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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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mit fünf gelben Plastikrasierern. Er drückte eine große Portion Rasierschaum mit Kiefergeruch in seine Hand und verteilte ihn auf Wangen, Kinn und Hals.
    Der Irre im Spiegel weinte zwar nicht, sah aber aus, als wäre er nah dran; völlig fertig und mit einem blauen Auge.
    »Doch nicht so tough, wie du aussiehst?« raunte er seinem Spiegelbild zu.
    Jemand kam rein, und Box drehte sich um. Hinter ihm stand ein mittelalter Mann mit Wampe. Er trug ein zusammengerolltes Handtuch unterm Arm und starrte Box an, vermutlich hatte er ihn reden hören.
    Das ist aus mir geworden, dachte Box, ein Verrückter, der in diesem Betonbunker vor sich hin brabbelt; der Bunker-Bekloppte. Box war versucht, den Schrei eines Wilden auszustoßen.
    Statt dessen wandte er sich wieder dem Spiegel zu. Sogar die nagelneue Klinge kratzte auf der Haut. Der Kerl hinter ihm verschwand in Richtung Pinkelrinne. Im Spiegel konnte Box sehen, daß er sich immer wieder ängstlich umblickte. Nach beendetem Geschäft verschwand er schnell nach draußen, ohne sich die Hände zu waschen.
    Nachdem Box sich rasiert hatte, trocknete er sein Gesicht mit einem Papierhandtuch aus dem Handtuchspender ab und warf es in den Mülleimer. Als er prüfend in den Spiegel sah, entdeckte er einen Schaumrest unter seinem rechten Ohr und wischte ihn mit der Hand weg. So. Das war schon mal besser. Okay, nur ein bißchen besser. Immerhin sah er jetzt nicht mehr aus wie ein hirnverbrannter Schiffbrüchiger. Verdammt, wie viele Beschreibungen würden ihm wohl noch für sich einfallen? Clown, Junkie, Penner, Bekloppter, Schiffbrüchiger?
    Box nahm eine Packung Pflaster aus der Plastiktüte – sein Erste-Hilfe-Koffer war im Auto – und riß sie auf. Er zog einen breiten Streifen heraus und klebte ihn auf die Schwellung neben seinem Auge. Er verbarg nicht viel, aber so machten es die Normalos doch, oder? Sie gaben viel auf ein ordentliches Aussehen. Den Schein wahren, so nannte Dee das. Box nahm ein weiteres Handtuch, um den getrockneten Schlamm vom Schirm seiner Kappe zu wischen, dann setzte er sie wieder auf. Was seine Kleidung anlangte, konnte er freilich wenig ausrichten.
***
    Der Schnellimbiß lag gegenüber dem Eingang zum Thermalbad. Der Hummer war schon Stunden her, und Box hatte seitdem nur einen Schokoriegel gegessen. Jetzt stieg ihm der Geruch nach Salz und Frittieröl in die Nase, und sein Magen machte sich deutlich bemerkbar, er rumpelte wie ein Wäschetrockner. Box war halb verhungert und bestellte eine doppelte Portion Fish and Chips. Das war alles, was er sich noch leisten konnte. Der Asiate hinter dem Tresen nahm seinen letzten Zehndollarschein, ohne ihm ins Gesicht zu blicken.
    Box wartete an einem kleinen Tisch weit weg vom Fenster. In der Ecke des Raums hing ein Fernseher von der Decke, eine Vorschau auf die Sechs-Uhr-Nachrichten lief, der Ton allerdings so leise, daß man den Sprecher nicht verstehen konnte. Box sah fasziniert hin, er erwartete, jeden Moment ein Bild von sich zu sehen. Doch nichts dergleichen geschah. Vielleicht hatten die Medien die Story noch nicht bekommen, vielleicht hoffte die Polizei noch, ihn ohne große Umstände dingfest machen zu können. Oder sie war noch gar nicht alarmiert, weil die Kaikoura-Maori die Sache selbst in die Hand nehmen wollten. Sein Steckbrief machte vermutlich die Runde durch sämtliche Marae, wurde von Maori zu Maori weitergegeben. Box schaute aus dem Fenster, konnte aber nichts Verdächtiges feststellen.
    Als sein Essen kam, schlang er es schnell hinunter, direkt aus dem dampfenden Papier. Er hatte vergessen, Ketchup zu kaufen, hatte aber keine Lust, noch mal aufzustehen und an die Theke zu gehen. Kaum hatte er das letzte fettige Stück Panade intus, bereute er sein Mahl bereits. Diese ganze fettige Pampe auf nüchternen Magen. Er würgte und war einen Moment lang sicher, daß er alles wieder von sich geben würde. Was er jetzt am wenigsten brauchte, war, daß sich das allgemeine Interesse auf ihn richtete, weil er sein Essen in Zeitlupe auf dem Linoleumboden ausbreitete. Er stand auf und ging hinaus in die kühle Herbstluft.
    Es dämmerte bereits. Er blieb auf dem Gehweg stehen und atmete tief durch die Nase, bis er sicher war, nicht kotzen zu müssen.
    Box betrat eine Telefonzelle vor einem Laden, der Kleidung aus Merinowolle an Touristen verkaufte. Er hatte eine Telefonkarte unter seinen Vorräten. Er schob sie in den Schlitz und wählte.
    »Hallo?«
    »Liz.«
    »Box! Mein Gott! Wo steckst du? Und was treibst

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