Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
Vom Netzwerk:
Sie konnten mit den unregelmäßigen Einnahmen, die bei den Jobs für Kollegen aus seinem Metier zusammenkamen, keinen Haushaltsplan aufstellen. Außer Mitch, der für die Regierung arbeitete, hatten die meisten Bauunternehmer, die er kannte, ihre Firmen verloren wie er selbst oder hielten sich mit Kleinaufträgen über Wasser: Küchen einbauen, Bäder neu fliesen, Veranden sanieren. Dazu brauchten sie Box nicht. Je mehr Zahlen Liz aufschrieb, desto deutlicher wurde ihnen bewußt, wie tief sie in der Scheiße steckten. Und jetzt saß er an demselben Tisch, mit derselben Cafetière, demselben Loch im Putz über dem Lichtschalter an der Tür zum Garten, denselben Trockenblumen in der potthäßlichen Vase, die Liz von ihrer Mutter geerbt hatte. Nichts hatte sich verändert. Außer daß sie jetzt statt über Einnahmen und Ausgaben über das Begräbnis ihres Sohnes redeten.
    Der Bestattungsunternehmer hüstelte, und Box war in der Wirklichkeit zurück.
    »Entschuldigung, was haben Sie gesagt?«
    »Ich fragte, ob Sie sich an den Namen der Kirche erinnern.«
    »St.Cuthbert. Anglikanisch.«
    Wieder ein Eintrag auf dem Block. »Ich rufe den Pfarrer dort an und frage, ob wir die Kirche nutzen können. Und jetzt müssen wir noch über ein anderes wichtiges Thema reden. Bevor Sie kamen, hat Elizabeth mir gesagt, sie will Marks Leichnam nicht einbalsamieren lassen. Sehen Sie das auch so?«
    »Ich fand es entsetzlich, daß Mum und Dad nicht wie sie selbst aussahen, sondern wie Wachspuppen«, sagte Liz.
    Box erinnerte sich an straffe graue Haut über eingefallenen Gesichtern. »Gut, ich bin einverstanden.«
    »Sie verstehen, daß wir, wenn wir Mark nicht einbalsamieren, seinen Leichnam kühl halten müssen, am besten gefroren, und die Beerdigung so bald wie möglich stattfinden sollte. Ich schlage Mittwoch vor.«
    Liz nickte.
    »Gut«, wiederholte Box.
    Gut, gut. Warum sagte er das? Wenn es tatsächlich doch nicht weniger gut sein konnte, selbst bei größter Anstrengung. Es war das ganz genaue Gegenteil von gut.
***
    Hinter den geschlossenen Lidern sah Box deutlich seinen Großvater Pop, wie er die Reihen der Tomaten abschritt. Der alte Mann ist auf dem untersten Feld, wohl in den späten siebziger Jahren, bevor die großen Gewächshäuser gebaut wurden. Er trägt einen schwarzen Anzug und bewegt sich ganz langsam. Ein sonniger Tag. Es ist ein Erinnerungsbild, das er schon öfter heraufgerufen hat, er hat sogar mit Liz darüber gesprochen. Sein Großvater trug den Anzug und den schwarzen Borsalino, weil sie in die Kirche gingen. Es mußte zur Erntezeit gewesen sein, weil Pop selbst an einem Sonntag schon ganz früh am Morgen draußen war, um nach den Pflanzen zu schauen. Nur die schwarzen, lehmverschmierten Gummistiefel paßten nicht recht zu seinem Aufzug. Pop hatte die Hosenbeine in die Schuhe gesteckt, damit sie nicht schmutzig wurden. Alle paar Schritte blieb er stehen, um eine Tomate zu begutachten; er drehte sie vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger, um sie nicht zu drücken oder zu früh abzureißen. Mit seinen permanent fleckigen Händen prüfte er, ob sie ganz reif war.
    Sie, also er und Pop und Dee und Paul, waren vermutlich gemeinsam vom Haus hinunter auf die Straße gegangen und dann weiter in die Kirche. Das dauerte – und dauert noch – etwa eine Viertelstunde. Den Wagen nahmen sie nur, wenn es regnete oder anfangen würde zu regnen, bevor der Gottesdienst vorbei war. Sie gingen zwar nicht jede Woche in die Kirche, aber an den meisten Sonntagen.
    Box öffnete die Augen. Er stand am Waschbecken im Badezimmer. Heißes Wasser floß aus dem Hahn, die Fensterscheibe war bereits beschlagen. Er drehte den Hahn zu.
    Seit über hundert Jahren lebten Saxtons auf diesem Land in Governors Bay. Sein Großvater gehörte bereits zur vierten Generation, die hier anbaute und erntete. Es konnte also gar kein Zweifel daran bestehen, daß Mark dort beerdigt werden würde. Es gab keinen anderen Ort.
Vier
    Die Tür zu Marks Zimmer war geschlossen. Box’ Hand lag auf der kalten Klinke, aber drückte sie nicht hinunter.
    Der Bestattungsunternehmer hatte sich vor zwanzig Minuten verabschiedet, mit einem Notizblock voll präziser Angaben: welche Musik gespielt werden sollte, welche Blumen wie arrangiert sein sollten, welche Farbe der Sarg haben sollte und welche Tragegriffe. Und was jeder einzelne Posten kosten würde. Wie teuer war eine Beerdigung überhaupt? Es würde in die Tausende gehen, schätzte Box. Und haßte sich für diese

Weitere Kostenlose Bücher