Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
Vom Netzwerk:
Wilhelms kleiner Bruder Ludwig diese Versprechen vorträgt, klingen sie glaubwürdig. Ludwig von Nassau ist tatsächlich Lutheraner wie alle Geschwister Wilhelms. Schriftliche Zusagen darf er dem Kurfürsten von Sachsen in Glaubensdingen jedoch nicht geben. Sein großer Bruder achtet stets darauf, keine schriftlichen Beweise für sein doppeltes Spiel zu hinterlassen. Wilhelm hat im Fach Staatsdokumente gut aufgepasst.
    »Es scheint mir immer besser, so wenig Briefe wie möglich über sensible Themen (zu schreiben). Selbst wenn Menschen momentan Freunde sind, können solche Briefe nach deren Tod leicht in die Hände (von Gegnern) geraten, die Kapital daraus schlagen können«, schreibt er später an seinen Bruder.
    An diesen Grundsatz hält er sich von 1559 bis 1561 auch bei seinen Heiratsverhandlungen mit Sachsen. Der Oranier liefert eine schauspielerische und diplomatische Meisterleistung, um das Ehebündnis zu schmieden.
    Und Anna?
    Die zu Beginn der Werbung 14-Jährige hat mit den Verhandlungen über ihr Schicksal selbstredend nichts zu tun. Sie ist Gegenstand des Geschäfts. Aber Anna ist begierig darauf, dem Regiment von Onkel und Tante endlich zu entkommen. Erst recht in die sagenhaft lebenslustigen Niederlande und in die Arme eines legendären Ritters.
    Eine sächsische Hofdame schreibt über die Stimmungslage der umworbenen Braut an eine befreundete Fürstin: »Eure Fürstliche Gnaden kennen ja des Fräuleins Kopf und Sinn und wissen, dass sie … immer eigenwillig darauf besteht, was sie sich vornimmt.«
    Über Wilhelm kann man getrost dasselbe sagen, nur wird ihm das weder als schlechtes Benehmen noch als Charakterfehler angekreidet. In der Forschung bekommt er noch heute Bestnoten in Sachen Geheimdiplomatie. Man nennt den Prinzen gern einen der ersten großen Politiker von europäischem Format.

Die Ehetragödie beginnt als Kuhhandel und Groschenroman
    Die religiösen Vorbehalte von Annas Vormund August von Sachsen gegen die Ehe seiner Nichte mit dem Prinzen sind rasch zerstreut.
    Im katholischen Brüssel gestaltet sich das schwieriger. König Philipp verweigert seinem Vasallen weiterhin die Heiratserlaubnis. Bis Wilhelm endlich unverhohlen politisch argumentiert: Als Mitglied des Hochadels und Prinz von Orange stehe es ihm frei, zu heiraten, wen er wolle. Das sind ganz neue Töne.
    In seiner Eheangelegenheit zeigt der Oranier sich erstmals offen rebellisch und – gewinnt. Philipps Vertreter und seine Generalstatthalterin haben genug Ärger mit aufflammenden Volksunruhen in Stadt und Land. Sie wollen nicht gleichzeitig mächtige Statthalter und Militärs wie einen Oranier gegen sich aufbringen. Darum genehmigen sie dem Prinzen, was dem Volk bei Todesstrafe untersagt ist – die Ehe mit einer Protestantin. Wieder einmal kommt die hübsche Herrscherregel quod licet jovi, non licet bovi zur Anwendung. »Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Rindviech noch lange nicht erlaubt.«
    Bevor ich es vergesse: Gesehen haben sich der Brautwerber Wilhelm und das Objekt seiner Begierde Anna bislang noch nicht! Und das kann auch jetzt noch warten. Zunächst gilt es nun, die finanzielle Seite des Brautgeschäfts zu regeln. Der kostenbewusste Landesherr von Sachsen gibt sich hartleibig. Für die 100.000 Taler Mitgift, die seine Nichte in Form von Bargeld, Schmuck, Pfründen und Landbesitz einbringt, will August eine Gegenverschreibung. So ist es in Adelskreisen üblich.
    Wilhelm muss Anna für den Fall, dass sie Witwe wird, niederländische Güter übertragen, die ihr ein standesgemäßes Auskommen sichern. Seine Verwandten aus Dillenburg müssen darüber hinaus eine Bürgschaft unterzeichnen, falls der Prinz zahlungsunfähig stirbt. Würde dieser Fall eintreten, soll Anna Güter im wunderschönen Westerwald erhalten: die nassauischen Burgen Diez oder Hadamar samt Ländereien. Vollwaise Anna soll ihrem Onkel nach ihrer Verheiratung nie mehr auf der Tasche liegen. Die Nassauer bestätigen den für sie nicht unriskanten Deal, um dynastisch voranzukommen.
    Inwieweit sich adlige Witwen auf ihre vertraglich festgelegte Versorgung verlassen können, steht jedoch immer auf einem anderen Blatt. Gerade in Richtung der Frauen werden diese Verträge häufig gebrochen, wenn die verwitwete Frau als politisches Instrument unattraktiv geworden ist.
    Auch etwaige Nachkommen muss Wilhelm mit Garantien über Titel und Erbgüter ausstatten. Dieser übliche Kuhhandel wird per Brief und über Zwischenhändler geregelt. Der Oranier geht in

Weitere Kostenlose Bücher