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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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und gegen alle Verbote überall Drachen waren, die keine Glocke trugen und sich unters Volk mischten?
    Oder war es wirklich nur der eine? Hatten die Ritter also Imlann gesehen?
    War es möglich, dass mein eigener Großvater Prinz Rufus umgebracht hatte?
    Bei diesem Gedanken drehte sich mir der Magen um. Beinahe wäre mir die Lust aufs Abendessen vergangen, aber ich holte tief Luft und zwang mich weiterzugehen. Von dem Klatsch im Speisesaal konnte man Wissenswertes über den abtrünnigen Drachen erfahren – falls es überhaupt mehr in Erfahrung zu bringen gab.
    Ich ging durch den langgestreckten Speisesaal zum Musikertisch und quetschte mich auf eine Bank. Die Orchesterleute unterhielten sich angeregt und bemerkten mich kaum. »Zwanzig Jahre unter der Erde – sind diese alten Käuze überhaupt noch richtig im Kopf?«, fragte Guntard zwischen zwei Löffeln Mandelsülze. »Wahrscheinlich haben sie einen Reiher im Gegenlicht gesehen und ihn für einen Drachen gehalten!«
    »Sie wollen nicht, dass Comonot kommt, deshalb schüren sie Aufruhr, genau wie die Söhne Ogdos«, sagte ein Trommler und klaubte ein paar eingelegte Weintrauben aus dem Öl. »Kann’s ihnen nicht verübeln. Da stehen einem doch die Haare zu Berge, wenn überall Drachen herumlaufen wie normale Leute.«
    Wie auf ein geheimes Kommando hin schweiften alle Blicke mit unverhohlener Neugier zu dem Tisch, an dem die Saar saßen, allesamt niedere Ränge der Drachenbotschaft, die im Speisesaal des Palasts ihr Essen einnahmen. Heute Abend waren sie zu acht, sie saßen so steif da, als hätten sie einen Stock verschluckt, und sprachen kaum ein Wort. Die Diener mieden den Tisch; wenn die Schüsseln leer waren brachte einer der Saarantrai sie in die Küche zum Auffüllen zurück. Alle aßen Brot und Wurzelgemüse und tranken nur Gerstenwasser; sie waren asketisch wie Mönche oder besonders genügsame Samsamesen.
    Ein dürrer Posaunist beugte sich zu mir: »Wer garantiert uns eigentlich, dass alle von ihnen eine Glocke tragen? Es könnte einer mitten unter uns sitzen, an diesem Tisch hier, und wir hätten nicht die leiseste Ahnung.«
    Die Musiker warfen einander argwöhnische Blicke zu, und ich tat es ihnen nach, denn nun hatte auch mich die Neugier gepackt. »Was ist eigentlich aus diesen Rittern geworden? Hat man sie wieder in die Wildnis zurückkehren lassen?«
    »Verbannte? Und womöglich Krawallbrüder?«, polterte Guntard. »Nein. Sie sind im östlichen Keller eingesperrt, weil das eigentliche Verlies wegen des bevorstehenden, ach so bedeutenden Staatsbesuchs voller Weinfässer steht.«
    »Bei der süßen Sankt Siucre, wer mag da wohl kommen?«, fragte einer lachend.
    »Einer, mit dem deine Mutter das Bett geteilt und danach ein Saar-Ei gelegt hat.«
    Ich stimmte gequält in das Lachen ein.
    Dann wandte sich das Gespräch dem Ablauf der Konzerte zu und plötzlich bestürmten mich alle mit Fragen. Ich verwies auf den genauen Plan, der an der Tür des Probenraumes hing, gab meinen Teller den kleinen Hunden unter dem Tisch und stand auf, um zu gehen.
    »Warte, Serafina!«, rief Guntard. »Alle mal herhören, wie wollen wir unserer Musikmamsell danken, für all die viele Mühe?« Er stieß einen hohen Pfiff aus, während seine Gefährten eilig ihre Bissen hinunterschluckten, die sie gerade im Munde hatten, und mit einem Schluck Wein nachspülten.
    Zum großen Vergnügen aller Anwesenden, mit Ausnahme der Saarantrai, fingen sie an zu singen:
    Oh liebe, holde Serafina,
    Sag mir, wann wirst du endlich mein?
    Solch Liebreiz ich noch nie sah,
    Ich weiß, du wirst mein Schicksal sein!
    Du bist so keck, so voller Witz,
    Du bist so klug und so manierlich,
    Selbst Viridius traf es wie ein Blitz,
    Nun ist er brav und sehr possierlich!
    »Hurra!«, riefen alle zum Schluss.
    »Sie schlägt sich tapfer mit Viridius herum, damit wir von ihm verschont bleiben«, rief irgendein besonders neunmalkluger Bursche frech.
    Alle lachten lauthals. Ich schmunzelte, als ich ihnen zum Abschied zuwinkte – nein, es war sogar ein richtiges Lächeln –, und ich lächelte immer noch, als ich am Ostflügel des Schlosses angekommen war. Mir war eingefallen, dass diese Ritter den Drachen vielleicht genau beschreiben konnten und Orma in ihm Imlann wiedererkennen würde. Dann hätte ich hieb- und stichfeste Beweise für Lucian Kiggs, und nicht nur eine Münze, die Befürchtungen eines Drachen und die ungenaueste aller vagen Beschreibungen.
    Dann würde ich vielleicht endlich den Mut aufbringen,

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