Serafinas später Sieg
vergraben.
»Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten, Serafina«, sagte er.
Sie mußte sich nicht dazu überwinden, seinem Wunsch zu entsprechen, Maria Garzoni vorübergehend bei sich aufzunehmen. Das Mädchen könnte mit Francesco spielen und ein Auge auf die neue Amme haben. Sie war mit Freuden dazu bereit, denn es gab ihr die Möglichkeit, alte Schulden zu bezahlen: bei Constanza, die nach Galeazzos üblem Scherz dafür gesorgt hatte, daß sie ins Haus gebracht wurde, und bei Galeazzo Merli, der sie zum Gespött gemacht hatte, als sie am verwundbarsten war.
Thomas verriegelte die Tür und zog Serafina an sich, und als sie auf das Sofa sanken, erschien ein bitteres Lächeln in ihren Mundwinkeln: Angelo hatte ihren Tod gewollt, ihr Leben zerstört, und dennoch wünschte sie, es wären seine Zärtlichkeiten, denen sie sich überließ, es wäre sein Körper, den sie willkommen hieß.
DREIZEHNTER TEIL
1597
ANGENEHME TAGE
IN ALEPPO
Im Jahre des Herrn 1583 machte ich, Ralph Fitch, mich mit der maßgeblichen Unterstützung der Londoner Bürger und Kaufleute, des ehrenwerten Sir Edward Osborne und Mr. Richard Stapers, mit einem Schiff namens Tiger auf den Weg zu den Ostindischen Inseln. Wir segelten zunächst nach Tripolis in Syrien und von dort nach Aleppo. Nach einigen angenehmen Tagen in Aleppo fuhren wir weiter nach Birma.
Ralph Fitchs Reise von Goa nach Siam:
Richard Hakluyt
Für die Repräsentanten der English Levant Company – John Keane, Kapitän der Legacy , Edward Whitlock, Kapitän der Garland und Izaak Taylor, Kapitän der Saviour of Bristol – bildete das »Inn of the Customs« in Aleppo den Schlußpunkt einer anstrengenden Reise.
Aber wir haben gute Fahrt gemacht, dachte John Keane, als ein Diener sie in der großen Herberge für europäische Kaufleute zu ihren Zimmern führte. Sie hatten Ende Oktober das Kap umrundet – gottlob unbehelligt von, wegen der schmählichen Niederlage im Jahre 1588, noch immer rachedurstigen Spaniern. Im Dezember erreichte der Konvoi Livorno, das für den größten Teil des Jahres 1595 John Keanes zweite Heimat gewesen war und wo nun die notwendigen Reparaturen vorgenommen und die Vorräte ergänzt wurden. Dann segelten sie weiter nach Scanderoon und brachten per Kamel den Weg nach Aleppo in drei strapaziösen Tagen hinter sich.
Als John Keane seine Kleider abstreifte und sich mit erfrischend kaltem Wasser den Reisestaub abwusch, dachte er freudig an das, was vor ihm lag: das Handeln und Schachern, das Erzielen eines zusätzlichen Gewinns von ein paar Dukaten beim Verkauf von einem Ballen Wollstoff oder einem Faß Zinn. Er war eigentlich kein Seemann, kein Abenteurer, dessen Lebensglück die Entdeckung neuer Routen und Länder war, kein Anthony Jenkins oder Ralph Fitch, die es in ferne Wüsten oder unbekannte Gewässer trieb. Er ertrug die Monate auf See nur, weil sie ihn zu dem Ziel führten, das ihn faszinierte: der Handel.
Er kleidete sich an – leuchtend rotes Wams, farblich passendes Beinkleid, schlichte Spitzen an Kragen und Manschetten des weißen Hemdes – und fuhr sich mit angefeuchteten Händen durch die schütteren Haare, um sie in Form zu bringen. Jenseits der geschlossenen Fensterläden pulsierte das Leben von Aleppo. Der Muezzin rief zum Gebet, Träger eilten, mit fortgesetzten Rufen »Aus dem Weg!«, beladen mit Gepäckstücken und Körben, durch das Gewimmel auf den Märkten und Straßen. Die Gerüche von Kamel- und Pferdemist, Kaffee und Gewürzen vereinten sich in der weiten levantinischen Luft zu einer berauschenden Mischung. John ließ Tageslicht herein und machte sich daran, vor dem kleinen Spiegel Bart und Schnurrbart zu stutzen. Als er fertig war, lächelte er sich zufrieden zu.
Das Haus des Vizekonsuls lag in einem der hübscheren Viertel Aleppos. Der amtierende Vizekonsul, George Dorrington, begrüßte die Kapitäne der englischen Schiffe mit überströmender Herzlichkeit und bat sie in einen großen Raum, der teils europäisch, teils türkisch eingerichtet war. Drei Feuer in Holzkohlenpfannen führten einen aussichtslosen Kampf gegen die hereindringende Kühle: Wie in der Türkei allgemein üblich, war auch hier kein Glas in den Fenstern.
»Hatten Sie eine gute Reise?« fragte George Dorrington und bot seinen Gästen Platz an.
»Ganz gut.« Edward Whitlock setzte sich auf einen Hocker, John Keane und Izaak Taylor ließen sich ungeschickt auf niedrigen, mit Kissen belegten Bänken nieder. »Am Kap gerieten wir in
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