein Psalter ja auf der Seite von Yirtrudis geöffnet, aber als Ersatz für diese unliebsame Ketzerin war ich der Heiligen Capiti anheimgegeben worden. Er hatte fast ins Schwarze getroffen. »Wie habt Ihr das –«
    »Ich habe eine gute Beobachtungsgabe, das ist alles«, beantwortete er meine unausgesprochene Frage. »Sowohl Selda als auch ich haben bemerkt, wie klug du bist.«
    Mich überlief es heiß und kalt. Das anstrengende Treppensteigen hatte mir die Wärme in die Glieder getrieben, aber sein Scharfsinn ließ mich frösteln. Ich musste vorsichtig sein. Bei aller Freundlichkeit, der Prinz und ich konnten niemals Freunde werden. Ich musste so viele Dinge verbergen und er hatte eine so forschende Art.
    Meine rechte Hand hatte ich so weit wie möglich unter den linken Ärmel geschoben, um nach meinen Schuppen zu tasten. Das war eine lästige Angewohnheit, die seinem scharfen Blick auf Dauer nicht entgehen würde. Ich nahm mir fest vor, dies nicht mehr zu tun.
    Kiggs erkundigte sich nach meinem Vater; ich erzählte ihm etwas Unverbindliches. Er wollte von mir wissen, was ich von der Art und Weise hielt, wie Lady Corongi die Prinzessin unterrichtete. Ich äußerte meine Bedenken höflich und zurückhaltend. Er sagte mir offen und ehrlich, was er von ihren Methoden hielt. Ich sagte nichts dazu.
    Der Weg wurde allmählich flacher, und bald schritten wir durch das Torhaus von Schloss Orison. Die Wachen salutierten und Kiggs nickte zum Gruß. Allmählich entspannte ich mich. Wir waren fast zu Hause, und dann nahm diese Befragung sicherlich ein Ende. Stumm gingen wir über den knirschenden Kies im Steinernen Hof. An der Treppe blieb Kiggs stehen und sagte lächelnd: »Deine Mutter war bestimmt sehr musikalisch.«
    In meinem Kopf sandte die Schatulle mit den Erinnerungen meiner Mutter einen scharfen Schmerz aus, als eine Art

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