Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
Vom Netzwerk:
auszusprechen. Es ist nicht politisch korrekt, wissen Sie. Sie haben da eine kleine Heldentat vollbracht, finde ich.«
    »Ich habe gar nichts gegen die Maori. Mein Sohn sah zumindest aus wie ein halber Maori.«
    Verstimmt zog der Mann die Brauen zusammen. »Was reden Sie da? Sie müssen doch eher als jeder andere sehen, was hier vorgeht.«
    »Ich weiß nur, daß sich ein Kerl namens Tipene zusammen mit ein paar Kumpels meinen Sohn geholt hat. Und jetzt bringe ich ihn wieder nach Hause.«
    Der Mann grunzte tief in seiner Kehle. »Schon, aber das Problem ist viel größer. Das müssen Sie doch sehen.«
    »Mir geht es ausschließlich um meinen Sohn.« Box sah dem Mann ins Gesicht. »Manchmal geht es um rein persönliche Dinge.«
    Der Mann leckte sich die Lippen, seine Augen wanderten unruhig hin und her. Er zog die fleischigen Schultern bis zu den Ohren hoch. »Na gut.« Er drehte sich um und widmete sich wieder der Arbeit. Box hörte, wie er die fertigen Fritten schüttelte.
    Box ging von der Theke weg ans Ende des Wohnwagens. Er blieb in der Sonne stehen und lauschte den Wellen, die sich auf dem Kiesstrand brachen. Ein ruhiger Tag mit ruhiger See, die Dünung lief in langen runden Wellen auf die Küste zu.
    »Fertig«, rief der Mann endlich.
    Box ging zurück, ein in weißes Papier eingeschlagenes Paket wurde ihm zugeschoben. In der anderen Hand des Mannes waren vier Geldscheine. Er hielt sie Box hin.
    »Das geht aufs Haus.«
    Box schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Ich möchte bezahlen.«
    Die Augen des Mannes verengten sich, dann zuckte er wieder die Achseln. »Ganz wie der Herr wünschen. Trotzdem viel Glück. Wenn einer von diesen Arschlöchern fragt, habe ich Sie nicht gesehen.«
    Box nahm das warme Päckchen und wandte sich ohne Antwort um.
***
    Hinter dem Fahrersitz standen immer noch zwei volle Flaschen, seine beiden letzten – warm zwar, aber Bier. Er trug alles zu einem sonnengebleichten Picknicktisch, der leicht schief oberhalb des Strands stand, in einiger Entfernung von dem Wohnwagen.
    Ein halbes Dutzend Möwen belagerten den Wohnwagen. Als Box sich setzte und das Päckchen aufriß, vorsichtig, um sich nicht die Finger zu verbrennen, flogen sie zu ihm hinüber. Sie stolzierten über den Kies, plusterten sich auf, wagten sich immer weiter vor. Box ignorierte sie. Ratten mit Flügeln, dachte er.
    Er arbeitete sich durch die diversen Schichten Papier, bis er bei dem dampfenden Hummer anlangte. Durch das Kochen hatte sich sein Panzer von dunkelbraun zu einem leuchtenden Orangerot verfärbt.
    Behutsam drehte er den Hummer auf den Rücken. Das ganze gute Fleisch saß im Schwanz, obwohl manche Leute auch die braunen, glitschigen Innereien aus dem Karapax aßen. Box erinnerte sich, daß sein Großvater das Zeug rausgekratzt und auf eine Scheibe Toast gestrichen hatte. Aber für ihn bestand ein Hummer nur aus dem Schwanz. Mit einer Drehung trennte er den Schwanz vom stacheligen Kopfpanzer ab, legte mit den Fingerspitzen das weiche weiße Fleisch frei und zog ein dickes Stück heraus.
    Noch vor wenigen Stunden war dieser alte Kerl (oder das alte Mädchen?) durch den Tangwald unter der sanften Dünung gestreift oder durch die Felsen gekrochen und hatte mit seinen langen Antennen den Ozean durchforscht. Seiner Größe nach mußte er ein Veteran sein, wahrscheinlich mit einer ganzen Menge Nachkommen. Und dann eine übereilte Entscheidung, und alles war zu Ende.
    Box steckte sich das erste Stück Fleisch in den Mund. Es war warm und saftig und das Gegenteil von zäh. Das zarte Aroma war mit nichts zu vergleichen – Hummer schmeckte nur nach Hummer. Er ließ sich Zeit, kaute bedächtig, zerdrückte das Fleisch mit der Zunge am Gaumen, rieb es an seinen Geschmacksknospen entlang. Schließlich schluckte er es herunter.
    Er machte ein Bier auf und nahm einen langen Zug, der hinter dem Fleisch hinabzischte. Er hätte unbesorgt sein können, das Bier war genau richtig temperiert und vertrug sich ganz wunderbar mit dem heißen Fleisch. Er hielt sein Gesicht in die Sonne, schloß für einen Moment die Augen und genoß die Wärme auf seiner Haut.
    Und dann langte er richtig zu.
    Als er sein Mahl beendet hatte, war der Tisch übersät mit Schalenstücken, geknackten Scheren und ausgelutschten Beinen. Er hatte nicht das kleinste Fitzelchen Fleisch übersehen. Und keine der goldbraunen, knusprigen Fritten. Die verdammten Möwen hatten nichts abbekommen. Die meisten waren weggeflogen, nur der harte Kern beäugte ihn noch böse.

Weitere Kostenlose Bücher