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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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von der nahe gelegenen Flushing Bay Marina. An einem Papierkorb blieb ich stehen und zog eine zerknitterte New York Post heraus. Ein professioneller Beschatter – selbst der dümmste – würde sofort denken: Toter Briefkasten. Ich klemmte mir die Zeitung unter den Arm.
    Eine Welle des Ärgers über den Vorsitzenden erfasste mich.
    Hättest du mir nicht einfach Bescheid sagen können?
    Ich setzte mich auf eine Bank, schlug die Zeitung auf und überflog die Schlagzeilen. Es war eine spätere Ausgabe als die Times, die ich schon gelesen hatte, und der Bericht über die Studentenproteste war durch einen aktuelleren Artikel ersetzt worden: Marines verhindern Bombenanschlag. Aufgrund der von inhaftierten Terroristen erhaltenen Informationen hatte ein US-Spezialkommando einen Überraschungsangriff auf eine Basis des Globalen Dschihad im Nahen Osten durchgeführt.
    Schwerer Schlag gegen den Feind, lautete ein Untertitel. Brillante Geheimdienstarbeit.
    Zitiert wurde der Direktor der Nationalen Geheimdienste, der persönlich den Angriffsbefehl erteilt hatte. » Wir hatten Glück« , erklärte Richard Carbone aus dem Hamilton Club in New York, wo er einen Vortrag über strategische Abwehr im Zeitalter des Terrorismus halten sollte. Dwyers Klub.
    Weiter kam ich nicht. Mein Handy klingelte.
    »Ich sehe ihn«, sagte Danny. »Weiß. Mitte zwanzig. Schlank, aber muskulös. Marine-Corps-Tätowierung auf dem rechten Unterarm. Sonnenbrille, Baseballmütze der Detroit Tigers. Schwarzes Guayabera-Hemd und Jeans. Kanone hinten unter dem Hemd.«
    »Die Frau?«
    »Ich sehe keine Frau. Beweg dich ein bisschen, Boss. Sehen wir mal, ob er dir folgt und ob sie sich zeigt.«
    Ich klappte das Handy zu und faltete die Zeitung zusammen. Zielstrebig ging ich auf die Unisphere zu, als hätte mir das der Anruf gerade eben befohlen. Unter der riesigen Weltkugel blieb ich stehen und drehte mich um die eigene Achse, als hielte ich Ausschau nach jemandem. Irritiert klappte ich das Handy auf, tat so, als würde ich eine Nummer wählen und zuhören. Dann ging ich schnell hinten um die Kugel herum, so dass ein Verfolger seinen Standort ändern musste, um mich weiter im Auge zu behalten.
    Ich beschattete die Augen mit der Hand und blickte zum Parkplatz zurück. Unter einem Baum links von mir bemerkte ich einen Typ mit einer Baseballkappe. Dann klingelte mein Telefon wieder.
    »Keine Frau«, meinte Danny. »Und die Toilette ist leer. Du kannst loslegen, Boss.«
    Auf dem Weg zu der kleinen, öffentlichen Backsteintoilette entdeckte ich endlich Danny. Er hatte sich zerlumpte Khakihosen, schmutzige Turnschuhe und ein fleckiges weißes T-Shirt angezogen. Er hockte im Gras und wirkte halb benommen wie ein Betrunkener. Neben ihm stand eine braune Papiertüte, aus der ein Flaschenhals hervorlugte. Danny trank einen Schluck, vermutlich Wasser.
    Alter Undercover-Trick. Immer Kleidung zum Wechseln im Kofferraum haben.
    In der Toilette roch es nach Lysol. Ich musste tatsächlich mal und benutzte das Urinal in der Ecke, das am weitesten von der Tür entfernt war. Ich beeilte mich, zog den Reißverschluss zu und wartete.
    Eine Minute verging.
    Drei.
    Vielleicht klappt es doch nicht, dachte ich.
    Fünf Minuten verstrichen, ohne dass jemand eintrat, und mein Telefon blieb stumm. Also hatte Danny den Typen noch im Blick, und der Bursche war noch da draußen und fragte sich wahrscheinlich, warum ich nicht wieder herauskam und mit wem ich mich traf.
    Nach acht Minuten klingelte mein Handy ein einziges Mal und verstummte dann. Gleich darauf hörte ich Schritte und sah einen Schatten im Eingang. Absätze klackten über die Fliesen, und ich roch Aftershave. Dann spürte ich seine Gegenwart am nächsten Urinal. Er wollte sehen, ob ich mich mit jemandem traf, aber vermeiden, dass ich seine Stimme erkannte.
    »Wenn man erst mal die vierzig überschritten hat«, meinte ich ohne aufzublicken, um seine Aufmerksamkeit von Danny abzulenken, der hinter ihm hereinschlüpfte, »dann braucht man glatt zwanzig Minuten zum Pinkeln.«
    Als Danny den Mann auf den Hinterkopf schlug, rutschte ihm die Kappe seitlich herunter. Sein Gesicht wurde vor Überraschung schlaff, dann knallte sein Mund gegen das Urinal, und er stöhnte auf. Ich verpasste ihm ein paar schmerzhafte Schläge in die Nieren. Danny zog ihm die Automatik aus dem Gürtel. Es war eine 9mm-Glock.
    »Der Unterschied zwischen einem FBI-Agenten und einem Ex-Agenten ist der, dass der Ex-Agent so etwas tun kann«, sagte ich. Danny trat

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