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Sex ist verboten (German Edition)

Sex ist verboten (German Edition)

Titel: Sex ist verboten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
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unverschlossen. Sex ist verboten im Dasgupta-Institut, da braucht man keine Schlösser. Jeder hier hat geschworen, die Fünf Regeln einzuhalten. Niemand wird stehlen. Niemand wird einem anderen Lebewesen ein Leid zufügen.
    Es war dunkel auf der Veranda. Ich streifte meine Schuhe ab und stellte sie an die Wand. Ich musste die Hand ausstrecken und die Wand ertasten. Ich zog mir die Decke vom Kopf und schüttelte mein Haar aus.
    Wo war die Haustür? Ich streckte erneut eine Hand aus und fand den Türknauf sofort. Ich brauchte nicht lange zu tasten. Als wohnte ich seit Jahren hier. Seltsam.
    Der Flur lag links von mir, am Ende von einem schwachen Licht erleuchtet, kurz über dem Fußboden. Ich machte einen Schritt in die Richtung. Es roch definitiv nach Räucherstäbchen. Mit Zitrusnote. Und das Licht lächelte. Das Licht war der Buddha, ein orangefarbener Buddha auf einem kleinen Tischchen, mit einer Glühbirne drin.
    Dann ertönte das Knurren. Ich hielt an. Es war das gleiche Geräusch, das ich gehört hatte, als ich vom Anschauen des Dhamma-Videos geflüchtet war. Ein Knurren, und dann ein Pfeifen, wie von einem Wasserkessel. Ein Fiepen, wie von einer Möwe. Mein Herz raste. Beinah wäre ich weggelaufen. Aber dieRuhe des Buddha hielt mich auf. Nicht reagieren, Beth. Sei ruhig. Die Stille im Flur gab mir Sicherheit. Die Stille des Räucherstäbchenduftes. Ich liebe Räucherstäbchen. Jonathan hat manchmal Räucherstäbchen angezündet, wenn er malte. Jedes Bild hat seinen eigenen Geruch, sagte er.
    Barfuß tapste ich ein paar Schritte weiter. Da war wieder das Geräusch. Das Knurren. Fast ein Schnauben. Was war das? Ich war bei dem Buddha angekommen, der neben einem Durchgang saß. Dahinter musste der Hauptraum liegen.
    Ich schaute hinein. Der Raum war richtig groß. Aber wie konnte das angehen? Ich hatte keine Ahnung, wo die Wände waren. War das da ein Gesicht? Ganz oben? Ich blieb stehen. Vielleicht war es ein Bild. Oder mehrere. Ich konnte es nicht genau erkennen.
    Ich ging ein paar Schritte weiter und stieß gegen ein Bett. Mit dem Schienbein. So viel zum Thema Leere. Es war ein niedriges Einzelbett. Ich wartete, bis der Schmerz nachließ. Jemand seufzte unter der Bettdecke. Nur das Haar war zu sehen. Ein Schimmer schwarzer Haare. Ich hatte Mi Nu gefunden, und sie schlief. Sie schlief tief und fest in ihrem Bett. Im Dasgupta-Institut gibt es nur Einzelbetten.
    Ich zog mein T-Shirt und mein Oberteil, die Jeans und die Unterhose aus. Ich ließ meine Kleidung zu Boden fallen. Blutete ich? Ich glaube nicht. Ich prüfte es nicht nach. Ich hob die Decke hoch und schlüpfte darunter. Du bist skrupellos, Beth, total skrupellos. Sie würde aufwachen, zu Tode erschrocken. Dann würden sie mich rauswerfen. Aber ich musste einfach bei ihr sein.
    Kaum war mein Körper unter der Bettdecke, fing ich an zu zittern. Das passiert mir öfter nach dem Meditieren. Ich suche mir einen warmen Ort, und dann fange ich an zu zittern. Der Körper neben mir regte sich und knurrte. Sie fiepte. Ich war totalüberrascht. Ich hätte beinahe laut gelacht. Ich musste die Zähne zusammenbeißen. Mi Nu schnarchte! Was für ein seltsames Schnarchen. Schlimmer als Jonathans. Wie ein kleines Schweinchen und ein Vogel zugleich. Ein Grunzen und ein Piepsen.
    Fünf oder zehn Minuten lang lag ich still und gab mir Mühe, Mi Nu in dem Einzelbett nicht zu berühren und nicht zu lachen, wenn sie schnarchte. Sie lag mit dem Rücken zu mir. Ich lag direkt an der Kante. Ich achtete auf meinen Atem, versuchte mich zu entspannen. Ich wollte sie nicht erschrecken. Dann hörte das Schnarchen auf. Ich hörte sie überhaupt nicht mehr atmen. War sie aufgewacht? Sie würde Angst bekommen, wenn sie aufwachte. Sie würde schreiend aufspringen. Mi Nu dürfte wohl kaum daran gewöhnt sein, dass Leute zu ihr ins Bett kletterten.
    Sie wird aufwachen, sagte ich mir, und dann wirst du hier rausgeschmissen. Du machst das mit Absicht, um rausgeschmissen zu werden. Monatelang hatte ich Mi Nus Aufmerksamkeit erregen, Mi Nu umarmen und mit ihr verschmelzen, an ihrem seltsamen Licht teilhaben wollen. Aber Mi Nu wird nie jemanden umarmen. Ich griff nach den Sternen. Wenn du schon zu jemandem ins Bett steigen musstest, dachte ich, dann hättest du deinen Tagebuchschreiber nehmen sollen. Oder Ralph. Oder Meredith. Dann wären ein paar lustvolle Schweinereien dabei herausgesprungen.
    Ich lag auf dem Rücken, und nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich die

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