Seuchenschiff
Hüften.
Max hob wie ein demütiger Bittsteller die Hände. »Immer mit der Ruhe, Jungs. Ihr habt mich doch sicher im Sack. Ich gehe nirgendwohin. Lasst mich nur diesen Tank abnehmen und den Anzug ausziehen.«
Hätte er ein wenig klarer gedacht, erkannte Max, so hätte er sich lieber ins Wasser fallen lassen sollen. Der Anzug war luftdicht, und das Gewicht der Luftflasche hätte ihn versinken lassen wie einen Stein. Draußen auf See weckte in diesem Augenblick irgendetwas seine Neugier. Er blickte blinzelnd in die untergehende Sonne und entdeckte eine winzige weiße Kugel in ihrer nächsten Nähe. Eine weitere erschien dicht darunter. Und dann eine dritte.
Wenn sich ein Jäger im Wald verirrte, dann bestand der international anerkannte Hilferuf aus drei im gleichen zeitlichen Abstand abgefeuerten Leuchtkugeln, um Suchmannschaften herbeizurufen. Die Leuchtkugeln waren kein Hilferuf von einem Schiff in Not. Sie kamen von Juan, der ihm damit mitteilte, dass die
Oregon
unterwegs sei, um ihn zu retten.
Er hatte die Hoffnung niemals aufgegeben, daher war er auch jetzt nicht sehr überrascht, aber er hatte Mühe, einen selbstzufriedenen Ausdruck von seinem Gesicht fernzuhalten.
Max legte den schweren Presslufttank langsam ab und schälte sich aus den teilweise zerfetzten Überresten seines Hitzeschutzanzugs. Während die Vorderseite des äußeren Anzugs immer noch silbern glänzte, war die Rückseite durch Ruß und Hitze geschwärzt.
Einer der Wächter hatte sein Walkie-Talkie am Ohr und holte sich Befehle von seinem Vorgesetzten.
»Nigel, Mr. Severance will diesen Kerl sofort sehen. Sie öffnen die äußeren Tore erst, wenn wir davorstehen.« Er stieß Max mit dem Lauf der Maschinenpistole in den Rücken. »Beweg dich.«
Max machte einen zögernden Schritt und brach auf der Rampe zusammen. »Ich kann nicht weiter. Ich habe von dem langen Kriechen bis hierher einen Krampf im Bein. Ich kann es nicht mal spüren.« Er umklammerte sein Knie mit der Theatralik eines Fußballspielers, der hofft, seinem Gegner damit zu einer gelben oder gar roten Karte wegen eines angeblichen groben Fouls zu verhelfen.
Der Wächter namens Nigel feuerte eine einzelne Kugel dicht neben Max’ Kopf in die Rampe. »Da. Ich wette, jetzt ist der Krampf plötzlich verschwunden, stimmt’s?«
Max verstand die Botschaft und kämpfte sich hoch auf die Beine. Er humpelte übertrieben vor ihnen her, als sie den Weg zum Strand einschlugen, und als er für ihren Geschmack zu langsam ging, erhielt er diesmal einen heftigen Stoß in den Rücken.
Der schwarze Robinson-Hubschrauber kam plötzlich dröhnend um die Landspitze herum – wie ein Raubvogel auf Beutesuche – und stieß direkt auf die Rampe herab. George hielt die Nase unten, so dass die Rotorflügel die Luft nur wenige Meter über der Rampe durchschnitten. Max lag von dem Stoß bereits auf dem Bauch und erhielt von den Wächtern Gesellschaft, als sie sich neben ihn warfen, während der Helikopter über sie hinwegdröhnte.
Schützen, die auf beiden Klippen, die den Strand einrahmten, auf Beobachtungsposten standen, eröffneten das Feuer, doch Adams ließ den Heli wie einen Boxer tanzen, der einem Schlag ausweicht. Die Männer hatten keine Leuchtspurgeschosse, so dass sie den Vogel nicht mit ihren Salven verfolgen konnten.
»Wir müssen warten, bis sie ihn vom Strand weggeschafft haben«, sagte Juan. »Dort holen sie uns mit ihrem Kreuzfeuer vom Himmel.«
Da die Schatten schnell länger wurden, waren die Wachen auf dem Strand nur am Mündungsfeuer ihrer automatischen Waffen zu erkennen, während sie ebenfalls zu feuern begannen.
Auf der Rampe packte jeder der Wächter einen von Max’ Armen und schleifte ihn hinunter zum Strand, wobei sie darauf vertrauten, dass ihre Kollegen im Wachhaus und am Strand den Helikopter auf Distanz halten würden. Max versuchte, sich gegen sie zur Wehr zu setzen, aber nach den Strapazen, die er soeben mühsam überstanden hatte, waren seine Abwehrmaßnahmen völlig wirkungslos.
Während er wie ein Rachedämon über Grönland hinwegraste, durchlief der Orbital-Ballistic-Projectile-Satellit die letzten System-Checks und traf Vorbereitungen, einen seiner achtzehnhundert Pfund schweren Wolframstahlstäbe abzufeuern. In seinem außen liegenden Gehäuse war das telefonmastengroße Projektil in eine Rotation von tausend Umdrehungen pro Minute versetzt worden, um ihm eine ausreichende Stabilität zu verleihen, wenn es in die Atmosphäre eindrang. Der Zielcomputer,
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