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Serafinas später Sieg

Serafinas später Sieg

Titel: Serafinas später Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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gehen. Was zwischen uns vorgefallen ist – ich fürchte …« Sie brach ab, entzog ihm ihre Hände, wischte sich die falschen Tränen vom Gesicht und sagte mit erstickter Stimme: »Ich habe mich in letzter Zeit schon des öfteren nicht wohl gefühlt, Signor Capriani. Es sind Beschwerden, mit denen eine Frau rechnen muß, wenn sie das Bett eines Mannes teilt.«
    Obwohl sie sich deutlich ausgedrückt hatte, brauchte er eine Weile, um zu verstehen – doch schließlich ergriff er erneut ihre Hände und drückte sie fest.
    Sie hob den Blick, wartete, bis die Verwirrung in seinen Augen von Begreifen und dann von Stolz abgelöst wurde, und erklärte mit scheinbarer Entschlossenheit: »Ich werde den Bastard nicht in Ihrem Haus austragen, Signor Capriani – diese Schande würde ich Ihnen niemals antun.«
    Schweiß rann zwischen ihren Brüsten hinunter. Erregung wallte in ihr hoch – und Angst. Sie hatte ihn vor die Wahl zwischen Begierde und gesundem Menschenverstand gestellt. Plötzlich war sie sich ihrer Wirkung nicht mehr so sicher. Ihre Zukunft hing an einem seidenen Faden. Regungslos blieb sie sitzen und harrte seiner Reaktion. Sie wagte kaum zu atmen, doch sie mußte sich zwingen weiterzusprechen. »Ich werde ein anderes Heim für Ihren Sohn finden«, sagte sie leise und wußte, daß sie die richtigen Worte gewählt hatte. Niemals würde er es zulassen, daß sie ihm einen Sohn vorenthielte, den er zu einer Zeit gezeugt zu haben glaubte, da er sich bereits dem Grab nahe gewähnt hatte. Als er ihre Hände an die Lippen führte, wußte sie, daß sie gewonnen hatte.
    Als sie ins Haus zurückkamen, befand die Kurtisane Constanza sich im Aufbruch. Bei der Verabschiedung rutschte ihr das Seidentuch vom Kopf, und Serafina sah zum ersten mal ihre linke Gesichtshälfte.
    Die rechte Seite war makellos, wachsglatt wie Magnolienblätter, ohne eine Spur jemals vergossener Tränen – doch auf der linken zog sich eine dünne weiße Narbe den Unterkiefer entlang. Hatte ein eifersüchtiger Liebhaber ihr diese Verletzung zugefügt? Das Leben einer Frau ihrer Profession barg gewiß Gefahren …
    Trotz seiner Verbrennungen ritt Thomas Marlowe einige Tage nach dem Feuer nach Pisa. Da er kein Mensch war, der resignierte, hatte er sofort nach dem Brand begonnen, den noch verbliebenen Holzvorrat zu inspizieren, alle Holzhändler von Livorno aufzusuchen, und schließlich akzeptierte er die schwierige Lage, in der er sich befand. Er hatte kein Geld und kein Baumaterial, er hatte Schulden und mußte seine Leute bezahlen und die Liegegebühren für das Trockendock. Wenn nicht bald ein Wunder geschähe, würde die Kingfisher niemals in See stechen. Doch mit den Wundern war das so eine Sache. Thomas beschloß, nicht darauf zu warten, sondern etwas zu unternehmen.
    Eigentlich hätte er verzweifelt sein müssen – falls Signor Capriani sich bereit erklärte, ihm zu helfen, würde er die nächsten Jahre im Mittelmeer festsitzen –, doch er war mitnichten verzweifelt. Im Gegenteil, seit der Nacht im Palazzo Sacchetti war er von einer angesichts seiner mißlichen Situation völlig unangebrachten Fröhlichkeit erfüllt, und die Aussicht, Serafina wiederzusehen – wenn auch nur zu einer geschäftlichen Besprechung –, hob seine Stimmung beträchtlich. Nach der Ankunft in Pisa stellte er sein Pferd bei einer Taverne unter und machte sich auf den Weg zu Signor Caprianis Haus.
    Dort wurde er nicht vom Hausherrn empfangen, sondern von Serafina. Sie trug dasselbe Kleid wie bei seinem ersten Besuch in Pisa: grau, mit einem schlichten weißen Kragen und engen, langen Ärmeln. Doch diesmal hing eine goldene Kette um ihren Hals, und Juwelen schmückten Ohren und Finger. Die triste Farbe ihres Gewandes stand in auffallendem Kontrast zu dem rosigen Schimmer ihrer Wangen.
    Thomas nahm den Hut ab und verbeugte sich. »Guten Tag, Mademoiselle Guardi.«
    Serafina reichte ihm die Hand zum Kuß. Er folgte ihr in einen kleinen Salon, dessen Mobiliar sich in einem wackeligen Tisch und zwei Stühlen erschöpfte. Der Raum roch muffig, in den Ecken spannten sich Spinnweben.
    »Haben Sie von dem Feuer in den Docks von Livorno gehört?« begann Thomas das Gespräch.
    Serafina nickte. »Ich wünschte, ich hätte Holz gekauft.«
    Einen Augenblick wußte er nicht, ob er zornig oder belustigt sein sollte. Dann lachte er leise. »Unglücklicherweise hatte ich Holz gekauft. Das meiste davon ist jetzt nur noch zum Heizen zu verwenden. Die Holzhändler haben ihre Preise in

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