Sex for One
organisieren, um gemeinsam die Lust zu erfor-schen.
Für dieses neue erotische Projekt brauchte ich Platz. In
einem Moment des Wahnsinns oder göttlicher Eingebung
verkaufte ich all die teuren Möbelstücke, die sich während
meiner Ehe angesammelt hatten. Mit einer einzigen großar-tigen Geste schaffte ich meine geliebten Symbole der Wohl-anständigkeit ab und gewann einen großen, leeren Raum.
Meine Freunde waren erstaunt und ich selbst nicht minder.
LudwigXVI. verschwand, um Bettyl. Platz zu machen. Ich
verwandelte mein Wohnzimmer in einen Tempel der Lust.
Ich legte den Raum mit dickem weichen Teppichboden aus
und brachte Wandspiegel an. Außerdem hängte ich meine
erotischen Bilder auf und ein Nacktporträt von mir selbst in
Yogaposition über den Kamin. Überall lagen Kissen, und der
Raum wirkte nun elegant, großzügig und schlicht. Das
Vorhaben konnte beginnen.
Im Januar 1973 rief ich alle mir bekannten Frauen an und
bat sie, Propaganda für meine Bodysex-Workshops zu ma-chen. Ich glaubte, wir würden genügend Teilnehmer zu-sammenbekommen, um Vierwochenkurse mit einer Wo-chensitzung zu veranstalten. Als ich den interessierten
Frauen erklärte, alle Teilnehmer seien nackt, erkannte ich,
wie bedrohlich schon die Vorstellung war. Aber ich wollte
ohnehin nur mit mutigen Frauen arbeiten. Mein Plan war,
Körper und Lust holistisch zu betrachten. Wir würden
Übungen machen wie Yoga und Kung Fu, Ernährung und
Gesundheit diskutieren, unsere Genitalien erforschen, un-sere Masturbationserfahrungen austauschen und den Or-gasmus (oder dessen Mangel) beschreiben.
Da ich Hilfe brauchte, bat ich meine Freundin Laura, mir
bei den Gruppen zu helfen. Sie machte sofort begeistert mit.
Vier Jahre lang leiteten Laura und ich die Workshops. Im
ersten Jahr hatten wir zwei verschiedene Gruppen. Nach
jeder Sitzung reflektierten wir in allen Einzelheiten den
Ablauf. Ihre Rückmeldung war für mich sehr wichtig.
Jede Gruppe hatte ihren eigenen Charakter. Einige waren
sexuell zurückhaltend und beschränkten sich auf Gesprä-che, während andere lüstern und sinnlich waren. Manch-mal ging es auch vulgär und laut zu. Doch immer hatten wir
Spaß, weil auch Laura und ich solche Clowns waren.
Die Teilnehmer drückten ihre Wünsche aus und entwik-kelten so ihre Lustrituale. Es handelte sich um ganz nor-male Hausfrauen und Mütter, berufstätige, verheiratete
und geschiedene Frauen. Altersmäßig war der Bereich zwi-schen Zwanzig und Fünfzig abgedeckt. Ab und zu nahm
auch eine Großmutter um die Sechzig teil. Die meisten
Frauen waren heterosexuell, doch in vielen Gruppen gab es
Bisexuelle und Lesbierinnen. Ich machte immer deutlich,
daß ich alle Varianten unterstützte. Wenn man sich auf
Selbstliebe konzentriert, verlieren die sexuellen Etikettie-rungen ihre Bedeutung. Wir waren einfach sexuelle Frauen.
Da die meisten Frauen keine bildliche Vorstellung von der
Sexualität hatten, konnte eine einzige Demonstration tau-send Worte ersetzen. Zuerst stellte ich Masturbation panto-mimisch dar, spielte, wie sexuelle Spannung aussah, wie
ein Körper sich bei einem sanften oder einem intensiven
Orgasmus bewegt. Darauf folgte immer eine komische
Nummer über einen Pornostar, der einen hysterischen Or-gasmus vortäuscht. Die Hausaufgabe bestand immer in
Masturbation. Es standen verschiedene Vibratoren zur Ver-fügung, die die Frauen mit nach Hause nehmen konnten.
Das wurde gern beherzigt.
Eines Abends, nach einer Masturbationsdemonstration,
meinte eine recht schüchterne Frau, sie würde gern einmal
einen richtigen Höhepunkt sehen. Spontan knipsten Laura
und ich unsere Vibratoren an und masturbierten bis zum
Orgasmus. Als wir fertig waren, brach Applaus aus. Unser
Lampenfieber gehörte der Vergangenheit an, nachdem wir
auch von anderen Gruppen sehr gute Kritiken bekamen.
Die Möglichkeiten, über Sex zu reden, sind sehr begrenzt.
Ich wußte, unsere Lehrmethode war erstklassig, wenn wir
tatsächlich masturbierten, und so wurde das Masturbieren
zum regelmäßigen Bestandteil unserer Workshops. Die
Frauen gewannen einen visuellen Eindruck von zwei ver-schiedenen Orgasmusvarianten. Lauras Masturbations-kurve bestand aus mehreren kleinen Höhepunkten, wäh-rend ich einmal intensiv kam.
Es wirkte auf die Frauen sehr beruhigend, wenn Laura
und ich real masturbierten. Manche waren sich nicht si-cher, ob sie jemals zum Höhepunkt gekommen waren, weil
sie nicht wußten, was sie erwarten sollten. Wenn
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