Sex for One
sie zusa-hen, wie wir uns bewegten und atmeten, erkannten sie
rasch, was gemeint war. Manche Frauen hielten sich fälsch-lich für orgasmusunfähig. Es stellte sich heraus, daß ihre
Höhepunkte nicht sehr intensiv waren. Beim Zusehen
merkten sie, daß ihre Erwartungen einfach überspannt
gewesen waren. Sie hatten gedacht, es sei ein bißchen wie
ein epileptischer Anfall.
Wenn Laura und ich die verschiedenen Stellungen de-monstrierten, spotteten wir dabei über die herkömmlichen
Rollen sexuellen Verhaltens. Wir stritten, wer den Mann
und wer die Frau spielen sollte, dann kritisierten wir die
Darstellung der anderen. Unser Mann war ungeschickt und
zu aggressiv, während die Frau zimperlich und zu passiv
dargestellt wurde. Den Frauen gefielen diese Albereien. Wir
demonstrierten die Position »rechter Winkel«, bei der die
Frau auf dem Rücken und der Mann auf der Seite liegt, die
»Missionarsstellung«, »Frau oben«, »Löffelchen« und
»Hundeficken«. Bei jeder Position zeigten wir klitorale Sti-mulation mit der Hand oder dem Vibrator. Beim erotischen
Finale benutzten wir den gleichen Vibrator und tanzten
zum Orgasmus.
Zu meinem großen Erstaunen lernte ich rasch, Gruppen
zu organisieren und zu betreuen. Innerhalb eines Jahres
organisierte ich Gruppen an der Westküste und wurde von
Feministinnen in allen Landesteilen eingeladen. Mein
Motto lautete bald: »Vibratpr vorhanden, jederzeit gern
bereit.« Wir bekamen viele gute finanzielle Angebote, und
die Versuchung war groß; doch ich wollte die Bodysex-Gruppen nicht zu einem größeren Unternehmen ausweiten.
Rational konnte ich das nicht erklären, ich wußte einfach,
daß dies eine unmittelbare Erfahrung für mich bleiben
mußte, sonst war es nicht mehr gut.
Ich habe nie für die Gruppen Werbung gemacht, doch die
Mund-zu-Mund-Propaganda funktionierte ausgezeichnet.
Frauen hörten die begeisterten Berichte ihrer Freundinnen
und meldeten sich sofort an. Manche hatten Monate, ja
Jahre gewartet, ehe sie den Mut dazu aufbrachten. Ich
führte die Gruppenveranstaltungen nicht regelmäßig durch
und sagte mir jedes Jahr, dies sei das letzte Mal. Doch der
Gedanke ans Weitermachen setzte sich immer durch. Die
Erfahrungen waren so positiv, daß ich früher oder später
immer wieder nachgab.
Nach fünf Jahren hatte sich ein zwei-Tage-pro-Woche-Programm herausgeschält, mit maximal fünfzehn Frauen
pro Gruppe, die ich allein leitete. Keine wurde jemals zu
etwas gedrängt, das sie nicht tun wollte. Das oberste Prinzip
der Lust war freie Entscheidung.
Bei der ersten Sitzung öffnete ich nackt die Tür und
begrüßte jede Frau einzeln. Sie zogen sich dann immer
gleich aus, und so gab es praktisch keine Zeit, sich über die
Nacktheit dumme Gedanken zu machen. Der Gedanke
daran war nämlich viel beunruhigender als die eigentliche
Sache. Innerhalb der ersten Stunde verschwand die Verle-genheit, wenn alle merkten, wie natürlich es war, nackt
zusammenzusein. Bei der zweiten Sitzung konnten sie es
dann kaum abwarten, aus den Kleidern zu kommen.
Der Kreis, die uralte Form für Gruppenkommunikation,
erlaubte uns, gleichrangig und mit vollem Blick auf die
anderen zu sitzen. Nachdem wir in der Mitte eine Kerze
angezündet hatten, malte ich mir häufig aus, wir hätten
uns versammelt, um von hier aus die gesamte Nation zu
erotisieren, oder wir wären Vibrator-Priesterinnen, die
für eine Vorstellung in der Carnegie-Hall übten. Wir saßen
mit untergeschlagenen Beinen und geradem Rücken, ho-ben das Kinn, atmeten tief ein, und sofort fühlte sich jede
großartig! Ehe wir zu sprechen begannen, atmeten wir ein
paar Mal tief ein und aus, um alle Verspannungen loszu-werden.
Wenn man sich nackt unterhält, betrachtet man sein
körperliches Selbst realistischer. Der Reihe nach sprachen
wir darüber, wie wir über unsere Körper dachten. Ich
begann damit, um ein Beispiel zu setzen, intime Gedanken
preiszugeben. Erstaunt hörten wir, wie eine Frau mit einem
prachtvollen Körper sich heftig kritisierte, während eine
andere mit gut und gerne fünfzig Pfund Übergewicht er-klärte, sie möge ihren Körper und fühle sich wohl damit.
Wenn eine Frau bedingungslose Liebe zu ihrem Körper
ausdrückte, wurde sie den anderen zur Inspiration.
Wenn ich über den Orgasmus sprach, waren die Vorstel-lungen entweder undeutlich oder verwirrt. Für eine Frau
war der Orgasmus ein größeres emotionales Erlebnis, für
eine andere ein
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