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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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wirbelte davon. Ihr Partner, Graf von Apsig, verstand sich aufs Tanzen. Bei seinem Anblick wurde mir ein wenig mulmig, aber er beachtete mich nicht. Wenn er gerade niemanden bedrohte, war er ein eleganter Tänzer und ein hübscher Galan. Sein düsteres Schwarz stand in reizvollem Kontrast zu Glisseldas rosenfarbenem Gewand, sie zogen die Blicke des ganzen Saales auf sich. Er tanzte so mit ihr, dass sie mir den Rücken zudrehen musste. Ich duckte mich diesmal vor ihren weiten Ärmeln weg, aber sie rief mir zu: »Hat Lucian schon mit dir geredet? Ich habe dich gar nicht tanzen gesehen!«
    Kiggs hatte ihr alles über Imlann erzählt. Ich konnte nur hoffen, dass sie nicht alles gedankenlos beim Grafen ausplauderte. »Wir warten auf die Pavane«, sagte ich, als sie wieder an mir vorbeitanzte.
    »Feiglinge! Das mit dem Tanzen war meine Idee. Auf diese Weise kann man nicht so leicht belau–« Und schon wirbelte Josef mit ihr wieder davon.
    Ich hatte das Ende des Satzes nicht verstanden, aber ich wusste genau, was er meinte.
    Der zweite Tanz ging zu Ende und fast ohne jede Pause begannen die Musiker mit einer Sarabande. Ich beobachtete die Tanzpaare, die an mir vorbeischritten. Comonot war nicht der Einzige, der hingerissen war von all dem Pomp. Glisselda tanzte immer noch mit Josef, was ihm spitze Blicke von ihrer Mutter eintrug. Der Graf von Apsig war zwar nicht irgendwer, aber die Zweite in der Thronfolge tanzte auch nicht zum Spaß. Auf dem Parkett wurde hohe Politik gemacht.
    Kiggs tanzte die Galliarde mit Amerta, der Tochter des Grafen Pesavolta von Ninys, die Gavotte mit Regina von Samsam, und nun wirbelte er bei der Sarabande mit einer Gräfin, die ich nicht kannte, durch den Saal. Er tanzte gut, wenn auch nicht so auffallend wie Josef, und es schien ihm Spaß zu machen. Er lächelte die Gräfin an, es war ein wunderbares, heiteres, unbefangenes Lächeln, und einen Moment lang konnte ich bis tief in sein Innerstes blicken. Das war schon beim Begräbnis so gewesen, wurde mir plötzlich klar. Er trug das Herz nicht auf der Zunge, aber er trug es an einem Ort, an dem ich es sehen konnte.
    Die Sarabande zog sich hin. Nach jedem dritten Tanz stand ein Teil des Orchesters auf und machte eine »Pastetenpause«, wie die Musiker es dezent nannten. Die anderen Musiker spielten währenddessen etwas Belangloses, das sich so lange wiederholte, bis alle wieder da waren. Es war eine nette Gepflogenheit, bei der die Tänzer verschnaufen konnten und vor allem die Älteren – nicht zuletzt auch die Königin – nicht völlig außer Puste kamen.
    Neben mir standen Prinzessin Dionne und Lady Corongi und aßen ausgerechnet Pastete. »Pastetenpause« war natürlich nur eine Umschreibung, aber sich diese beiden hochwohlgeborenen Damen dabei vorzustellen, ging mir dann doch etwas zu weit.
    »Ich muss gestehen, ich bin entsetzt über den Ardmagar«, sagte Lady Corongi und tupfte die Mundwinkel vorsichtig mit einem Taschentüchlein ab, um das Rouge auf ihren Lippen nicht zu verschmieren.
    »Es war nicht seine Schuld«, sagte die Prinzessin. »Er ist klein und er ist gestolpert. Mein Dekolleté war einfach nur im Weg.«
    Ich versuchte mir auszumalen, was geschehen war, und bereute es gleich wieder.
    »Er ist ein Narr«, sagte Lady Corongi mit verkniffenem Gesicht. Sie blickte sich verschlagen um, ehe sie hinzufügte: »Wie es wohl sein mag, mit so jemandem das Bett zu teilen?«
    »Clarissa!« Prinzessin Dionnes Lachen erinnerte mich an Glisselda. »Ich bin entsetzt, du keckes Frauenzimmer. Du kannst Drachen doch nicht ausstehen!«
    Lady Corongi lächelte anzüglich. »Ich habe ja auch nicht davon geredet, ihn zu heiraten. Aber man hört so einiges …«
    Ich hatte keine Lust, dieses Gespräch länger zu belauschen, deshalb ging ich zu dem Tisch mit den Getränken. Dort stand ausgerechnet Graf von Apsig und beschwerte sich lautstark. »Wir Samsamesen – jedenfalls die, die es mit ihren Überzeugungen ernst nehmen – trinken dieses Teufelszeug nicht«, schnauzte er einen bemitleidenswerten jungen Diener an. »Sankt Abaster hat es auch nie getan. Sollte ich etwa das Vorbild dieses heiligen Mannes mit Füßen treten?«
    Ich verdrehte die Augen. Ich war selbst kein großer Freund des Weins, aber man konnte auch freundlicher um eine Tasse Tee bitten. Ich tauchte wieder in der Menge unter und bahnte mir einen Weg durch ein Dickicht aus hauchzarten Schleiern und hermelinbesetzten Schleppenkleidern, bis ich den Saal beinahe einmal umrundet hatte.

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