Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
Vom Netzwerk:
stecken, jeder könnte das.
    Lars blieb abweisend, er schien entweder auf eine Strafpredigt oder ein Liebesgeständnis gefasst zu sein. Ja, das war der Grund: Er fürchtete, ich würde ihm einen Antrag machen. Seine Miene war verschlossen, als probe er im Geiste bereits, wie er mich freundlich abweisen würde, wenn ich nackt vor ihm stünde. Tut mir leid, Serafina, ich mag keine Grausleine, die mir Stimmen in den Kopf setzt.
    Oder vielleicht auch: Ich liebe keine Mädchen. Ich liebe Viridius.
    Lustig war das nicht, aber es gab mir genug Antrieb, dass ich meinen Ärmel aufband und ihn hochschob.
    Drei Herzschläge lang stand er ganz still, dann griff er sachte nach meinem Unterarm, beinahe ehrfürchtig, wiegte ihn in seinen riesigen Händen und fuhr mit dem Finger das gekrümmte Band meiner Schuppen nach. »Ah«, hauchte er. »Jetzt ist mir alles klar.«
    Ich wünschte, ich könnte sein Gefühl teilen, ich wünschte es so sehr, dass mir Tränen über die Wangen kullerten. Seine Miene änderte sich, wurde wieder verschlossen. Ich nahm zuerst an, er wäre ärgerlich, aber als er mich in die Arme nahm und mich beinahe erdrückte, begriff ich: Er wollte mich beschützen. Lange standen wir so. Dem Himmel sei Dank kam niemand herein; wir hätten genug Stoff für den Palastklatsch der nächsten Monate geboten.
    Jemand, der flüchtig vorüberging, hätte nicht gehört, wie mir der riesige, schwarz gekleidete Mann ins Ohr flüsterte:
    » Sesterleine!«
    Kleine Schwester.

Siebzehn
    D ie Spiegelhymne ging reibungslos über die Bühne. Die Zuhörer hinter mir erhoben sich, manche sangen mit. Ich blieb einigermaßen im Takt, obwohl ich nicht so bei der Sache war, wie ich es hätte sein sollen. Immer wieder kamen mir die Augenblicke mit Lars in den Sinn – als er Schwester zu mir gesagt hatte, und die Unterhaltung, die wir danach geführt hatten.
    »In welcher Beziehung stehst du zu Josef?«, hatte ich ihn gefragt. »Was geht hier eigentlich vor und wie kann ich dir helfen?«
    »Ik weiß nicht, was du meinst«, sagte er und sein Blick war plötzlich kalt. »Ik habe nikts gegen Josef gesagt.«
    »Natürlich nicht, jedenfalls nicht zu mir.« Ich war entschlossen, nicht lockerzulassen. »Aber du kannst doch nicht abstreiten –«
    »Ik kann und ik tue es. Sprik nikt wieder von ihm, Grausleine .«
    Nach diesen Worten war er davongerannt.
    Die Musik hüllte mich ein, während ich dirigierte, sie beglückte mich und machte, dass ich wieder ich selbst war. Der Chor schmetterte die letzte Strophe: Unverdient wird Gnade uns zuteil, als Spiegelbild des Himmels erwartet uns das Heil . Ich lächelte meinen Sängern herzlich zu und sie dankten es mir fünfzigfach.
    Dann verließ der Chor die Bühne und das kleine Orchester nahm Platz. Meine Arbeit war getan, nun konnte ich so oft tanzen, wie ich wollte, das heißt: genau ein Mal. Es war nett von Kiggs, dass er die Pavane ausgewählt hatte, denn dabei musste man immer nur im Kreise schreiten, eine Aufgabe, die ich meistern konnte.
    Diener huschten durch den Saal und stellten die Stühle und Bänke an die Wand, bestückten die Kandelaber mit neuen Kerzen und brachten den Gästen Erfrischungen. Ich verging fast vor Durst; auf der Bühne war ich richtig ausgetrocknet. Ich steuerte den Tisch mit den Getränken auf der gegenüberliegenden Seite des Saals an und stand plötzlich direkt hinter dem Ardmagar. Er sagte gerade prahlerisch zu einem Diener: »Natürlich trinken unsere Gelehrten und Diplomaten nichts, was berauscht. Aber das ist kein Gesetz, eher eine Empfehlung, ein Zugeständnis an euer Volk, das bei dem Gedanken an einen Drachen, der die Selbstbeherrschung verliert, wahnsinnig wird vor Angst. Wie die Menschen vertragen manche Drachen viel, andere wenig. Wenn jemand Wein so vernünftig trinkt wie ich, dann kann nichts Schlimmes passieren.«
    Seine Augen glänzten, als er den Becher nahm, den man ihm reichte; er sah sich im Raum um, als wäre er aus purem Gold. Andere Gäste, aufgeputzt wie leuchtend rote Mohnblumen, stellten sich paarweise für den nächsten Tanz auf. Das Orchester hatte seine Instrumente gestimmt und spielte eine heitere Melodie.
    »Seit vierzig Jahren habe ich die menschliche Gestalt nicht mehr angenommen«, sagte der Ardmagar. Ich begriff nicht sofort, dass er mit mir gesprochen hatte. Er drehte den Becher zwischen den Fingern und blickte mich schief von der Seite an. »Ich hatte vergessen, wie das ist und wie sehr sich unsere Sinne von den euren unterscheiden. Seh-

Weitere Kostenlose Bücher