Seuchenschiff
über das Schiff in Erfahrung bringen konnte, während die anderen weiterhin gebannt auf die grässlichen Bilder starrten.
Julia Huxley stürmte ins Operationszentrum. Sie war mit einer Pyjamahose und einem weit geschnittenen T-Shirt bekleidet. Ihre Füße waren nackt, die Haare zerzaust. Sie hatte den Arztkoffer bei sich, der in ihrer Kabine ständig bereit stand. »Welcher Notfall liegt vor?«, erkundigte sie sich atemlos.
Als niemand antwortete, schaute sie auf den Bildschirm, der alle Anwesenden fesselte. Selbst für eine erfahrene Ärztin barg das Geschehen auf dem Deck des Kreuzfahrtschiffes das nackte Entsetzen. Sie erbleichte, ehe sie sich mit einem heftigen Kopfschütteln sammelte. Dann ging sie näher an den Monitor heran und versuchte zu analysieren, was sich ihr darbot. Die schlechten Lichtverhältnisse und das unruhige UAV erschwerten es ihr, Details zu erkennen.
»Offenbar liegt kein traumatisches Ereignis vor«, sagte sie. »Ich würde eher meinen, sie wurden von einem aggressiven hämorrhagischen Virus befallen.«
»Natürlichen Ursprungs?«, fragte Max.
»In der Natur gibt es nichts, das so schnell zuschlägt.«
»Sie hatten keine Zeit, ein Notsignal zu senden«, meinte Juan, um Julias Einschätzung zu stützen.
Julia wandte sich zu ihm um. »Ich muss dort rüber. Proben einsammeln. Unten in der Sanitätsstation gibt es Schutzanzüge, und wir können an Deck eine Dekontaminationsstation einrichten.«
»Vergiss es«, sagte Juan. »Ich lasse niemals zu, dass du einen Virus auch nur in die Nähe dieses Schiffes bringst.« Julia wollte widersprechen, aber Cabrillo war noch nicht fertig. »Wir nehmen die Dekontamination auf einem vertäuten Zodiac-Schlauchboot vor und versenken es anschließend. Eric, übernimm das UAV von George. Dann verzieht sich Gomez nach unten in den Hangar und macht den Helikopter startklar. Mark, du holst Eddie aus der Koje, nehmt euch dann zwei Pistolen aus der Waffenkammer und kommt zu uns in den Hangar. Und du, Julia, brauchst du irgendwelche Hilfe?«
»Dazu hole ich mir einen Sanitäter«, erwiderte sie.
»Okay. Bring ein paar zusätzliche Schutzanzüge mit für den Fall, dass wir Überlebende finden.« Cabrillo stand bereits vor seinem Sessel. »In spätestens zwanzig Minuten starten wir.«
Die
Oregon
erreichte die angeschlagene
Golden Dawn
eine Minute früher, als Juan verlangt hatte. Wegen der begrenzten Zuladungsmöglichkeiten des Robinson waren zwei Flüge nötig, um jeden und die nötige Ausrüstung aufs Kreuzfahrtschiff zu bringen. Eric hatte das Schiff mit Hilfe der Drohne inspiziert und entschieden, dass der beste Landeplatz für den Helikopter das Dach der Kommandobrücke war. Es bot die größte Fläche auf dem Oberdeck, die frei von Toten war. Obwohl der Chopper nicht direkt auf der
Dawn
landen würde, trug George Adams genauso wie die anderen einen Schutzanzug mit einem Atemsystem, und zwei von Julias Leuten rollten auf dem Deck der
Oregon
soeben einen Schlauch aus. Er wurde an einen Tank voll Bleichmittel angeschlossen, um den Hubschrauber zu desinfizieren, ehe er nach seinen Kurierflügen wieder aufsetzte.
Juan ging kein Risiko ein. Die Matrosen, die das Zodiac mit dem schiffseigenen SEAL-Landungsboot rüberschleppen würden, müssten sich anschließend der gleichen Prozedur unterziehen. Denn was auch immer die Passagiere und die Mannschaft der
Golden Dawn
heimgesucht hatte, es war nicht natürlichen Ursprungs. Er wusste, dass sie es mit einem terroristischen Akt und einem Massenmord zu tun hatten. Er beschäftigte sich nicht nur mit dem Virus selbst, sondern dachte bereits über die Leute nach, die für diese Tat verantwortlich waren.
Er streckte Julia die Hände entgegen, damit sie die Verbindung zwischen den Handschuhen und den Ärmeln des Anzugs mit Klebeband versiegeln konnte. Seine Fußknöchel hatte er bereits abgeklebt, und sie dichtete den Reißverschluss am Rücken mit einem weiteren silbernen Klebestreifen ab. Seine Pressluftflasche arbeitete einwandfrei, und das Luftreinigungssystem war aktiviert. Er hatte drei Stunden Zeit, ehe er seinen Anzug wieder verlassen musste.
»Bewegt euch langsam und vorsichtig«, erklärte ihnen Julia über das integrierte Kommunikationssystem, während sie arbeitete. »Überlegt genau, was ihr tut, ehe ihr es in Angriff nehmt. Versucht nicht zu rennen. Diese Anzüge schützen euer Leben. Wenn das Pathogen durch Luft übertragen wird, kann schon ein winziger Riss tödlich sein.«
»Und was passiert, wenn
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