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Sex und Folter in der Kirche

Sex und Folter in der Kirche

Titel: Sex und Folter in der Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Herrmann
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bezeichnen; vielleicht gehören einige Kirchgänger zu ihnen.
    Bevor Repräsentanten christlicher Kirchen hierzulande wieder
    von den immanenten wie offen zutage liegenden Vorsprüngen ihrer Religion predigen, darf gefragt werden, wieviel die oberhirtliche Predigt in den seit Jahrhunderten katholischen Ländern bewirkte und wieweit das Modell Volkskirche sich nicht nur in Kathedralen, sondern auch in Regierungs- und Polizeizentralen Gehör ver-schaffte.
    Immerhin waren die rapide zunehmenden Schreckensmeldungen
    aus dem katholischen Südamerika Anlaß dafür, daß Amnesty International 1973 in Paris eine erste Konferenz zur Abschaffung der Folter durchführte.154 Die Tatsachen waren und blieben danach, und die Welt schaute immer fassungsloser auf den - offenbar eben erst entdeckten — neuen Ausbruch folternder Gewalt.
    In Uruguay, gut christlich, wurden die Tupamaros M. Rosencrof und R. Sendic in mehr als zehn Jahren Einzelhaft gefoltert, in winzigen Zellen gehalten, als Geiseln benutzt. Rosencrof durfte jahrelang weder gehen noch stehen, sondern mußte auf einer Bank sitzen und den ganzen Tag auf eine Wand starren. Sendic wurde auf dem Grund eines ausgetrockneten Brunnens festgehalten: »Wir
    fingen an zu denken, daß wir tot waren, daß unsere Zellen keine Zellen, sondern Gräber waren, daß die Außenwelt nicht existierte, daß die Sonne ein Mythos war... Ganz im Ernst, in über elfeinhalb Jahren habe ich die Sonne insgesamt nicht mehr als acht Stunden gesehen. Ich vergaß die Farben.. ,«155
    In Kolumbien, einem der gewalttätigsten Länder der Gegen-
    wart,156 sind nach neuesten Angaben der UNO Millionen von
    Kindern schutzlos der Willkür von Polizei und Drogenmafia ausgesetzt. Allein in der Hauptstadt Bogota gibt es dreitausend Kinder-262
    prostituierte; die Mafia setzt Kinder als Killer ein. Die Regierung tut nichts. In reichen Wohnvierteln werden arme Kinder vielmehr als unerwünschte Elemente von der Staatspolizei regelrecht verfolgt. Tausende von Kindern sind in Haft, ohne daß Anklage gegen sie erhoben wird; viele unter ihnen werden gefoltert.
    In Nicaragua, durchweg katholisch, fanden sich unter dem Re-
    gime von Somoza Waisen- und Straßenkinder, die im Alter von
    sechs bis acht Jahren von der Nationalgarde dazu ausgebildet worden waren, Oppositionelle zu foltern: Sie rissen den Gefangenen bei lebendigem Leib die Augen aus den Augenhöhlen. Als die Sandini-sten an die Macht kamen, wurde ein Teil der Kinder zur Therapie nach Schweden gebracht; in den meisten Fällen blieben sie unheilbar schwerstbeschädigt. Sie sind, wie andere Folterer, denen jedes Mitleid systematisch abtrainiert wurde, nicht mehr in der Lage, sich als fühlende Menschen zu erleben.157
    In Brasilien - ich scheue mich, den überwältigend hohen Prozentsatz der Landeschristen anzugeben — wurde die Praxis, lebende
    Objekte zu benutzen, in den ersten Jahren des Militärregimes durch einen US-amerikanischen Polizeiausbilder eingeführt.158 Dieser holte Bettler von den Straßen und folterte sie in eigens eingerichte-ten Unterrichtsräumen, damit die einheimische Polizei lernen
    konnte, welches die empfindlichsten Körperteile sind und wie am schnellsten Geständnisse zu erreichen waren. Kaum war Brasilien in die Geheimnisse eingeweiht, ging der Lehrer nach Uruguay und setzte dort den praktischen Unterricht fort. Heute sind die Foltermethoden in Lateinamerika bekannt; eine Kreuzigung gehört dazu.
    Meldung 1993: Die brasilianischen Streitkräfte geben zu, wäh-
    rend der Militärdiktatur zwischen 1964 und 1985 politische Gegner verhaftet, gefoltert und ermordet zu haben. Das Geständnis betrifft nur die Marine; Heer und Luftwaffe weigern sich, die Namen ihrer Opfer zu bestätigen, deren Zahl mit zweihundertvier-zig angegeben wird.159
    In Chile, ausreichend mit Christen versorgt, war der politische Terror während der strikt antikommunistischen und deswegen
    amtskirchlich geförderten Diktatur des Generals Augusto Pinochet an der Tagesordnung. Der General rechtfertigte den Terror mit den zynischen Worten, die Demokratie müsse ab und an »in Blut geba-det«160 werden. Sein Geheimdienst DINA galt als Inbegriff des Schreckens. Andere lateinamerikanische Repressionsapparate fol-263
    terten und ermordeten mehr Menschen, aber keiner handhabte
    Folter und Mord so reibungslos wie diese Organisation.161 Zu den Protagonisten des Putsches von 1973 hatte die rechtskatholische Vereinigung Patria, Familia y Propiedad (Vaterland, Familie,

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