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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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ausbrechen sollte. Er entschied sich dafür, die Fassung zu bewahren.
    Er wartete ab, bis ein großer Tiertransporter mit Schafen vorbei war. Stumm tauchte er als kleiner Punkt im Außenspiegel auf, um rasch größer und größer zu werden. Und dann war er plötzlich da und donnerte nur ein paar Meter entfernt an seinem offenen Fenster vorbei, der Zug sog die Luft aus dem Wagen­innern und füllte die Leere mit dem Gestank nach heißer Wolle und Schafpisse, der ihm sofort in die Nase stieg. Bevor der LKW vorbei war, sah Box durch die Bretterritzen für einen Moment das Bild der Schafe aufflackern. Dunkle Nasen, zusammengedrängte Körper, vortretende weiße Augen an den Seiten ihrer langen Gesichter. Auf dem Weg zum Schlachthof, dachte er.
    Noch immer roch er die Schafe, als er auf dem Highway wendete und zu der Stelle zurückfuhr, wo er den Wohnwagen gesehen hatte. Er mußte etwas essen. Er brauchte unbedingt etwas im Bauch, wenn er über Hanmer Springs heil nach Christ­church zurückkommen wollte. Er hatte es nicht geschafft, die Bohnen zu kochen, und mit leerem Magen und unterzuckert würde ihm höchstwahrscheinlich irgendwann schwindelig, und er landete mit einer gebrochenen Achse im Graben. Oder der Pickup krachte gegen einen Baum und hatte zwei Tote an Bord statt einem.
    Jahrelange Sonne und Salzluft hatten die metallglänzende Haut des Wohnwagens gebleicht, er hatte jetzt die Farbe von getrocknetem Treibholz. Box parkte so weit entfernt wie möglich, überprüfte die Ladung und rückte ein paar verrutschte Holzbohlen zurecht. Dann ging er zu dem Wohnwagen. Der stand ganz hinten in der Parkbucht auf Betonblöcke aufgebockt. Dort fing fast schon der Strand an. Die Salzpflanzen, die darunter wuchsen, und die uralten platten Reifen verrieten Box, daß der Wohnwagen seit endlosen Zeiten nicht mehr bewegt worden war. Auf einer Seite war oben ein Rechteck herausgeschnitten und durch ein Schiebefenster ersetzt worden, dessen Scheiben vom Salz fast blind geworden waren.
    Ein Mann erschien in der Öffnung und schaute neugierig auf Box herunter. Er war mindestens Mitte Sechzig, hatte ein rotgeädertes Gesicht und eine von der Sonne verbrannte Nase. Er trug eine Schürze mit der Aufschrift »Keine Fragen! Ich arbeite hier nur.«
    »Hallo. Wie geht’s?«
    »Gut«, log Box. »Wieviel verlangen Sie für einen Hummer?«
    »Ich hätte erst mal den anderen Kerl sehen sollen, stimmt’s?«
    Box legte die Hand an sein geschundenes Gesicht und spürte das Pochen. »Bin gegen eine Tür gerannt.« Zwei Lügen innerhalb von dreißig Sekunden. Er kam sich wie ein Idiot vor, daß ihm nur diese Standardausrede eingefallen war. »Schon ein paar Tage her. Auf der Baustelle passiert«, fügte er hinzu.
    Der Mann versuchte eine teilnahmsvolle Miene. Dabei verzog er das Gesicht, was die geplatzten Äderchen in Bewegung versetzte. »Übel.«
    »Das wird wieder.«
    »Wohin geht’s?«
    »Nach Norden.«
    »Dachte, ich hätte Sie vorhin vorbeifahren sehen, Richtung Kaikoura.«
    »Was kostet ein Hummer?«
    »Hängt von der Größe ab. Ich zeig Ihnen einen.«
    Der Mann wandte sich um und machte drei kurze Schritte in den hinteren Teil des Wohnwagens, wo eine große Kühlbox mit rotem Deckel auf einem Tisch stand. Der Deckel fiel klappernd herunter, und er steckte seine Hände hinein. Box hörte Eiswürfel klirren. Als sich der Mann wieder umdrehte, hatte er einen Hummer in der Hand. Er hielt ihn am Kopfpanzer, die langen Beine zeigten auf Box, und der Schwanz krümmte sich unter den Körper. Als er ihn auf die Theke legte, richtete er den Schwanz gerade, so daß Box dessen Länge sehen konnte. Box schätzte die Länge des Tiers ohne die Scheren auf gute fünfundvierzig Zentimeter. Eines der Beine bewegte sich.
    »Frischer geht nicht«, sagte der Mann grinsend. »Hab ihn heute früh gefangen. Das Eis macht ihn nur ein bißchen langsam.«
    »Wieviel?«
    »Das ist mein größter heute, ein stattlicher Bursche. Wollen Sie ihn gekocht?«
    Box nickte. »Ja.« Seine Speicheldrüsen arbeiteten auf Hochtouren.
    »Der ganze Hummer, frisch zubereitet mit Pommes frites, fünfundachtzig Dollar.« Er mußte Box’ Erschrecken bemerkt haben. »Das ist noch billig im Vergleich zu den Restaurants in Kaikoura.«
    Box schüttelte den Kopf. »Gibt’s auch einen kleineren?«
    »Der kleinste kostet vierzig.«
    Box schaute auf den großen Hummer vor sich. Aus dem Eis befreit, fing er jetzt an sich zu bewegen, streckte die Beine und tastete mit seinen langen Antennen

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