Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sex ist verboten (German Edition)

Sex ist verboten (German Edition)

Titel: Sex ist verboten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
Vom Netzwerk:
an mir klebt, diesenschleimigen Fäden und Kernen, die sich nicht auskratzen lassen.
    Der Buddha hat meditiert und meditiert, bis er auf die Erste Edle Wahrheit stieß: Das Leiden ist universell. Ist es das? Wirklich? Und was ist daran so edel? Mum hat gelitten, daran besteht kein Zweifel. Sie wurde wie Dreck behandelt. Fand sie jedenfalls. Dad hat gelitten, auf seine Art. Ich glaube schon. Die Welt war nie so, wie er sie gerne gehabt hätte. Dafür habe ich gesorgt. Carl hat auf jeden Fall gelitten. Carl hat mit Dad gelitten. Mit Mum.
I just could not be what he wanted me to be.
Dylan lässt grüßen. Komisch, dass Carl mit Mum
und
Dad so gut befreundet war. Er war ihr einziger gemeinsamer Freund, vielleicht sogar das einzige Thema, bei dem sie sich je einig waren. Carl sollte mich retten. »Bedien dich beim Scotch, Kumpel. Nimm noch ein Stück Schokolade, mein Sohn.« Sie wussten, dass Carl die Musik in absehbarer Zukunft aufgeben würde, und dann würde er mich heiraten und wir würden Kind, Haus und Hund haben. »Unsere Elisabeth ist ein Kamikaze, mein Lieber. Bring sie zur Vernunft, bevor sie uns alle fertigmacht.« Heirate Beth, krieg ein Kind mit ihr, lass die Musik sausen, verdien ordentlich Geld. Heirate Marriot’s! Da gibt es Arbeit für jeden. Wenn die verrückte Beth nur Ja sagen würde. Warum will sie nicht? Er ist doch wirklich ein netter Kerl, und so gut aussehend! Der Sohn, den wir hätten haben sollen. Carl. Es hat sie wahnsinnig gemacht, dass sie mich nicht zwingen konnten. Heirate Carl, mach uns glücklich. Schenk uns einen Sohn. Dann einen Enkelsohn. Wie haben sie gelitten!
Dukkha.
Je offensichtlicher ihnen die Lösung vorkam, desto wahnsinniger machte es sie, dass ich mich nicht darauf stürzte. Hat Jonathan gelitten? Ich glaube nicht. Jonathan konnte ich nichts anhaben, sosehr ich mich auch bemüht habe. Es ist nicht mal Blut geflossen. Was kann man von einer Zwiebel schon erwarten?
    Der Buddha hat meditiert und meditiert, bis er auf die Zweite Edle Wahrheit stieß: den Ursprung des Leidens. Noch mal das Video von Tag zwei. Kurz vor dem Schluss. »Der Ursprung des Leidens, Freunde, ist unser Verlangen. Unser Begehren. Ständig begehren wir dieses oder jenes. Ist es nicht so? Unser Hunger, unser Durst. Unser Materialismus. Oder das Gegenteil: Wir begehren, von diesem oder jenem befreit zu werden. Aversion. Wir hassen diese Aufgabe. Wir hassen diese Kopfschmerzen.«
    Ist es so?
    Mein Tagebuchschreiber war nach diesem Video stinksauer: »Ich begehre rein gar nichts, außer in Ruhe gelassen zu werden.« Etwas in diesem Sinne. »Nichts, außer nicht ich sein zu müssen, nichts, außer dass L. sich einfach
in Luft auflösen möge .
«
    Meiner Meinung nach schon eine ziemlich lange Liste.
    Ich habe einen Mann begehrt, der mich nicht begehrt hat. Mit dem Verlangen nach Erfolg konnte ich umgehen.
Pocus
hätte den Durchbruch schon geschafft, eines Tages. Ganz sicher. Ich konnte auch damit umgehen, begehrt zu werden, ohne zu begehren. Das war schmeichelhaft. Es machte Spaß. Meine Freunde waren sehr beeindruckt von Carl. Er sah so gut aus und war so
verliebt.
In mich!
    »Hast du ein Glück!«, sagte Zoe seufzend. »Wieso um alles in der Welt vögelst du in der Gegend rum, wenn du einen wie ihn haben kannst?«
    Weil ich Jonathan begehrte. Der mich nicht begehrte, der niemanden begehrte, der kein Begehren kannte.
    »Du würdest mich also gehen lassen, Jonnie, wenn ich dir sagen würde, dass ich einen anderen habe?«
    »Ja, Beth.«
    »Einfach so?«
    »Wie denn sonst?«
    »Carl würde mich nicht gehen lassen, niemals. Carl liebt mich.«
    »Ich weiß, Beth. Carl ist noch jung.«
    Er rauchte. Zigaretten begehrte er auch nicht. Es war eine von meinen Selbstgedrehten. Jonathan konnte rauchen oder es bleiben lassen. Er konnte Schokoladenkekse essen oder sie liegen lassen. Bier, Dope. Er konnte Liebe annehmen oder darauf verzichten.
    »Und wenn ich drohen würde, mich umzubringen, Jonnie? Was dann?«
    Ich sprach zu gern seinen Namen aus. Ich hatte aus dem Flachmann in seiner Manteltasche getrunken.
    »Meine Mum hat versucht sich umzubringen, weißt du.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Du würdest nicht kämpfen, damit ich es nicht tue?«
    »Ich würde alles tun, um dich davon abzubringen, Beth.«
    »Du wirst nie wieder eine wie mich finden.«
    »Das weiß ich.«
    »Nie. Du kannst mich nie ersetzen.«
    »Ich will dich nicht ersetzen, Beth.«
    Er lächelte. Ein bisschen traurig. Litt er? Ich glaube, es gefiel ihm,

Weitere Kostenlose Bücher