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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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dröhnenden Güterzug zu begegnen, der da auf ihn zugerast kam. Nach ein paar Minuten holte er sich das nächste Bier.
***
    Er hatte die vierte Flasche schon fast geleert, als sein Handy wieder klingelte. Diesmal schaute er zuerst, wer dran war – Mitch.
    »Wo zum Teufel steckst du?«
    »Hör zu, Mitch ...«
    »Du solltest vor zwei Stunden schon in der George Street sein. Dieser Mistkerl Taylor hat sein Handy immer noch aus. Der ganze Tag ist im Arsch. Wo bist du denn?«
    »Hör zu ...«
    »Was?«
    »Es hat einen Unfall gegeben.«
    »Auf der Baustelle?«
    »Nein, bei mir zu Hause. Mein Sohn Mark ...«
    »Ach du Scheiße, Box, das tut mir leid. Ist er okay?«
    »Nein. Er ist gestorben. Er ist tot, Mitch.«
    Beide schwiegen einen Moment. »Um Gottes willen. Wie ist das denn passiert?«
    »Ein Unfall.«
    »Mit dem Auto?«
    Box antwortete nicht. Er starrte auf den Bildschirm, bis Mitch sagte: »Wo bist du jetzt?«
    »Am Flughafen. Ich warte auf meinen Flug nach Hause.«
    Wieder eine Pause, er hörte Mitch atmen. Die Luft aus dem Lüftungsschlitz floß wie Wasser auf ihn herab. Mitchs Atem drang rauh an sein Ohr. Box hatte auf einmal eine Vorahnung, wie es künftig um ihn herum sein würde, wie die Leute versuchen würden, die richtigen Worte zu finden. Sie würden sich unbehaglich fühlen in seiner Gegenwart. Es tut mir so furchtbar leid ... Ich war total geschockt, als ich das gehört habe ... Und Mitch kannte nicht einmal die Wahrheit. »Unfall« war nur ein – wie hieß das noch? – ein Euphemismus.
    »Kannst du mir einen Gefallen tun, Mitch?«
    »Klar, jeden.«
    »Mein Pickup steht hier am Flughafen, auf dem Parkplatz. Kannst du jemanden herschicken, um ihn abzuholen?«
    »Klar, kein Problem. Ich mache das heute noch.«
    »Ich deponiere den Schlüssel am Ticketschalter von Air New Zealand.«
    »Einer der Jungs bringt den Wagen nach Christchurch. Du wirst ihn dort brauchen.«
    »Mach dir keine Umstände.«
    »Ich muß sowieso ein paar Jungs hierherbringen.«
    »Danke, Mitch. Das ist sehr nett von dir.«
    »Schon okay. Sonst noch was?«
    Box hörte, wie froh Mitch war, wieder über praktische Dinge reden zu können.
    »Nein.«
    »Wenn du irgendwas brauchst, ruf mich einfach an.«
    »Danke.«
    »Paß auf dich auf. Und mein Beileid, Box.«
    Box legte auf. Er nahm die Flasche und kippte den Rest des Biers in einem Zug hinunter. Der Bildschirm zeigte schon wieder das Mädchen mit dem Pferdeschwanz. Sie schwang ab und wirbelte dabei eine Schneewolke auf. Mit einer behandschuhten Hand nahm sie die Skibrille ab. In ihrem makellosen Gesicht blitzten die schneeweißen Zähne. Sie schenkte Box ein Lächeln. Er prostete ihr mit seiner leeren Bierflasche zu.
    Box stand auf, schwankte ein wenig und setzte sich wieder hin. Er sollte wohl besser sein Sandwich essen. Er riß die Verpackung auf, und der Duft von Schinken und weichem Brot ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Zu seiner Überraschung bemerkte er, daß er großen Hunger hatte. Aber was war ein Schinkensandwich ohne Bier? Es waren schließlich immer noch eineinhalb Stunden bis zum Abflug. Er stand wieder auf, diesmal ein wenig vorsichtiger, und ging zur Theke, wo er gleich zwei Flaschen Bier kaufte. Nur um nicht unnötig Energie zu verschwenden.
***
    Als sein Flug aufgerufen wurde, wußte er schon nicht mehr genau, wie viele Flaschen es gewesen waren. Ungefähr ein halbes Dutzend, vorsichtig gerechnet. Tatsächlich wohl ein paar mehr. Freundlicherweise war die junge Frau von der Theke immer wieder an seinen Tisch gekommen und hatte die leeren Flaschen abgeräumt, so daß er keine Möglichkeit hatte nachzuzählen. Nach einer Weile kam ihm jedes Bier wie sein drittes vor. Eine halbe Stunde vor dem Boarding zwang er sich dazu, dem Schinkensandwich etwas folgen zu lassen, was man in seiner Jugend noch Käsetoast genannt hatte, was aber heute unter »Panini« firmierte. Es bekam ihm nicht gut.
    Seine Flugnummer wurde aufgerufen. Box stand vorsichtig auf und setzte sich in Bewegung. Seemannsgang, dachte er, oder besser Flugzeuggang. Haha. Noch war er ja nicht im Flugzeug. Scheiß drauf. Die Plastiktüte mit seinen nassen Sachen in der Hand, ging er zur Sicherheitskontrolle. Unterwegs kaufte er am Zeitungsstand noch eine Packung Kaugummi und steckte sich drei Stück auf einmal in den Mund. Es mußte ja nicht gleich jeder merken, daß er getrunken hatte. Box hatte nicht das Gefühl, betrunken zu sein – jedenfalls nicht so, daß er taumelte, hinfiel oder sich sonstwie

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