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Sex und Folter in der Kirche

Sex und Folter in der Kirche

Titel: Sex und Folter in der Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Herrmann
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Ziel 252
    als jede andere Argumentation. Eine Erziehung der unmittelbar angewandten Art.
    Weltanschauungen und Verhaltensweisen werden von Men-
    schen gelebt und von Menschen vermittelt.105 Im Bereich von Religion und Kirche gibt es direkte Zusammenhänge zwischen Quälerei seiner selbst und Strafhärte gegen andere. Die prügelnde Nonne ist keine Ausnahme; sie ist die zumindest potentielle Regel. Religiöse Sozialisation erzeugt in den Psychen Angst - und Liebe zur Gewalt.
    Diese erstreckt sich auf diejenigen, welche Macht über religiöse Inhalte und Formen ausüben können, und auf die, die diesen unterworfen sind, weil sie sich zu den Gläubigen zählen. Die Hand, die einen schlägt, zu küssen statt abzuhauen, die Straf-Kirche gar noch zu lieben übt Varianten des Masochismus ein.
    Schwache fühlen sich stärker, wenn sie auch anderen angst ma-
    chen können. Die dümmsten Schafe wollen als die gefährlichsten Tiere gelten.106 Sie stürzen sich nach Heine »in die Asketik, in die Abtötungslehre, in die Martyrsucht, in den ganzen Selbstmord der nazarenischen Religion«107. Ihre Theologen aber tun es, zumal sie ständig mit Himmel und Hölle hantieren, nicht unter einem bestimmten Level: »Hört man, wieviel Aufhebens ein Theologe von der Handlung eines Menschen macht, der als Lüstling von Gott
    geschaffen ist und der mit seiner Nachbarin, die Gott so gefällig und anmutig machte, geschlafen hat: Könnte man da nicht meinen, die Welt sei an allen vier Ecken in Brand gesteckt worden?«108
    Im Sumpf der Sexualmoral
    Alles bekanntgemacht und weggesteckt? Wer die biblischen und
    kirchenoffiziellen Wahrheiten, die jeweiligen Katechismen, Sün-denkataloge, Straf-Theologien, Gewissensnormierungen, Jenseits-drohungen annahm, weiß gut, welche Opfer an Leib und Seele er dafür erbrachte und täglich erbringt. Manche unter diesen »Gottes-vergifteten« (Tilmann Moser) sprechen auffällig heiter davon, sie lebten fröhlich katholisch oder still pietistisch. Vor allem sei es, trompetet fromme Stupidität,109 eine Lust, katholisch zu sein.
    Das mag bei denen so sein, deren Lust sich am Blut der Opfer der eigenen Religion erregt. Doch die an Leib und Seele erfahrene Last hält nicht still. Sie muß möglichst vielen aufgebürdet sein. Diese 253
    sollen es auch nicht besser haben und die Welt nicht einfach genie-
    ßen. Die nicht selten religionssadistisch begründete und vorgetragene Aufforderung zu häufigen Opfern (Askese bis hin zum völligen Denk- und Weltverzicht) verstärkt die bei vielen Untertanen vorhandene masochistische Tendenz.110
    Die Erkenntnis, daß die Fixierung von Menschen auf bestimmte, vor allem sexuelle Sünden111 ähnlich wie die Einschüchterung
    durch die christliche Straf- und Höllen-Predigt Krankheiten hervor-rufen oder bestehende Erkrankungen verschlimmern kann, ist nicht neu.112 Es führte in die Irre, handelte man solche Erscheinungen als individuelle Neurosen oder Obsessionen ab.113 Die Predigt der Christenheit selbst ist beängstigend: Was ist von einer Liebe zu halten, die durch Strafdrohung erzwungen werden soll?114 Kann die angeblich christliche Nächstenliebe oder die Liebe zu Gott nur mit Hilfe von Angst und Schrecken (vor Sünde und ewigem Heilsverlust) motiviert sein, so erreicht ihre Zweckgebundenheit auch nicht annähernd die Höhe antiker oder neuzeitlicher Motivation.
    Im Gegenteil: »Die Verwilderung der Sitten wächst auf dem Boden falscher Sittlichkeit.«115
    Welch niedrigstehende Moral weist der Gott aller Katechismen
    auf, der menschliche Vergehen zählt, buchhalterisch festhält, auf Reue und Buße pocht und die am schwersten wiegenden, unge-beichteten, unbereuten Taten mit einer so radikal unverhältnismä-
    ßigen Strafe wie der ewigen Verdammnis ahndet?116 Läuft einer solchen Buchhalter- und Rache-Gottheit nicht schon ein weltlicher Richter, der auf die Verhältnismäßigkeit des Strafmaßes achtet, den Rang ab? Ein Rächer- und Vergelter-Gott ist etwas für Kanaillen.
    Als hätten neuzeitliches Denken, Fühlen, Leben nicht schon
    lange ein anderes Niveau an Sittlichkeit erreicht: Christliche Glau-benskrankheiten wie die lebenslang ertragenen Ängste vor Sünde, Strafe, Höllentod sind nicht nur bei Millionen von Gläubigen anzutreffen, sie sind systemimmanent.117 Sie verbreiten bei Tätern, Predigern, Erlösungsspezialisten massenhaft elitäres (Sendungs-)Be-wußtsein und millionenfachen geduckten Gang unter den Opfern.
    Noch immer finden sich genug Opferseelen, die ihre

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