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Serenade für Nadja

Serenade für Nadja

Titel: Serenade für Nadja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zülfü Livanelli
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Duran erwartet.
    Ich zitterte am ganzen Leib, und sogar das Atmen fiel mir schwer. Ich schaffte es gerade noch auf die Toilette, wo ich mich so lange übergab, bis nur noch Galle herauskam.
    Da klingelte das Telefon wieder. Mechanisch hob ich ab. Eine Frauenstimme sagte: »Frau Duran?«
    »Ja?«
    »Ich rufe Sie von der Zei…«
    Schon legte ich auf. Es kamen ständig neue Anrufe, von lauter verschiedenen, mir unbekannten Nummern. Da stellte ich die Klingel stumm und sah nur noch das rote Lichtlein am Telefon blinken.
    Im tiefsten Innern fühlte ich, dass diese Zeitungsmeldung mein Leben auf den Kopf stellen würde. Ich ging in die Küche und machte mir einen starken Kaffee, den ich aber kaum hinunterbrachte, weil mein Magen gleich wieder rebellierte. Erst mit einem Schuss Milch und einem Keks ging es etwas besser.
    Mein Herz aber flatterte wie ein in die Falle gegangenes Vögelchen. Mir war, als stünde ich nackt in den Straßen von Istanbul. Irgendwie musste ich mich wieder beruhigen. Sollte ich etwa mitten am Vormittag schon Portwein trinken? Beim bloßen Gedanken wurde mir übel.
    Da fiel mir das Medikament ein, das Filiz mir mal gegeben hatte, als ich nicht schlafen konnte. Lexotanil hieß es, und es war in meinem Nachtkästchen. Benutzt hatte ich es noch nie. Jetzt holte ich die Schachtel, nahm eine Tablette ein und ging dann im Wohnzimmer auf und ab.
    Wahrscheinlich stand die Meldung auch in anderen Zeitungen, und die Sache würde sich herumsprechen. An der Uni zerrissen sich wahrscheinlich sämtliche Angestellten, Dozenten und Studenten das Maul über mich. Eine Sechsunddreißigjährige mit einem Siebenundachtzigjährigen, das war doch ein gefundenes Fressen und Anlass zu tausend Scherzchen.
    Und Kerem? Er las zwar keine Zeitung und seine Schulkameraden kannten mich nicht, aber aus dem Internet konnte er doch alles erfahren.
    Nach einer Weile begann das Medikament seine Wirkung zu tun. Zwar verspürte ich den Schmerz nicht weniger intensiv, doch sah ich alles aus immer größerer Distanz. In Armen und Mundbereich bekam ich ein taubes Gefühl, und mein Kopf wurde leichter. Ich legte mich aufs Bett und blieb lange so liegen, ohne noch irgendetwas denken zu können. Das Telefon auf der Kommode blinkte weiter vor sich hin.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so verharrte, doch als ich wieder aufstand, ging es mir besser. Den ersten Schock hatte ich wohl überwunden. Ich nahm ein Bad und zwang mich danach, etwas zu essen.
    Schließlich riss ich mich zusammen und machte mich daran, einen Plan zu fassen. Durch eine Lüge dieses widerwärtigen Süleyman durfte ich mir mein Leben nicht kaputtmachen lassen. Ich war intelligenter als er, und gebildeter auch. Und ich würde kämpfen.
    Ich nahm das Telefon in die Hand und wählte die Nummer der Zeitung, die mich am Morgen angerufen hatte.
    »Sibel«, meldete sich die Frau.
    »Sie haben heute bei mir angerufen.« Als ich meinen Namen nannte, erkundigte sie sich nach dem Grund meines Anrufs. »Ich möchte eine Erklärung abgeben«, fuhr ich fort.
    »Soll ich kommen und ein Interview mit Ihnen machen?«
    »Nein, ich will nur die Erklärung abgeben.«
    »Und was für eine?«
    »Dass die Meldung, die Sie da veröffentlicht haben, nichts mit der Wahrheit zu tun hat.«
    »Das haben wir auch nicht behauptet. Wir haben nur geschrieben, dass an der Universität solche Behauptungen im Umlauf sind.«
    »Jetzt hören Sie mal zu. Ich bin Mutter eines vierzehnjährigen Sohnes, und ich habe Eltern, und einen Bruder, der Oberst ist. Können Sie sich eigentlich vorstellen, wie ich seit Ihrem Artikel vor denen dastehe?«
    »Beruhigen Sie sich, Frau Duran.«
    »Wie soll ich mich beruhigen, wenn Sie mich vor der ganzen Stadt zum Gespött gemacht haben? Bringen Sie jetzt wenigstens meine Gegendarstellung heraus und schreiben Sie, dass ich diese Behauptungen zurückweise.«
    »Machen wir doch lieber gleich ein Interview, dann können Sie alles so darstellen, wie Sie es sehen. Was meinen Sie?«
    Und schon hatte sie mich überredet.
    »Schreiben Sie sich meine Adresse auf.«
    »Die haben wir. Wir fahren gleich los.«
    Ich brachte meine Frisur in Ordnung und räumte das Wohnzimmer auf. Als ich merkte, dass meine Mutter es fünf Mal bei mir versucht hatte, rief ich sie zurück.
    »Ach, Maya, mir wäre bald das Herz stehengeblieben. Wo steckst du denn?«
    »Hast du das in der Zeitung gelesen?«
    »Ja.«
    »Es ist alles gelogen, Mama, erstunken und erlogen.«
    »Das weiß ich doch. Meinst du, ich kenne

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