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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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abgereist, setzt sich die inzwischen knapp 16-Jährige ans Schreibpult und verfasst glühende Liebesbriefe. Gleich drei Stück erwarten Wilhelm, als er im 97 Kilometer entfernten Leipzig eintrifft. Die vernarrte Anna eröffnet dem Prinzen, dass ihr Herz ihm gehört und sie ihn nie vergessen wird.
    Eine hervorragende Nachricht, auf die Wilhelm seinen Bruder Ludwig auch sofort eine liebevolle Antwort formulieren lässt, die er dann abschreibt, unterzeichnet und abschickt. Er selber hat wichtigere Korrespondenz zu erledigen. Es gilt einen Brief an Annas Tante, die Kurfürstin, zu verfassen. Die spröde Landesmutter Anna von Dänemark ist seinem Charme noch nicht ganz erlegen – und hat ja einiges zu sagen am Dresdner Hof. Wilhelm bittet sie, sich seiner Liebespein anzunehmen: »Denn wenn Euer Lieben wüssten, wie mir das Würmlein Tag und Nacht das Herz durchfrisst, so würden sie sonder Zweifel ein großes Mitleid mit mir haben.«
    Das muss doch wirken! Zumal Wilhelm im Beisein der Landesmutter eifrig lutherischen Predigten gelauscht hat.
    Auch Kurfürst August bekommt in den nächsten Wochen Post vom Prinzen. Während seiner Rückreise nach Breda – so berichtet Wilhelm seinem Schwiegervater in spe – habe er so »dicke und offt« auf die Gesundheit »Eurer Lieben Fürstlichen Gnaden« getrunken, dass seine eigene davon etwas geschwächt sei. Überhaupt habe er es »unmessig« getrieben, aber lustig. Klingt ganz nach »Männer wie wir, Wicküler Bier«. Wahre Männerfreundschaft halt. Einmal mehr beweist der geschmeidige Wilhelm, dass er überall den richtigen Ton anzuschlagen weiß. Die Rundumausbildung zum politischen Taktiker, charmanten Edelmann und adligen Saufkumpan zahlt sich aus.
    Anna ist derweil trunken vor Glück und drängt ihren Großvater Philipp von Hessen um Zustimmung zur Heirat. Der Prinz und kein anderer sei ihr von »Gott auserkoren«, schreibt sie nach Kassel.
    Der Landgraf bleibt nüchtern. Augusts Dresdner Gesandten, die in Kassel seine Unterschrift unter den Ehevertrag einholen wollen, lässt er abblitzen mit den Worten: Lieber wolle er sich erwürgen lassen als zustimmen.
    Noch einmal verweist er auf Wilhelms erheblichen Mangel an Treue und Aufrichtigkeit. »So er aber bei unserer Tochter (gemeint ist: Enkeltochter) seine Ehe halten wird wie bei der vorigen, so wird es beschwerlich genug sein.« Philipp fordert ein Gespräch unter vier Augen mit seiner Enkeltochter Anna, will ihr sogar 50.000 Gulden schenken, wenn sie auf den Prinzen verzichtet.
    Bevor nun der Eindruck entsteht, Philipp von Hessen sei der historische Inbegriff eines liebenden, besorgten Großvaters, muss ich darauf hinweisen, dass er – wie alle Teilnehmer dieser Brautschacherei – heimliche Eigeninteressen hegt. Schlitzohr Philipp fasst den angeblich unstandesgemäßen Oranier nämlich kurzfristig selbst als Bräutigam für eine seiner Töchter ins Auge. Der politischen Verbindungen wegen, die der Oranier nun mal zu bieten hat. Modern ausgedrückt ist der Prinz eine internationale Risikoanlage, die im günstigen Fall hohe Gewinne verspricht.
    Als dem Prinzen das Bestechungsangebot von Opa Philipp zu Ohren kommt, schickt er seinen Bruder Ludwig umgehend nach Sachsen. Mit klaren Anweisungen: »… drücke die Hand der Jungfer in meinem Namen und erzähle ihr, wie ich Dein Glück beneide, dass Du in der Lage bist, sie zu sehen und ich nicht.« Ludwig soll unbedingt dafür sorgen, dass sich Anna »nicht zu unbestimmten Verschiebungen (der Hochzeit) überreden« lässt. Aus den Zeilen des Prinzen spricht Kalkül, aber kaum Sehnsucht. Die drückt er hingegen warmherzigst in Richtung des Bruders aus. »Ich bedauere, Dich (damit) belästigen zu müssen, und es tut mir leid, dass ich auf Deine Gesellschaft so lange verzichten muss.«
    Die Mission des Bruders verläuft erfolgreich. August von Sachsen lehnt ein Privatgespräch zwischen Opa Philipp und der Enkelin dankend ab. Anna lässt ihren Traumprinzen »hunderttausendmal küssen« und versichert, ihre Gefühle seien unwandelbar. Selbst von Wilhelms schlechtem Ruf lässt sie sich nicht schrecken: »Er ist ein schwarzer Verräter, aber ich habe keine Ader in meinem Leib, die ihn nicht herzlich lieb hätte«, vertraut sie einer Hofdame an. Junge Liebe eben. Und wenn diese mit Eigensinn gepaart ist, kommt bekanntlich niemand dagegen an, und wer es versucht, erreicht das Gegenteil.
    Die erwähnte Hofdame berichtet in einem Brief Richtung Hessen: »Gar oftmals habe ich sie sagen

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