Serum
das eigene Volk richten. Sagen Sie mir, was Sie über HF-109 erfahren haben. Sagen Sie mir, wer sonst alles davon weiß.«
»Sie sind einer von uns? Dann geben Sie mir eine Waffe.«
»Ich verstehe. Sie trauen mir nicht.«
Die anderen drängten näher, sie wollten das Wiedersehen nicht in eine Konfrontation abgleiten lassen.
Bevor noch einer etwas sagen konnte, war ich wieder eingeschlafen.
»Vertrau ihm. Er ist von sich aus zu uns gekommen«, sagte Danny, als ich das nächste Mal erwachte. Wir waren allein. Ein Fernseher lief stumm im Hintergrund. Das Bild zeigte Aufnahmen von Straßenunruhen mit dem Untertitel »Gewalttätige Demonstration in Los Angeles«. Eine Polizeikette bewegte sich auf eine Menge zu, die Transparente schwenkte.
»Mal sehen«, sagte ich und winkte nach Papier und Bleistift.
»Eisner ist sozusagen desertiert. Er hat uns zur Flucht verholfen, kurz bevor das FBI kam. Jetzt suchen sie auch nach uns.«
»Dann steht er vielleicht wirklich auf unserer Seite.« Ich schrieb auf den Zettel: »Mikrophone?«
Danny schüttelte den Kopf. »Das Land ist außer Rand und Band. Generäle werden gefeuert. Rücktritte im Justizministerium. Ein Richter hier. Ein Unterstaatssekretär da. Extremisten rücken in Schlüsselpositionen auf. Ich war in Ländern stationiert, wo Vergleichbares geschah. Ich hätte nie gedacht, dass es auch in den USA passieren könnte.«
Ich schrieb: »Agenten im Hinterhalt?«
»Der Präsident peitscht ein Kriegsrechtsgesetz durch, damit er bei den Krawallen Bundestruppen einsetzen kann. – Verdammt, Eisner hat uns Waffen mitgebracht. Seine eigenen Sachen. Bobcat BW 5 Gewehre. AR-15. Glocks. Wir patrouillieren bei Nacht damit.«
Ich schrieb: »Der Vorsitzende meinte, wir sollten uns von ihm fernhalten.«
Danny griff nach Stift und Papier und kritzelte: »Jemand setzt diese Droge ein, um die Macht im Land zu übernehmen. Sag Eisner, wer es ist, falls du es weißt.«
Der Fluss war vereist, und eine alte Landungsbrücke ragte auf zersplitterten Pfosten ins Wasser hinaus. In der Ferne sah ich einen Funkmast. Es war der nächste Morgen. Es ging mir inzwischen gut genug, dass ich einen kleinen Spaziergang machen konnte. Eisner und ich waren allein, soweit ich sehen konnte. Aber er trug ein Bobcat-Sturmgewehr, und ich war immer noch unbewaffnet. Er traute mir auch nicht.
Seine Agenten könnten im Wald versteckt sein.
»Wer genau ist hinter uns her, Eisner?«
»Die Kerle, die Sie verhaftet haben, gehören zu einer speziellen Inlands-Terrorabwehreinheit. Handverlesene Leute, wie es aussieht, aber Abschaum. Alles Kandidaten für das Militärgefängnis. Typen, denen es Spaß macht, anderen weh zu tun. Typen mit ganz speziellen politischen Einstellungen. Ich denke, sie arbeiten für denselben Boss wie die Royces. Danny hat mir von den beiden erzählt.«
Eiskristalle glitzerten überall, an gefrorenen Maisstengeln und Feldern, die einmal braun von Tabak gewesen waren, der Droge der Kolonialzeit. Der tief ausgefahrene, holprige Weg zum Ufer war vor Jahrhunderten angelegt worden, damit Sklaven den Tabak fässerweise auf Schiffe nach England rollen konnten. Wolken trieben über den unmarkierten Schlachtfeldern des Bürgerkriegs dahin, über Wäldern und von dem ungewöhnlichen Kälteeinbruch verwelkten Wiesenblumen.
»Mike, der Knast, in dem Sie waren, ist ein Geheimgefängnis für Terrorverdächtige«, meinte Eisner grimmig. Sein Atem gefror in der Luft. »Man kommt rein, aber nicht wieder raus.«
»Wenn er so geheim ist, wie haben Sie mich dann gefunden?«
Er bezwang seine Ungeduld. Ihm war klar, dass ich eine Menge durchgemacht hatte. Wir tranken Kaffee aus Styroporbechern und tappten in meinem Rekonvaleszententempo dahin. Unsere Schritte knackten auf dem Eis, das die lange begrabenen Knochen konföderierter Soldaten bedeckte.
»Gabrielle sagte, dass Sie von der Party weg verhaftet wurden. Niemand sah Sie weggehen, aber ich war gründlich, Mike. Es stellte sich heraus, dass einer von Keatings Nachbarn sich bei der Polizei über ein vor seinem Haus geparktes Auto beschwert hatte. Ich konnte es bis zu einem Offizier zurückverfolgen, der in diesem Gefängnis stationiert ist. Plötzlich kam mir ein Colonel aus Washington in die Quere, derselbe Alonzo Otto, der schon meine Nachforschungen nach Dwyers Tod gestoppt hatte. Er befahl mir, mich von Ihnen fernzuhalten.«
Ich erinnerte mich von Keatings Party her an Otto, der mich mit seinen schwarzen Augen fixiert hatte. Ich sagte:
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