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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Lebensweise der orientalischen Völker war als die der Christen. Mit Haschisch und Opium konnte man inneren Frieden erlangen – einen Frieden, den Alkohol ihm niemals hatte spenden können. Er hatte Jehans Abhängigkeit von dieser Droge, die entweder lethargisch oder böse machte, nie verstehen können. Durch Wein konnte man keinen Zustand angenehmer Sorglosigkeit und das Versinken in unbeschwerte Behaglichkeit erreichen. Doch er würde sich diesen Genuß für später aufsparen. Es gab Vergnügungen, auf die Opium sich nachteilig auswirkte, und Angelo beabsichtigte, sich diesen so bald wie möglich in aller Ausführlichkeit zu widmen. Schließlich erwartete ihn bei seiner Rückkehr nach Florenz eine Braut, die ihm – das hatte er bei dem kleinen Intermezzo auf der Galerie des Palazzo Nadi erkannt – keinerlei sinnliche Freuden bereiten würde. Der einzige Vorteil, den er aus dieser Heirat ziehen würde, wäre ein finanzieller.
    Der Korsar legte seine Pfeife beiseite. »Die Tage der Galeeren sind gezählt, Bruder. Die neuen europäischen Schiffe können bei jedem Wetter segeln und zu jeder Jahreszeit. Sie sind stark und schnell, und man braucht keine Ungläubigen, um sie fortzubewegen. Auch wir müssen mit der Zeit gehen, sonst können wir nicht überleben.«
    Die türkischen Soldaten hatten zu streiten begonnen. Jetzt sprangen sie auf und zogen ihre Krummsäbel. Trinkgefäße zerbrachen, Metall klirrte auf Metall. Der Wirt verscheuchte hastig den Zimbalspieler, um Platz für die Tanzmädchen zu schaffen. Der Fremde neben Hamid hatte seine Karaffe geleert und lehnte nun mit verschränkten Armen und geschlossenen Augen an der Wand und schnarchte leise.
    »In Scanderoon liegt ein Schiff, das dich interessieren dürfte«, sagte Angelo unvermittelt. »Ein englisches – von der Levant Company. Es heißt Garland .«
    Sechs Tänzerinnen eilten in die Mitte des Raumes – vier erwachsene Frauen und zwei Mädchen von etwa vierzehn Jahren, die offenbar Zwillinge und gleich gekleidet waren. Alle waren Armenierinnen mit dunklen Haaren und elfenbeinweißer Haut, an ihren mit Borten und Litzen besetzten Gewändern klingelten Glöckchen, und in den Händen hielten sie bändergeschmückte Tamburine. Am Rand der Tanzfläche ließen sich ein Trommler und ein Fiedler auf dem Boden nieder. Der Blick des Korsaren kehrte zu Angelo zurück. »War das nicht das Schiff, dessen Zinn du mir verkaufen wolltest?«
    Die Erinnerung daran ließ Angelo den Schweiß ausbrechen. Er lockerte die Verschnürung seines Wams am Hals und wischte sich mit einem seidenen Taschentuch die Stirn ab, was ihm einen verwunderten Blick Hamids einbrachte, denn die Fenster der Taverne waren nicht verglast und ließen die kühle Abendluft herein. »Sehr richtig«, antwortete er. »Ich habe mich erkundigt. Außer der Garland sind noch zwei weitere Schiffe der Levant Company dort. Die Kapitäne befinden sich derzeit in Aleppo, werden jedoch bald hierher zurückkommen.« Die Tänzerinnen hatten begonnen, sich im Rhythmus der Musik in den Hüften zu wiegen und zu drehen. Angelo war besonders angetan von den Zwillingen. Ohne die beiden Mädchen aus den Augen zu lassen, fuhr er fort: »Die Garland ist nicht besonders groß und schon etwas altersschwach, aber die beiden anderen – die Legacy und die Saviour of Bristol – sind wahre Prachtstücke von Galeonen. Nimm eine von ihnen mit nach Hause, und du hast ein Muster für deine neue Flotte. Dann brauchst du nur noch einen guten Schiffsbauer.«
    »Oh«, Hamid lehnte sich lächelnd an die mit Kissen gepolsterte Wand, »Schiffsbauer fangen wir uns aus dem Meer wie Fische – ebenso wie die Besatzungen.« Fünf der Tänzerinnen hatten sich an den Rand der Tanzfläche zurückgezogen, um der sechsten Platz für ihren Soloauftritt zu machen. Sie kniete sich auf den Boden und bog ihren Oberkörper so weit nach hinten, daß ihre vollen, runden Brüste fast aus dem Ausschnitt sprangen. »Sie heißt Leilah«, sagte Hamid leise: »Das bedeutet ›schwarz wie die Nacht‹.« Die üppige Haarflut der jungen Frau ergoß sich wie ein dunkler Wasserfall in den Staub. Goldene und silberne Ketten schmückten ihre Hand- und Fußgelenke, und als Angelo die Augen zusammenkniff, sah er nur noch blitzende Lichter, die eine fast hypnotische Wirkung auf ihn ausübten. Die Gäste waren verstummt. Die heiseren Töne, die der Fiedler seinem zweisaitigen Instrument entlockte, und der dumpfe Rhythmus der Trommel füllten den Raum. Die Trommelschläge

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