Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
ich hauptsächlich dir zu verdanken habe.«
»Das ist ja … großartig. Was ist passiert?«
»Heute sind zwei Ritter ins Schloss gekommen!« Sie konnte kaum an sich halten, ihre Hände flatterten wie zwei kleine aufgeregte Vögelchen. Sie streifte kurz meinen linken Arm, aber ich zuckte nur ganz leicht zurück. »Sie behaupten, sie hätten einen abtrünnigen Drachen gesehen, der in seiner natürlichen Gestalt durch die Lande fliegt! Ist das nicht furchtbar?«
Ja, so furchtbar, dass sie von einem bis zum anderen Ohr grinste. Sie war wirklich eine höchst bemerkenswerte Prinzessin.
Ich ertappte mich dabei, wie ich nach meinem schuppigen Handgelenk tastete. Hastig verschränkte ich die Arme vor der Brust. »Der Kopf des Prinzen ist verschwunden …«, murmelte ich nachdenklich.
»Ja, als wäre er abgebissen worden«, sagte Prinzessin Glisselda und nickte eifrig.
»Vermutet der Rat, dass zwischen seinem Tod und diesem Drachen ein Zusammenhang besteht?«
»Großmutter gefällt dieser Gedanke ganz und gar nicht, aber er liegt doch auf der Hand, nicht wahr?«, sagte sie und wippte auf den Zehen. »Wir machen jetzt eine Pause, um etwas zu essen, aber wir werden uns noch den ganzen Abend Zeit nehmen und überlegen, was wir als Nächstes tun.«
Ohne nachzudenken, tastete ich nach meinem Gelenk. Ich klemmte meine Hand unter die Achselhöhle. Hör auf damit, Hand! Du musst in die Verbannung.
»Aber das Beste habe ich dir ja noch gar nicht erzählt«, sagte Glisselda und legte die Hand auf die Brust, als wolle sie zu einer großen Rede ansetzen. »Ich selbst habe vor dem Rat gesprochen und gesagt, dass Drachen uns als eine interessante Spezies von Kakerlaken betrachten und dass einige von ihnen den Frieden nur als Vorwand benutzen und womöglich insgeheim planen, die Häuser der Kakerlaken abzubrennen!«
Ich starrte sie mit offenem Mund an. Konnte es sein, dass ihre Gouvernante Glisselda wohlweislich im Unklaren ließ, weil sie genau wusste, dass die Prinzessin aus jeder Mücke einen Elefanten machte? »Und wie ist das aufgenommen worden?«
»Alle waren erstaunt. Lady Corongi stammelte, dass man die Drachen doch besiegt und zermürbt habe, was sie erst recht wie ein Dummkopf erscheinen ließ. Aber alle anderen haben wir nachdenklich gemacht!«
»Wir?« Bei Sankt Mashas Stein. Jetzt dachten alle, dass ich der Prinzessin Flausen in den Kopf setzte. Ja, ich hatte den Vergleich mit den Kakerlaken gebraucht, schön und gut, aber die Sache mit dem Niederbrennen der Häuser, ganz zu schweigen von dem Frieden als Vorwand – das war ihrer eigenen Fantasie entsprungen.
»Nun ja, ich habe deinen Namen nicht genannt, falls du das gehofft hast«, schniefte sie.
»Nein, nein, das ist schon in Ordnung«, versicherte ich ihr. »Du brauchst meinen Namen nie zu nennen.«
Glisselda wurde mit einem Mal sehr ernst. » Nie würde ich nicht unbedingt sagen. Du bist klug. Das ist sehr nützlich. Manche Leute wissen das sehr wohl zu schätzen«, sagte sie und beugte sich zu mir, »und du tust dir keinen Gefallen, wenn du sie verprellst.«
Ich starrte sie an. Sie sprach von Kiggs, ganz ohne Zweifel. Ich machte einen tiefen Knicks, und sofort lächelte sie wieder, Ernsthaftigkeit passte nicht zu ihrem Feengesicht. Dann tänzelte sie fort und überließ mich meinen Gedanken und meiner Reue.
Während ich zum Abendessen ging, grübelte ich über diese Neuigkeit. Einen abtrünnigen Drachen hatte man noch nie übers Land fliegen sehen. In wessen Verantwortungsbereich fiel er? Ich kannte den Vertrag gut, aber diese spezielle Frage kam darin überhaupt nicht vor. Wir Goreddi würden sicherlich vorziehen, es den Drachen zu überlassen, wie sie die Angelegenheit regelten – andererseits, wie sollten sie das anfangen, ohne dass sie in ihrer natürlichen Gestalt ausschwärmten, um den Abtrünnigen zu fassen? Letzteres war jedoch nicht hinnehmbar. Was also tun?
Wenn es darum ging, den Vertrag umzusetzen, dann vertrauten wir stark darauf, dass die Drachen mit uns zusammenarbeiteten. Selbst wenn einige wenige von ihnen sich weigerten, den Vertrag einzuhalten, wer sonst als andere Drachen konnte uns in dieser Sache helfen? Aber käme das nicht einer Aufforderung gleich, sich gegenseitig am Himmel zu bekämpfen?
Ich verlangsamte meine Schritte. Was, wenn es nicht nur einen abtrünnigen Drachen gab? Mein eigener Großvater, der verbannte General Imlann, hatte am Begräbnis teilgenommen und Orma ein Goldstück geschickt. War es denkbar, dass unbemerkt
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