Seuchenschiff
Hilfspurser an der Gangway, als sie meinten, sie müssten noch einmal in ihre Kabine zurück.
»Nur mein Knie«, erwiderte Mark. »Ich hab mir beim Football auf dem College die Kniescheibe verletzt, und die spielt ab und zu ein wenig verrückt.«
»Sie wissen sicherlich, dass wir einen Arzt an Bord haben, der sich Ihr Knie mal ansehen kann.« Der Purser zog die beiden Karten durch ein elektronisches Lesegerät. »Das ist seltsam.«
»Gibt’s ein Problem?«
»Nein, nun ja, doch. Als ich Ihre Karten durchzog, ist mein Computer zusammengebrochen.«
Zum Sicherheitssystem der Schifffahrtslinie gehörte, dass die elektronische ID-Karte eine Datei im Computer aufrief, die sowohl ein Bild des Inhabers sowie Informationen über seine oder ihre Reiseroute enthielt. Mark hatte die gestohlenen Karten aber dergestalt umcodiert, dass nichts auf dem Bildschirm erschien. Der Purser müsste jetzt entweder darauf vertrauen, dass die Personen, die vor ihm standen, tatsächlich diejenigen waren, als die sie sich ausgaben, oder aber er müsste sie um einen Moment Geduld bitten, während jemand den Computer in Ordnung brachte. Da aber optimale Kundenbetreuung an erster Stelle stand, war es unwahrscheinlich, dass er Passagieren wegen eines harmlosen Fehlers Unannehmlichkeiten bereiten würde.
Der Purser schickte seine eigene ID-Karte durch den Scanner, und als sein eigenes Bild auf dem Monitor erschien, gab er Murph seine beiden ID-Karten zurück. »Ihre Karten funktionieren nicht mehr. Melden Sie sich im Büro des Pursers, wenn Sie in Ihre Kabine zurückkehren. Dort wird man dann neue Karten für Sie ausstellen.«
»Das tun wir. Danke.« Mark nahm die Karten entgegen und steckte sie in die Tasche. Arm in Arm stiegen er und Linda die Gangway hinauf, wobei sich Murph um ein überzeugendes Humpeln bemühte.
»Collegefootball?«, fragte sie, als sie außer Hörweite waren.
Mark tätschelte seinen leichten Bauchansatz. »Ich habe mich eben ein wenig gehen lassen.«
Sie betraten das Hauptdeck des Schiffes, wo sich das weitläufige Atrium befand. Es reichte vier Stockwerke hoch und wurde von einer farbigen Glaskuppel überdacht. Zwei gläserne Liftkabinen gestatteten den Zugang zu den oberen Etagen, und jedes Deck war mit Sicherheitsglasbarrieren gesichert, auf denen glänzende Messinggeländer verliefen. Den Fahrstühlen gegenüber ragte eine Wand aus rotem Marmor auf, über die ein Wasserfilm herabrann, der sich in einem unsichtbaren Brunnenbecken am Fuß der Wand sammelte. Von ihrem Aussichtspunkt aus konnten sie die Leuchtschriften kleiner Luxusboutiquen in der Etage über ihnen erkennen sowie eine pfeilförmige Neonröhre, die den Weg zum Spielkasino wies. Das Ganze wirkte feudal und gediegen, vielleicht mit einem gewissen Hang zum Protzigen.
Sie hatten den Plan bereits an Bord der
Oregon
besprochen. Und beide hatten den Lageplan des Schiffs studiert, den sie von der Website der Schifffahrtslinie kopiert hatten, daher brauchten sie sich jetzt nicht mehr umständlich abzusprechen. Sie gingen sofort in Richtung der öffentlichen Toiletten hinter dem Brunnen. Linda reichte Mark ein Bündel Kleider aus ihrer Schultertasche. Sekunden später erschienen sie wieder, diesmal bekleidet mit Arbeitsoveralls, die dank Kevin Nixons Zauberladen das mit goldenem Faden gestickte Logo der Schifffahrtslinie auf der Brust trugen. Linda hatte sich den größten Teil des Make-ups aus dem Gesicht gewischt, und Mark zähmte sein widerspenstiges Haar mit einer Baseballmütze der Schifffahrtslinie. Die Anzüge des Wartungsdienstes gestatteten ihnen Zugang zu praktisch jedem Bereich des Schiffes.
»Wo treffen wir uns, falls wir getrennt werden?«, fragte Linda, während sie losgingen.
»Am Würfeltisch?«
»Red keinen Blödsinn.«
»In der Bibliothek.«
»In der Bibliothek«, wiederholte sie. »Na schön, spielen wir Nancy Drew.«
»Die Hardy Boys.«
»Es ist meine Mission, daher darf ich ihr den Namen geben. Du kannst mein Kumpel sein, George Fayne.«
Zu Lindas Überraschung fragte Mark: »Nicht Ned Nickerson?« Es war der Name von Nancys Freund.
»Nicht in deinen wildesten Träumen, und irgendwann müssen wir uns ohnehin mal über deine jugendlichen Lesegewohnheiten unterhalten. Oder vielleicht sollten wir das lieber doch nicht tun.«
Der einfachste Weg, die öffentlichen Einrichtungen des Schiffes zu verlassen, führte durch die Küche, daher stiegen sie eine Treppe in der Nähe hinauf und gelangten in den Hauptspeisesaal. Groß genug für
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