Settlers Creek
Mark. Sie würden den Leichnam identifizieren, und es würde jemand anderes sein, ein Junge, der wie Mark aussah, oder ein Dieb, der Marks Brieftasche geklaut hatte. So mußte es gewesen sein.
»Elizabeth hat Mark bereits identifiziert.«
Box’ Kartenhaus stürzte ein. Er sah Liz an. Davon hatte sie am Telefon nichts gesagt. Sie starrte in ihre Kaffeetasse. Box wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Er konnte sich nicht mal ansatzweise vorstellen, wie das für sie gewesen sein mußte.
Der Bestattungsunternehmer sprach noch immer. »Ich rechne fest damit, daß die Gerichtsmedizin Marks Leichnam morgen freigibt, spätestens aber Dienstag früh.«
Box spürte, wie sich seine Schultermuskeln noch mehr verhärteten. Seine Hände lagen flach auf dem Tisch, nun sah er, wie sie sich zu Fäusten ballten.
»Soll das heißen, ich kann meinen Sohn vielleicht weitere zwei Tage lang nicht sehen?«
»Wahrscheinlich morgen schon.«
»Verdammte Scheiße!«
»Das tut mir sehr leid.«
»Es ist schon ohne solche beschissenen Vorschriften hart genug!«
»Box«, hauchte Liz liebevoll.
»Hart genug«, wiederholte Box sanfter.
»Es ist ganz natürlich, daß Sie so aufgebracht sind. Ich verstehe das sehr gut. Diese Wartezeit ist wirklich eine Zumutung. Ich versichere Ihnen, daß ich den Pathologen bitten werde, sich zu beeilen.«
»Danke«, sagte Liz.
Box sah noch immer auf seine Fäuste. Der Bestattungsunternehmer schluckte erneut laut, das Geräusch nervte Box. »Bevor Sie kamen, Box, haben Elizabeth und ich über die Details der Beerdigung gesprochen. Wir müssen da noch heute ein paar Entscheidungen treffen. Die erste ist, wo Sie ihn beerdigen lassen wollen.«
»In der Bucht«, sagte Box. »In der Kirche dort, da liegt meine gesamte Familie. Meiner Großmutter gehört dort immer noch ein Stück Land.«
»Governors Bay? Elizabeth hat schon erwähnt, daß Sie da aufgewachsen sind.«
»Ja.«
»Nun, das ist sicher eine Option. Also würde dort das eigentliche Begräbnis stattfinden, bei dem vermutlich nur die Familie anwesend sein soll. Der Gottesdienst aber sollte meiner Erfahrung nach besser in der Stadt stattfinden. Ich sage das, weil ...«
Box unterbrach ihn. »Nein, die ganze Zeremonie soll dort stattfinden.«
»Ich dachte, das ist für viele vielleicht zu weit weg.«
»In einer knappen Dreiviertelstunde ist man da.«
»Ich habe mit Elizabeth schon ein paar andere Optionen durchgesprochen, die man zumindest in Betracht ziehen sollte.«
»Ich glaube nicht, daß es irgend jemandem was ausmacht, eine Dreiviertelstunde im Auto zu sitzen, um sich von meinem Sohn zu verabschieden. Und wenn doch, dann wollen wir den sowieso nicht dabeihaben.«
Der Bestattungsunternehmer befeuchtete seine Lippen. Box fiel wieder auf, wie mädchenhaft seine Unterlippe war; sie sah fast aufgespritzt aus.
Der Mann kritzelte etwas auf den Notizblock, der vor ihm lag. »Elizabeth, haben Sie noch einen anderen Vorschlag?«
»Nein, im Grunde nicht. Governors Bay ist schon der richtige Ort. Mark war immer sehr gerne da.«
»Gut. Solange Sie beide mit dieser Wahl einverstanden sind.«
»Das sind wir.«
»Wollen Sie den dortigen Pfarrer mit dem Gottesdienst beauftragen oder jemand anderen? Vielleicht gibt es einen Geistlichen, der Mark kannte?«
»Der dortige Pfarrer war immer Reverend McKellar.«
Liz griff ein: »Mark war nicht gläubig. Wir sind keine religiöse Familie.«
»Ein Pfarrer kann den Gottesdienst normalerweise anpassen, daß so viele christliche Elemente enthalten sind, wie es Ihnen richtig erscheint. Ich kann mich mit Reverend McKellar in Verbindung setzen, wenn er noch dort ist, und Sie können das mit ihm besprechen.«
Box sah Liz an, und sie nickte.
»Okay«, sagte er.
Während der Bestattungsunternehmer, dessen Namen er längst wieder vergessen hatte, weiter auf seinem Notizblock kritzelte, schaute sich Box in der Küche um. Das Gefühl der Unwirklichkeit, das er seit dem ersten Anruf von Liz immer wieder verspürt hatte, überkam ihn. Als er nach Dunedin gefahren war – war das erst zehn Tage her? –, hatte ihr größtes Problem darin bestanden, die nächsten paar Monate über die Runden zu kommen, bis er eine feste Arbeit fand. Box hatte mit Liz an diesem Tisch gesessen. Liz hatte mit einem Bleistiftstummel Zahlen in ihr Notizbuch geschrieben. Es war schon spät, fast Mitternacht. Heather und Mark schliefen in ihren Zimmern. Soweit er sich erinnerte, hatte die ganze Diskussion sie keinen Schritt weitergebracht.
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