Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
Vom Netzwerk:
überraschend an Scharlach.
    Königinwitwe Juliane hätte Mathildes Nachwuchs sicher allzu gern für illegitim erklärt, um ihren Sohn zum legalen Thronerben zu machen. Sie muss sich damit begnügen, dass König Christian VII. mehr oder minder weggesperrt wird und ein konservativer Minister die Regierungsgeschäfte übernimmt. Immerhin darf Juliane sich wieder aufführen wie eine Königin, und das tut sie auch.

Frankreich
    Geschichte ist kein Langstreckenlauf, bei dem es immer geradeaus und nach vorn geht. Auch die Geschichte der Monarchie gleicht eher einem Riesenslalom, und der eine oder andere Salto rückwärts gehört dazu. Napoleon war Meister in dieser Disziplin.
    Der französischen Revolution geht bekanntlich nach einer blutigen Justizorgie vorübergehend die Luft aus, und der letzte Selfmade-Monarch der Moderne beginnt seinen atemberaubenden Aufstieg vom Konsul der Bürgerrepublik zum Kaiser mit gesamteuropäischen Ambitionen: Napoleon.
    Der Korse aus verarmtem Landadel macht von 1799 bis 1815 seinen europäischen Kollegen noch einmal vor, wie absolutes Monarchentum funktionieren, die Masse in Erstaunen und Angst versetzen, halb Europa überrennen und – grandios scheitern kann.
    Die Franzosen experimentierten nach Bonaparte noch mit ein paar Bürgerkönigen, dann entscheiden sie sich 1870 endgültig für eine Republik ohne gekröntes Haupt. Napoleon hat auch in Sachen Vernichtung der Monarchie daheim ganze Arbeit geleistet.
    Andernorts hat er eine bemerkenswerte dynastische Spur hinterlassen. Dank ihm adoptiert immerhin Schwedens kinderloser König Karl XIII. im Jahr 1810 Napoleons Exkriegsminister und On-off-Freund Jean-Baptiste Bernadotte (1763–1844). Der Bürger-General hat einst mit der Formel »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« in seinem Offizierseid gelobt, nur dem französischen Volk und keinesfalls Königen zu dienen. Jetzt darf er selber einer werden, obwohl er keinen Tropfen blaues Blut in den Adern hat. Dass sein Kaiser ihn 1809 zum Prinzen von Ponte Corvo ernannt hat, riecht mehr nach einem schlechten Scherz unter Freunden, die sich häufig in der Wolle haben.
    Ponte Corvo ist ein italienisches Bergnest mit 5000 Einwohnern. Bernadotte grummelt nach seiner Aufadelung, Napoleon habe ihn nicht zu einem Fürsten, sondern nur zum »Bürgermeister« gemacht. In Schweden steigt Bernadotte als designierter Thronfolger hingegen in schwindelnde Höhen auf.
    1813 führt er gar schwedische Truppen gegen den scheiternden Napoleon zu Feld. Aus dem Bürger und General Jean-Baptiste Bernadotte wird 1818 der schwedische König »Karl XIV. Johann«, der nach dem Tod seines Adoptivvaters alle Geschäfte übernimmt. Er begründet das noch heute regierende Herrschergeschlecht der Bernadotte.
    1844 stirbt der Bürger und Revolutionär im Palast zu Stockholm. Auf der Haut des Verstorbenen sollen Ärzte angeblich ein unauslöschliches Tattoo aus Rebellentagen entdeckt haben: »Mort aux rois«, »Tod den Königen«.
    Bernadottes Exchef Napoleon hat weit weniger Fortune, obwohl der Feldherr mit ein bisschen Blaublut gesegnet ist und als Selfmade-Monarch alle bewährten königlichen Traditionen wiederbelebt. Er greift – in der Rolle des aufgeklärten Intellektuellen – noch einmal die Theorie der zwei Herrscherkörper auf. Dem einen, der sündigt, und dem anderen, der unantastbar göttlich ist. Auf diese Tradition will Napoleon keinesfalls verzichten.
    Gern hat er die leicht schizophrene Doppelrolle angenommen und mit der neuen Vernunft begründet: »Ich war immer der Meinung, dass Alexander der Große beachtlichen politischen Weitblick bewies, als er behauptete, von Gott abzustammen. Sobald ein Mann König wird, gehört er nicht mehr zu den gewöhnlichen Sterblichen.«
    Napoleon vertritt zudem die Überzeugung: »Das sicherste Mittel, arm zu bleiben, ist, ein ehrlicher Mann zu sein.« Auf dem Höhepunkt seiner Karriere darf sich der Korse schließlich unter anderem »Kaiser der Franzosen, König von Italien, Protektor des Rheinischen Bundes und Großherzog von Berg« nennen. Fünfzehn Jahre nach dem Sturm auf die Bastille erklärt er sich zum erblichen Kaiser. Er setzt sich und seiner Gemahlin Joséphine, der Witwe eines geköpften Vicomtes, über die er als Jungspund Zutritt zu altadligen Kreisen bekommen hat, die Krone auf den Kopf.
    Auch wie man eine Königsdynastie en famille erhalten muss, erkennt Napoleon wenig später glasklar. Durch angemessene Erben. Nachdem seine geliebte Joséphine sich als

Weitere Kostenlose Bücher