Sex for One
außerhalb der Kontrollmöglichkeit von Homo-sexuellen. Ein Schwuler müsse jung, schön, gut gebaut und
erfahren sein. Ich erwiderte lachend, daß heterosexuelle
Frauen das genau wüßten. Michael wollte im nächsten
Leben Lesbierin werden.
Philipp, ein Bisexueller, konnte sich nicht vorstellen, sich
zwischen schwul und »normal« entscheiden zu müssen.
Doch unsere männerfeindliche Gesellschaft mache es
schwer, sich offen zur Bisexualität zu bekennen. Er scheue
sich, vor »normalen« Männern über seine bisexuellen Er-fahrungen zu sprechen, weil sein männliches Image darun-ter leide. Er fand, daß die Bisexualität Weiblichkeit nicht
weniger begehrenswert mache, sondern, im Gegenteil,
noch mehr. Die Lieblingsphantasie der meisten hetero-sexuellen Männer waren zwei Frauen beim Liebesakt. Phi-lipp konnte sich keine von seinen Freundinnen vorstellen,
die ihn gern beim Verkehr mit einem Mann beobachten
würde, ebensowenig einen seiner schwulen Freunde, die
ihn mit einer Frau sehen wollten. Ich sagte, wir würden nun
einander beobachten.
Beim Herumreichen der Fläschchen mit dem Mandel-Massageöl und der Papierhandtücher wies ich auf die Vi-bratoren hin, die überall im Raum eingestöpselt waren.
»Ich möchte, daß ihr alle mindestens fünf Minuten einen
Vibrator benutzt, damit ihr erfahrt, wie sich das anfühlt. Ich
möchte nicht, daß das elektronische Sexzeitalter an euch
vorbeigeht.«
Diese Gruppenmasturbation wurde sehr erotisch. Ich sah
erstklassige »Handarbeit«. Es gab lange, sinnliche, mel-kende Streichelbewegungen, delikates Kitzeln der Eichel,
beidhändige Drehungen und das übliche schnelle Auf und
Ab an den glänzenden, harten Schwänzen. Ich sah, wie
mehrere Männer die Hoden mit der einen Hand hielten,
während sie mit der anderen onanierten. Dann schloß ich
die Augen und konzentrierte mich auf das gute Gefühl in
meiner Klitoris. Neben mir summte ein weiterer Vibrator.
Irgendwann hörte ich verschiedene Orgasmen aufwallen,
und dann kam ich auch. Ich blickte gerade rechtzeitig auf,
als George, der letzte Schwanz in Aktion, Sperma auf seinen
Bauch spritzte, während er zugleich laut aufstöhnte. Die
meisten Männer kamen auf ihrem Körper und wischten die
kleine Spermapfütze mit einem Papierhandtuch ab. Die
Ejakulationen flogen nicht durch den Raum, wie einige
meiner Freundinnen sich vorgestellt hatten. Frauen erwie-sen sich als ebenso neugierig wie Männer, und ich bekam
viele Anfragen, ob ich nicht falsche Spiegel zum Beobachten
installieren könne. Es war eine heiße Phantasie für beide
Geschlechter.
Der anschließende Austausch war sehr bewegend. Meh-rere heterosexuelle Männer gaben an, das beste an der
Gruppe sei gewesen, daß sie ihre Angst vor Schwulen über-wunden hätten. Ein Schwuler, Allan, sagte, er bewege sich
vorwiegend unter Gleichgesinnten, und so habe es ihm
gutgetan, Kontakt mit Ehemännern und Vätern zu bekom-men. Gerald, der seine sexuellen Vorlieben nie preisgab,
sagte: »Schlimm, daß Schwule und Heteros nie miteinander
kommunizieren. Beide Seiten behalten so ihre fixen Ideen,
die gar nicht stimmen.« Als Peter klagte, er müsse im
Schwulenghetto leben, sagte John, er verbringe sein ganzes
Leben im Mittelklasse-Eheghetto. Alle waren sich einig, daß
das Zuhören und offenes Reden sie zu leibhaftigen Men-schen machten und von oberflächlichen Etikettierungen
befreiten.
Ich leitete ein Dutzend Männergruppen, und die Erfah-rung befreite mich von meiner alten Überzeugung, daß
Männer es in Sachen Sex besser haben. Nach meinen ge-wohnten Klischees und Verallgemeinerungen genossen
Männer durch ihre Sozialisation größere sexuelle Freiheit.
Ich dachte, sie könnten immer leicht zum Orgasmus kom-men, auch bei wahllosem Sex. Und ich beneidete sie, sich
niemals Sorgen über biologische Tatsachen wie die Periode
oder Schwangerschaften machen zu müssen. Doch in Wirk-lichkeit sind nicht alle Männer selbstsichere Zuchtböcke,
die es immer schaffen. Viele Männer waren schüchtern und
unsicher, besonders wenn es um Partnersex ging. Sicher,
manche Teenager und unreife Männer scheren sich einen
Dreck darum, ob eine Frau schwanger wird, doch ich er-fuhr, daß viele Männer sich für die Empfängnisverhütung
sehr verantwortlich fühlen. Ich entdeckte auch, daß die
leichten Orgasmen vorwiegend vorzeitige Ejakulationen
sind, kleine Schluckaufs, die nicht sonderlich befriedigen.
Die Forschung hat sich bislang um den
Weitere Kostenlose Bücher