Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
noch einmal mit ihm zu sprechen. Eine Entschuldigung war das Mindeste, was er von mir erwarten konnte.
Ein einzelner Wachsoldat war an der obersten östlichen Kellertreppe postiert. Ich drückte den Rücken durch und verbannte den Rest von Lächeln aus meinem Gesicht. Wenn mein Plan gelingen sollte, brauchte ich all meine Konzentration. Möglichst selbstbewusst und festen Schrittes ging ich auf ihn zu. »Entschuldigung«, sagte ich. »Ist Hauptmann Kiggs schon da?«
Der Bursche zupfte sich am Bart. »Ich habe ihn nicht gesehen, aber ich habe meinen Dienst eben erst angetreten. Vielleicht ist er schon unten.«
Ich konnte nur hoffen, dass er das nicht war, aber falls doch, würde mir schon etwas einfallen.
»Wer tut unten Dienst? John?« John war ein beliebter und gebräuchlicher Name.
Er riss die Augen auf. »John Saddlehorn, ja. Und Mikey der Fisch.«
Ich nickte, so als würde ich die beiden kennen. »Nun, dann befrage ich sie eben selbst. Wenn Hauptmann Kiggs auftaucht, dann richte ihm bitte aus, dass ich schon unten bin.«
»Einen Moment«, sagte er. »Worum geht es überhaupt? Wer seid Ihr?«
Ich sah ihn leicht verwundert an. »Serafina Dombegh, die Tochter des berühmten Rechtsanwalts Claude Dombegh, dem Berater der Krone in allen Fragen des Vertrags. Hauptmann Kiggs ist überzeugt, dass meine Kenntnisse beim Verhör der Ritter von Nutzen sind und will, dass ich sie befrage. Bin ich hier etwa falsch? Soweit ich weiß, werden sie hier festgehalten.«
Der Wachmann kratzte sich unter seinem Helm. Er war unschlüssig. Vermutlich hatte man ihm nicht eigens befohlen, niemanden in den Keller zu lassen, trotzdem beschlichen ihn Zweifel.
»Wenn du willst, dann komm mit«, schlug ich ihm vor. »Ich habe ein paar Fragen an die Gefangenen bezüglich des Drachens, den sie gesehen haben. Ich hoffe, wir finden heraus, um wen es sich dabei handelt.«
Er zögerte, doch dann willigte er ein und begleitete mich nach unten. Zwei Wachleute saßen vor einer massiven Holztür und spielten auf einem umgedrehten Fass Karten. Als sie uns sahen, ließen sie überrascht die Karten sinken. Mein Begleiter zeigte mit dem Daumen die Treppe hinauf. »Mikey, pass du mal oben auf. Wenn der Hauptmann kommt, dann sag ihm, dass Maid Dombegh schon da ist.«
»Was ist denn los?«, sagte der, den sie John nannten, als der Wachmann die Tür aufschloss.
»Sie will die Gefangenen verhören. Ich gehe mit hinein und du bleibst hier.«
Ich wollte ihn nicht dabeihaben, aber auf die Schnelle fiel mir nicht ein, wie ich das verhindern könnte. »Kommst du mit, um mich zu beschützen? Sie sind wohl sehr gefährlich?«
Er lachte. »Mein Fräulein, das sind alte Männer. Ihr werdet laut mit ihnen sprechen müssen.«
Die beiden Ritter saßen auf ihren Strohsäcken und blinzelten im Lichtschein. Ich knickste kurz und blieb nah bei der Tür stehen. Sie waren gar nicht so altersschwach, wie man mir gesagt hatte, allenfalls grau und dünn, aber auch drahtig und zäh. Aber ein kurzer Blick in ihre leuchtenden Augen verriet, dass sie auf Teufel komm raus die hilflosen alten Tattergreise spielten.
»Wen hast du uns da mitgebracht, Junge?«, fragte der etwas dickere von beiden, ein Glatzkopf mit Schnurrbart. »Versorgt ihr eure Gefangenen jetzt mit Frauen, oder ist das nur eine neumodische Art, uns zum Reden zu bringen?«
Er stellte meine Tugend in Frage. Ich hätte eigentlich beleidigt sein müssen, aber irgendwie reizte mich die Vorstellung. Gefangene foltern, wäre das keine lohnende Aufgabe für mich? Zuerst verführe ich sie und dann zeige ich ihnen meine Schuppen! Sie würden schon aus blankem Entsetzen ein Geständnis ablegen.
Der Wachmann wurde rot. »Bitte etwas mehr Respekt!«, schnaubte er durch seinen Bart. »Sie ist hier auf Geheiß von Hauptmann Kiggs und Rat Dombegh, ihres Vaters. Ihr werdet alle Fragen gewissenhaft beantworten oder wir suchen uns ein schlimmeres Verließ für euch aus, Großväterchen.«
»Schon gut«, sagte ich. »Macht es dir etwas aus, uns allein zu lassen?«
»Maid Dombegh, habt Ihr nicht gehört, was er gerade gesagt hat? Es wäre nicht schicklich.«
»Es ist alles in bester Ordnung«, beschwichtigte ich ihn. »Hauptmann Kiggs wird jeden Augenblick hier sein.«
Er stellte die Fackel in eine Halterung und ließ mich grummelnd alleine. In dem Raum, der meist als Lager benutzt wurde, standen ein paar kleine Fässer. Ich stellte eines aufrecht hin, setzte mich darauf und lächelte die alten Männer freundlich an.
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