Serafinas später Sieg
gab eine lächerlich einfache Erklärung für die Beschwerden, die sie in der letzten Zeit gequält hatten. Sie war schwanger! Auf dem Bankett im Palazzo Merli, in Gegenwart der gesamten toskanischen Prominenz und ihres schnarchenden Ehemannes, war es ihr klargeworden. Sie hatte den englischen Steuermann nicht aus Empörung über die Wette geohrfeigt, sondern aus Wut darüber, daß er ein Mann war, der ohne Bedenken genießen konnte, während der Fluch ihres Geschlechts ihrem Leben eine Wendung gab, mit der sie nicht gerechnet hatte und die sie mit Abscheu erfüllte. Und mit Angst – Angst davor, ihren geplanten Kampf nun nicht mehr führen zu können.
Die bösartigen Narren hatten ihre Wette bereits verloren! Sie hatte seit ihrer Verheiratung keine Periode mehr gehabt. Nicht mehr seit – sie setzte sich kerzengerade im Bett auf und starrte mit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit – vier, nein sechs Wochen vor ihrer Hochzeit! Zahlen wirbelten durch Serafinas Kopf und ordneten sich dann zu einer Rechnung, die nur einen Schluß zuließ. Es dauerte vierzig Wochen, bis ein Kind geboren wurde, und um den Tag der Geburt zu errechnen, brauchte man den Zeitpunkt der Empfängnis. Serafina kniete sich neben dem schnarchenden Jacopo ins Bett und versuchte sich zu erinnern, wann ihr das erste Mal schlecht gewesen war. Im Palazzo Merli! In dem verdammten Garten mit den Zitronenbäumen! Damals hatte sie eine Schwangerschaft vorgetäuscht, um ihre Verheiratung zu erzwingen – als unwiderstehliche Bestätigung der Männlichkeit für einen alten Mann. Und jetzt stellte sich heraus, daß sie in Wahrheit damals schon schwanger war !
Ein Kind hatte keinen Platz in ihren Plänen: Babys machten Arbeit, schrien ständig, waren häßlich und störend. Schwangerschaft verunstaltete die Frauen, manche kostete sie sogar das Leben. Sie würde genauso verunstaltet wie Signora Merli, die bleich und hohlwangig mit unförmigem Bauch daherwankte. Schwangere waren ein Objekt des Mitleids oder des Spottes – es sei denn, sie besaßen die Klugheit, sich für die Dauer ihres Zustands hinter geschlossenen Türen zu verstecken. Die Schwangerschaft schloß Frauen unweigerlich aus der Welt der Männer aus, in die vordringen zu wollen Serafina die Kühnheit besaß. Sollte das nun alles vorbei sein? Schwanger, im Kindbett oder stillend würde sie Angelo nicht bekämpfen, sich nicht zurückholen können, was ihr gehörte. Die Natur warf sie in einen Kerker, der ihr schlimmer erschien als das Bagno von Algier.
Doch damit nicht genug. Die Erkenntnis, schwanger zu sein, brachte noch eine weitere Tatsache mit sich. Wenn Jacopo nicht neben ihr gelegen hätte, wäre Serafina schreiend durch das Zimmer gerannt. Voller Verzweiflung verkrampfte sie die Hände ineinander. Der Zeitpunkt ihrer ersten Übelkeit bedeutete, daß sowohl ihr Mann als auch Thomas Marlowe der Vater dieses Kindes sein konnte!
Drei Tage nach dem Bankett in Lucca setzte die Garland Segel für die Reise nach Zakynthos im Ionischen Meer. Sie hatte Zinn und Stoffe geladen und sollte Korinthen zurückbringen. Es würde eine vergleichsweise kurze Fahrt – nicht einmal halb soweit wie nach Aleppo –, aber wenn das Schiff nicht neidischen Franzosen oder Venezianern oder Korsaren jeglicher Nationalität in die Hände fiele oder Opfer eines Unwetters würde, könnte es eine profitable sein.
Abgesehen von der Ladung, hatten sie Öl, Wein, Schinken, Rindfleisch, Salz und Bohnen mitgenommen. Sie hätten natürlich unterwegs anlegen und ihre Vorräte ergänzen können, doch die dann fälligen Gebühren hätten den Gewinn nicht unwesentlich geschmälert. Außerdem hätte jede Unterbrechung einen Zeitverlust bedeutet, und der Kapitän wollte die Reise so schnell wie möglich hinter sich bringen.
Es hatte Thomas einen vollen Tag und all seine Geduldreserven gekostet, John Keane dazu zu überreden, ihn nach Zakynthos segeln zu lassen. Keane wollte auf den Konvoi der Gesellschaft warten. Es widersprach den Gepflogenheiten der Levant Company, ein Schiff allein fahren zu lassen. Die Ladung der Garland lag sicher in Livorno – warum sollte man das Risiko eines Alleingangs über die offene See eingehen? Doch schließlich gab John Keane zu, daß die Reise nach Zakynthos nicht weit war, die Ladung, solange sie auf Halde lag, keinen Gewinn abwarf und Thomas, wenn alles gutginge, wieder zurück wäre, bevor der Konvoi einträfe.
Insgeheim hatte John Keane es für klug gehalten, Thomas' Ansuchen zu
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